Pirates of the Caribbean: The Curse of the Black Pearl

Pirates of the Caribbean: The Curse of the Black Pearl
(Fluch der Karibik, USA 2003)

Darsteller: Johnny Depp, Geoffrey Rush, Orlando Bloom, Keira Knightley, Jonathan Pryce
Musik: Klaus Badelt
Kamera: Dariusz Wolski
Drehbuch: Ted Elliott & Terry Russio
Regie: Gore Verbinski

Es gibt Filme, die haben eine Botschaft. Sie sind schwermütig und dauern wahnsinnig lange, und wenn man aus dem Kino kommt, muss man sehr tiefsinnige Gespräche führen, um sich die Wichtigkeit des Sujets noch einmal vor Augen zu führen. Und es gibt Filme, die haben keine Botschaft. Sie sind temporeich und kommen einem daher nicht so lang vor, und wenn man aus dem Kino kommt, kann man viele wunderbare Jokes zitieren, um sich den Spaßfaktor noch einmal vor Augen zu führen.

Pirates of the Caribbean ist ein Film von der zweiten Sorte. Er will keine Message rüberbringen, er will uns nichts über den derzeitigen Zustand unserer Gesellschaft sagen, er will auch keine Zukunftsvision beschwören oder eine vergangene Zeit verklären – er will einfach nur, dass wir uns über zwei Stunden lang verdammt gut amüsieren. Trotzdem hat er eine Geschichte zu erzählen: von alten Flüchen, geheimnisvollen Rettungen, geheimer Liebe und einem sagenhaften Schatz. Und die Story verkommt zur Abwechslung mal nicht zu einem puren Vehikel, um einen Special Effect nach dem nächsten abzufeiern, sondern steht wirklich im Mittelpunkt des Films – bei einem reinen Unterhaltungsfilm auch mal ganz schön.

Die Story des Schiffes Black Pearl und ihrer verfluchten Besatzung ist ein altmodisches Katz-und-Maus-Spiel. Die Verfluchten wollen etwas, die Gegenseite hat es, und ein Mann, der sowohl zur einen als auch zur anderen Seite gehört, wechselt gerne mal das Lager, ohne das seinen jeweiligen Freunden oder Feinden oder gar dem Publikum mitzuteilen. Dieser Mann ist Pirat Jack Sparrow, der Kapitän der Black Pearl, und wird kongenial von Johnny Depp verkörpert.

Depp neigt ja gerne zu den oben angesprochenen Filmen mit Botschaft und Schwermut, aber diesmal hat er sich netterweise für den Spaß entschieden – und das hätte er schon viel früher mal machen sollen. Bei ihm sitzt jede noch so kleine Pointe perfekt; seine Mimik und Gestik, die sowohl durch die Rolle als auch durch seine absolut fummeltrinige Kostümierung sehr leicht ins Peinliche hätten abgleiten können, bleiben immer komisch, anstatt albern zu werden. Sein Timing ist hervorragend, sein angesoffenes Genuschele absolut charmant – und trotzdem blitzt bei dem immer irgendwie neben der Spur wirkenden Kapitän stets noch der eiserne Wille durch, seine Mission zu beenden und sein Schiff wiederzubekommen. Sowohl wir als Publikum als auch seine Gegner – wer immer sie auch gerade sind – machen mehr als einmal den Fehler, ihn zu unterschätzen. Und genau deshalb bleibt Depp in seinem Charakter immer überraschend und immer unterhaltsam.

Der Rest der Besatzung ist weniger plakativ angelegt, schlägt sich aber trotzdem wacker: Oscar-Preisträger Geoffrey Rush wagt auch mal einen Ausflug ins leichte Fach und macht seine Sache ausgesprochen gut. Er verfügt über die nötige Dramatik, seiner Rolle als Oberschurke Nachdruck zu verleihen, ohne sie zu sehr zu überfrachten. Stattdessen hat er die ganze Zeit diesen unangenehm lauernden Unterton in der Stimme, der verdeutlicht, wer hier der wirklich Böse ist. Irgendwie muss man ja einen Unterschied zwischen ihm und Depp machen.

Orlando Bloom als Will Turner (dem die Piraten genau wie Depp ans Leder wollen) bleibt eher blass, wenn er den edlen Retter geben soll, und hat außerdem nur selten die Gelegenheit, sein komödiantisches Talent zu zeigen. Diese wenigen Szenen nutzt er allerdings gut; genau wie seine entführte Angebetete Elizabeth, die von Keira Knightley sehr feminin und trotzdem sehr stark verkörpert wird. Sie muss nicht in der altbackenen Rolle der „damsell in distress“ verharren, sondern darf auch mal um sich schlagen und hat zum Schluss – Gipfel der Modernität in Piratenfilmen – sogar Hosen an!

Überhaupt wirkt Pirates of the Caribbean wie eine gelungene Auffrischung des Genres: Die guten, alten Zutaten wie schwungvolle Fechtduelle, enternde Piraten, der Kampf gegen Wind und Wetter und Dialoge der Marke „Ich hab das größere Schiff“ bleiben. Gleichzeitig halten aber Special Effects Einzug. Die verfluchte Besatzung verwandelt sich im Mondschein in Skelette, deren Anblick auch nach mehrmaligem Hinschauen nicht langweilig wird. Es gibt immer wieder kleine Details, die dafür sorgen, dass der gleiche Effekt jedesmal neu erscheint: ein Running Gag mit einem Glasauge zum Beispiel oder die vielen Möglichkeiten, einen Piraten umzubringen, die aber einem toten Skelett nichts mehr anhaben können.

Der Film ist mit einer Laufzeit von fast zweieinhalb Stunden ein ziemlicher Brocken geworden. Zum Ende hin geht ihm – was die Handlung angeht – ein wenig die Luft aus: Irgendwann reicht das Hin und Her zwischen Gut und Böse dann auch, und man möchte nur, dass Geoffrey endgültig eins auf die Mütze kriegt oder Orlando und Keira endlich mal knutschen. Der Film scheint das sogar selber zu wissen, denn genau dann, als Orlando Keira zum hundertsten Mal hündisch anhimmelt, sie ihre großen Augen aufreißt und wir den beiden fast zubrüllen möchten: „Jetzt küsst euch schon, Herrgott!“, was sie natürlich nicht tun, kommt Johnny Depp ins Bild geschwuchtelt und nuschelt lakonisch: “If you were waiting for the opportune moment – that was it.”

Und so säbelrasselt und schmachtet sich der Film seinem Ende entgegen: Natürlich geht er aus, wie er ausgehen muss, natürlich gibt es einen zweiten Teil, und natürlich wird auch der keine Botschaft haben. Und in diesem Fall muss ich sagen: Glücklicherweise.

PS: Wer wissen will, warum ich mir so sicher bin, dass es einen zweitenTeil geben wird (mal abgesehen von dem Originaltitel, der ja auch schon in diese Richtung weist), der muss bis nach dem langen, langen Abspann sitzen bleiben.

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