Ein doppeltes Dankeschön …
an eine unbekannte Spenderin oder einen unbekannten Spender, die oder der mich gleich mit zwei Büchern überrraschte, die nicht auf meinem Wunschzettel standen.
Das erste Buch ist ein schmales Ãœberblicksbändchen von Hilja Droste und Ines Lauffer, Kleine Kunstgeschichte Deutschlands. Es beschränkt sich nicht auf Malerei, sondern schaut auch auf Skulptur und Architektur, sofern es auf 200 Seiten überhaupt möglich ist, 1200 Jahre anzuschauen. Ich finde es natürlich spannend zu sehen, wie man auf so wenig Platz die Zeit zwischen 1933 und 1945 erwähnt; hier gibt es immerhin zwei Seiten zur neoklassizistischen NS-Architektur, der Schwabinger Kunstfund wird erwähnt, und die Aktion „Entartete Kunst“ bekommt einen einzigen Satz. Hm. Naja. Das ist ein sehr persönliches Interesse, schon klar. Trotzdem. Ich bin mir nicht sicher, ob die generelle Idee hinter dem Buch eine gute ist, vor allem, weil die Autorinnen selbst schon im Vorwort sagen, dass es kaum eine „deutsche“ Kunstgeschichte sein kann, wenn man bei den Karolingern anfängt, die sich vermutlich noch recht undeutsch gefühlt haben. Aber als allererster Ãœberblick ist das Büchlein gut; mir hat auch der Schreibstil gefallen. Und Italia und Germania ist unter anderem auf dem Titel abgebildet, und da ich das Bild sehr mag, gibt’s noch einen Sympathiepunkt.
Das zweite Buch, Stephen Farthings Kunst. Die ganze Geschichte, macht schon mit dem Titel ein noch größeres Fass auf. Darüber habe ich zuerst sehr gegrinst, dann das Buch aber doch interessiert durchgeblättert. Farthing beginnt mit Höhlenmalereien und der, wie er es in Anführungsstrichen nennt, „Land Art“ der Nazca-Linien. „Land Art“ wird in der Kunstgeschichte eigentlich erst für Performances oder Skulpturen ab den 1960er- und 1970er Jahren verwendet – ich fand seine Idee aber recht clever, denn was sind diese Linien sonst?
Sein dickes erstes Kapitel heißt „Urgeschichte bis ins 15. Jahrhundert“ und beschränkt sich nicht nur auf die üblichen Verdächtigen Ägypten, Griechenland, Rom, sondern ergänzt diese Reiche um westafrikanische, buddhistische und frühe islamische Kunst. Auf eine ähnliche Idee ist Altmeister Ernst Gombrich in seinem Standardwerk Die Geschichte der Kunst auch schon gekommen, aber er verweist eben noch auf den gelernten Kanon – wobei er immerhin einen kurzen Blick auf China und Japan wirft, aber ich glaube, Afrika kommt bei ihm überhaupt nicht vor. Was ich noch überhaupt nicht kannte, aber jetzt dank Farthing schon: präkolumbianische Kunst wie diesen olmekischen Kolossalkopf.
Im Kapitel über das 17. bis 18. Jahrhundert spricht er eben nicht nur über den Barock oder das Goldene Zeitalter der Niederlande, sondern auch über die Rajputen-Malerei (nie gehört) oder die Volkskunst Ozeaniens. Das macht Farthing also eindeutig besser als Gombrich, was die Gleichzeitigkeit von verschiedenen Kunststilen weltweit angeht, aber generell bleibt er, sofern ich das nach dem gestrigen Ãœberfliegen beurteilen kann, eher an der Oberfläche. Die gezeigten bzw. erläuterten Werke des westlichen Kanons sind die, die in jedem Ãœberblickswerk drin sind, da gibt’s also keine Ãœberraschungen. Das Buch ist mir manchmal auch ein bisschen zu besserwisserisch; ich habe mir unter anderem die Arnolfini-Hochzeit und natürlich die Kreuzabnahme von van der Weyden durchgelesen, und da wird mir manchmal ein bisschen dick aufgetragen anstatt wie bei Gombrich mitreißend beschrieben. Aber auch das ist Geschmackssache.
Immerhin hatte ich nach dem kompletten Durchblättern das Gefühl, im Studium wirklich alles Wesentliche (der westlichen Kunst) mitbekommen zu haben; das war auch mal ganz nett, das so vorgeführt zu bekommen. Daher: Vielen Dank für das Geschenk, von wem es auch immer kommen mag – ich habe mich sehr gefreut.