Was schön war, Mittwoch, 11. April 2018 – Stromzählerwechsel
Auf der Morgenrunde wird es spürbar voller – der Frühling ist da. Mir ist gestern aufgefallen, dass ich vermutlich total motivierend für andere bin, denn mich überholen alle. Alle! Ich habe noch nie jemanden überholt, aber ich ahne, dass das den eigenen sportlichen Fähigkeiten immer einen kleinen Schubs gibt. Geht mir jedenfalls so, wenn ich auf dem Radweg jemanden rechts liegen lasse. (Wenigstens da bin ich manchmal schneller als andere.)
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Nach dem Duschen und Bloggen ging ich wieder aus: zum Bäcker, wo ich frisches Brot und zwei Brioche kaufte, auf die ich spontan Lust hatte. Dazu wollte ich mir endlich meinen Morgenkaffee zubereiten, auf den ich nun seit über zwei Stunden wartete. Ganz wach war ich aber anscheinend doch noch nicht.
Nach dem Sofa-Frühstück ging ich an den Schreibtisch, wo mehrere Kunden etwas von mir wollten. Ich textete vor mich hin, dachte über andere Texte nach und malte lustig mit Bleistiften in Kundenunterlagen rum, bis es kurz vor 11 war.
Mein Stromversorger hatte mir vor Wochen per Brief angekündigt, dass sie meinen Zähler auswechseln würden. Falls sich der nicht in meiner Wohnung befände, könnte mir das egal sein, aber falls ich dabei sein wollte – hier ist der Termin: 11. April, zwischen 11 und 13 Uhr. Vielleicht könnte ich den Jungs (oder Mädels) wenigstens die Haustür aufsummen, ansonsten bitte neuen Termin vereinbaren. Ach ja, und der Strom wäre in der Zeit weg, ist klar, gell?
Ich las den Brief, ging davon aus, zuhause zu sein und stellte mir dann die entscheidende Frage: Wo ist eigentlich mein Stromzähler? Ich schaute in meine Abstellkammer als einzig möglichen Ort, sah aber nur den Sicherungskasten. Vorsichtshalber guckte ich noch hinter die Berge an Kleidung und Ikeaboxen, aber nein, kein Stromzähler. Dann ging ich im Geist unsere diversen Kellerräume durch, konnte mich aber an keinen Zähler erinnern.
Womöglich ist er in meinem eigenen Kellerabteil? Dazu muss man wissen, dass ich das Pech habe, in diesem Mehrfamilienhaus das Kellerabteil zugeteilt bekommen zu haben, in dem sich der Hauptwasseranschluss befindet (und, wenn ich den Kasten richtig interpretiere, auch der Kabelanschluss). Das heißt, der Hausmeister und die Verwaltung haben einen Schlüssel zu meinem Abteil, damit sie notfalls Handwerkerinnen reinlassen können. Damit habe ich kein Problem, aber ich muss meinen Kram halt so stapeln oder anordnen, dass man an die Anschlüsse rankommt. Damit habe ich ein Problem, denn in meiner Wohnung ist schlicht nicht so viel Platz. Ich habe zwar vor dem Umzug aus Hamburg recht gut kalkuliert, wofür ich Platz habe und wofür nicht, aber ein paar Kisten stehen jetzt halt doch im Keller rum. Und mein gelieber grauer Ikea-Ohrensessel. Und meine Weinregale. *seufz* Dass die Handwerkerinnen keine Lust haben, Dinge kurz zu verschieben, je nachdem, an welchen Anschluss sie müssen, habe ich neulich gemerkt, als ich auf meinem Sessel einen staubigen Fußabdruck entdeckte. *knurr*
Daher ging ich zur Sicherheit noch einmal in mein Abteil und guckte, ob ich vielleicht auch den Stromzähler zugebaut hatte. Hatte ich nicht, weil er nicht in meinem Abteil war. Ich ging durch alle mir bekannten Räume – kein Zähler. Dann schloss ich einfach mal ein paar Türen auf, zu denen mein Kellerschlüssel passte und guckte in unserem Kellerlabyrinth rum – kein Zähler. Ich war hochgradig verwirrt, schloss die Kellertür hinter mir – und zum ersten Mal fiel mir eine weitere Tür neben der Kellertür auf, auf der praktischerweise ein Schild angebracht war: Zählerraum. Okay then.
Ich saß also am Schreibtisch und bereitete mich auf schreckliche zwei Stunden ohne Strom vor. Mein Rechner war voll aufgeladen, es war nichts Lebenswichtiges im Kühlschrank, aber ich musste mir dringend noch einen Kaffee kochen, denn auch der Wasserkocher war nun EWIG nicht einsetzbar. Dafür benutzte ich mal wieder meine neue Aeropress, wog keine Bohnen mehr ab (die Menge habe ich inzwischen drauf), wog auch kein Wasser mehr ab (ich fülle das Wasser immer in ein kleines Kännchen, wodurch es sich auch etwas abkühlt, was es soll, und das Kännchen hat eine Einbuchtung, bis zu der es ungefähr 200 ml sind), überprüfte kurz die Temperatur (passt) und goss den Kaffee auf. Und dann passierte etwas, auf das ich seit Wochen warte: Ich schmeckte Schokolade raus.
Seitdem ich mich länger und intensiver mit den Produkten Kaffee und Espresso befasse, warte ich darauf, mal etwas anderes als Frucht zu schmecken, wenn ich ihn trinke (oder schnuffiges Milcharoma beim Flat White). Ich kaufe immer die Packungen, auf denen was von Schokolade steht, denn … nee, das muss ich nicht erklären, oder? Schokolade! Das beste Aroma von allen! Unverzichtbar für mein Seelenheil! Aber: Ich hatte sie noch nie wirklich rausgeschmeckt. Bis gestern, als ich am Schreibtisch saß, um mich herum Werbezeug, vor mir das elektrische Armageddon, gerade noch den Kaffeepuck aus der Aeropress in den Abfall geploppt, kaum aufmerksam für mein Getränk, das ich auch schon dutzende Male zubereitet hatte – und da schmeckte ich Schokolade. Das war so toll! Vielleicht muss man sich an Kaffee genauso rantrinken wie an Wein, keine Ahnung. Ich freute mich sehr, spürte der Schokolade noch nach, wollte gerade eine triumphierende DM an F. schreiben – als meine Schreibtischlampe ausging.
An die hatte ich natürlich bei meinen Vorbereitungen auf die Endzeit nicht gedacht. Es ist nicht so, dass ich an meinem Schreib-/Küchentisch tagsüber sonst nichts sehe, aber ich arbeite gerne bei Licht. Also schrieb ich das an F., überdachte die Möglichkeit von meinen silbernen Kerzenleuchtern als Ersatz, legte mich im Geist aber eher für zwei Stunden Pause auf die Couch – als die Schreibtischlampe wieder anging. Der Zählerwechsel hatte augenscheinlich keine zwei Minuten gedauert. Also keine Pause, sondern weiter im Text. Auch gut. MEHR KAFFEE!
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Nachmittags ging ich zur Packstation, um, äh, also, ich weiß auch nicht, wer das bestellt hat, aber, Espressobohnen abzuholen. Natürlich musste ich die sofort antesten und stellte erfreut fest, dass die Packung gleich eine Art Verschluss mitbrachte. Nur einen Draht-Papier-Bügel, um sie überhaupt zu verschließen, aber besser als nichts. Meine anderen Kaffeepackungen sind mit fies bunten Klipsverschlüssen abgedichtet, die ich nicht wirklich mag, die aber da waren (Leihgabe von F.), und ich denke über eine Batterie an formschönen Dosen nach. Ist klar.
Der Espresso wird unter anderem mit dem Aroma „Nougat“ beschrieben, weswegen ich ihn orderte; so ganz glaubte ich aber nicht daran. Vielleicht war aber der Schokokaffee vom Nachmittag der Durchbruch, jedenfalls konnte ich einen Hauch Nougat schmecken oder bildete mir das wenigstens ein. Ich zwang mich, nicht sofort noch einen Flat White anzusetzen, denn irgendwann wollte ich auch noch schlafen.
Das tat ich während des Champions-League-Viertelfinales zwischen Bayern und Sevilla, in dessen 80. Minute ich langsam wegdöste. Ich wechselte ins Bett und schlief brav durch.