Tagebuch, Mittwoch, 29. August 2018 – Pasta
Wie seit Tagen ewig früh aufgewacht (noch vor 6), warum auch immer. Ich schlafe gut, werde aber neuerdings von selber früh wach und mag dann auch nicht mehr schlafen. Ich mag es aber, morgens im Bett zu liegen und die kühle Luft von draußen bewusst mitzukriegen, daher lungerte ich ein Stündchen am iPhone rum, bevor ich aufstand. Allmählich sind die Temperaturen auch wieder so, dass ich morgens walken gehen möchte, aber gestern halt nicht. Gestern wollte ich rumlungern.
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Am Schreibtisch gesessen, bis es klingelte und sich meine Umzugskartons ankündigten, die ich Montag online bestellt hatte. Irgendwie klappte die Kommunikation über die Sprechanlage nicht so, wie ich sie im Sinn hatte; der Lieferant fuhr mit den Kartons in den vierten Stock, obwohl ich im fünften wohne, während ich die Treppen runterrannte, weil ich dachte, er liefere nur bis zu Haustür. Wir fanden uns dann aber mit lieblichen „Hallo?“-„Hallooo!“-Rufen durchs Treppenhaus, ich unterschrieb für eine Lieferung, die ich noch nicht gefunden hatte, was mir aber erst nachher einfiel, entdeckte die Kartons, fuhr sie noch ein Stockwerk höher und packte mal probehalber gleich drei, um zu gucken, um wieviel kleiner die Profi-Bücherkisten sind als meine gewohnten Umzugskartons. Passte alles gut, und selbst ich Puddingärmchen konnte die vollgepackten Kisten noch gut heben und stapeln.
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Zum sehr späten Mittag bzw. sehr frühen Abendessen gab es mal wieder selbstgemachte Pasta. Ich hatte von meiner Pizza noch Tomatensauce übrig und irgendwie keine Lust auf meine fertigen Nudeln, was eigentlich der Plan gewesen war – Schränke leeressen, um ihre Inhalte nicht in Kartons packen zu müssen. So verringerte ich immerhin die Menge von Mehl und Eiern, die ich im Haus habe, ist ja auch was.
Seit ich in München wohne, habe ich bergewiese komplett fürchterliche Pasta produziert. Zu hart, zu rissig, zu matschig, ließ sich nicht ausrollen, riss beim Befüllen, alles doof. Ich schob es sehr lange auf südliche Luft und bayerisches Wasser, dass hier nicht mehr klappte, was in Hamburg diverse Male perfekt gewesen war. Irgendwann merkte ich, dass ich nicht mehr mein gewohntes Superdupersimpelrezept für Nudeln benutzte, sondern bei jedem Runterholen der Nudelmaschine vom Schrank auch ein italienisches Kochbuch aufschlug, um mal eine Variante des Superdupersimpelrezepts zu versuchen.
Ich besitze diverse italienische Kochbücher, und nur eins davon habe ich mir selbst gekauft, gleich das erste. Alle danach sind Geschenke von Freund*innen oder Blogmenschen, und weil sie nun mal da sind, testete ich auch Rezepte daraus, unter anderem Pastateig, weil ich dachte, je mehr Zutaten man reinwirft, desto toller müsste der Teig ja werden. Inzwischen weiß ich: Nee, wird er nicht. Oder es ist wirklich das Münchner Wasser und alle Pastagottheiten hassen mich, weil ich sie nicht anbete, sondern weiterhin den Mann am Kreuz ganz okay finde. Wie dem auch sei: Seit Längerem nutze ich wieder mein Superdupersimpelrezept, wo auf 100 Gramm Mehl ein Ei kommt, bisschen Salz, bisschen Olivenöl, fertig. Wenn ich das 00-Mehl im Schrank habe, nehme ich das, wenn ich das nicht im Schrank habe, nehme ich das 405er. Gelingt immer.
So auch gestern, wo ich zwei Portionen machte – weniger lässt sich schwer kneten – und auch schon kurz vor den zehn Minuten Pflichtknetzeit aufhörte. In einem der vielen Kochbücher hatte ich nämlich gelesen: Wenn der Teig weicher wird, aufhören. Der wird schließlich noch weicher durch die Ruhezeit. Also stoppte ich gefühlt nach acht Minuten (ich knete ja per Spotify: drei Songs sind zehn Minuten), ließ den Teig eine Stunde rumliegen und stellte danach perfekte Tagliatelle her, warf noch Zwiebeln und Zucchini in die Pfanne und hatte herrliches Essen.
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Die Herausgeber*innen des N+1 Magazine schreiben in ihrem Editorial, wie doof Editorials seit Twitter geworden sind, weil man nur noch damit beschäftigt ist, Schnipsel zu diskutieren.
„All this is on your mind as you wait for your piece to go up. You’ve just written 1,200 words on Trump, norms, Twitter, Alexandria Ocasio-Cortez, and the future of the Democratic Party. Will you downplay its importance (“So I wrote a thing”), or promote it with a tweet thread? Will you retweet praise, or only muted endorsements, detailed enough not to appear self-congratulatory? Will you — boldly — retweet your haters? Or will your piece disappear like all the others, carried along the swift-moving current of the social feed only to be buried in the riverbed and ignored forever? But just when despair has reached its peak, it shows up on the homepage. People tweet lines from your story, or screenshot whole paragraphs, taking care to highlight certain sentences. Not the sentences you would highlight, but people care! They not only read your writing, you see; they want to show others that they read it. Your writing is a badge of intellect.
Then things take a turn. Readers lose patience, and the careful quoting, like snipping coupons with precision, becomes tearing — into lines, phrases, and points. The space grows for misinterpretation, co-optation, and misunderstanding. All it takes is one podcast host with a grudge and a modest following, like an Evangelical pastor of yore, for a small hell to break loose in your mentions. Your authorial control disintegrates. What you wrote is eclipsed by another person’s idea of what you wrote. It’s the reader’s text now — and so are you, an authorial construction, another text to be bandied about. Does anyone enjoy watching themselves get eaten and digested by other people? […]
TO BE A READER is to suffer. The endless call-and-response that leaves writers forever relitigating their work . . . all this is for our sake? In the not so distant past, we could sit with an article and decide for ourselves, in something resembling isolation, whether it made any sense or not. Now the frantic give-and-take leaves us with little sovereignty over our own opinions. We load up Twitter to discover some inscrutable debate (“Why is everyone fighting about the Enlightenment?”), usually over a series of misinterpretations, which in the space of an hour or two has ended friendships and caused major figures to leave the platform. The task then becomes to read in reverse — clicking backward through a series of quote-tweets to reconstruct the original offending article, and try to understand who’s on what side, so you can know precisely what to think and where it will land you, socially.“
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Anika Meier über Kanonbildungen, auch in der Kunstgeschichte. Sie zitiert unter anderem aus dem neuen Spiegel, in dem sich Ulrike Knöfel an Balthus gekonnt abarbeitet, dessen Bildern ich sehr kritisch gegenüberstehe.
„Im aktuellen “Spiegel” nimmt sich Ulrike Knöfel den kunsthistorischen Kanon vor, das anlässlich der Ausstellung “Balthus” in der Baseler Fondation Beyeler. Balthus ist für seine erotischen Kinderbilder bekannt, junge Mädchen, sehr junge Mädchen, hat er sexuell anzüglich dargestellt, der Vorwurf der Pädophilie steht im Raum, Balthus selbst spricht von einer pornografischen Spannung. Knöfel stößt sich daran, dass Balthus im Katalog zur Ausstellung als einer “der letzten großen Meister der Kunst des 20. Jahrhunderts” bezeichnet wird. “Genau das aber”, schreibt sie, “dass Balthus ein überragender Künstler gewesen sei – ist nur eine pure Behauptung. (…) Am Beispiel dieses Malers ließe sich – eigentlich – wunderbar nachvollziehen, wie Bekanntheit bloß gemacht wird, wie Kunstgeschichte geschrieben wurde und wird, sie ergibt sich ja nicht wie von allein. Was abgelehnt wurde und was gefeiert wird, das lebt von Moden, Beziehungen, Vorurteilen, eben genauso von Behauptungen.”
Das Ergebnis, so Knöfel: “Aus ihnen wiederum ergibt sich ein sogenannter Kanon. Stellt jemand den Kanon jedoch nur vorsichtig infrage, wird er oder sie reflexhaft zum Gegner der Kunstfreiheit erklärt. Niemand also kritisiert die seit Jahrzehnten andauernde Überhöhung diese fast schon absurde Überschätzung eines vermeintlichen Genies. Denn das hieße, auch den Kanon, nein, die ganze Kunstgeschichte und ihre Mechanismen anzuzweifeln.”
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33 Comics, die man gelesen haben sollte
Die Liste bzw. der Twitter-Thread stammt von Flix, und ich habe immerhin zwölf davon schon gelesen.