Tagebuch Donnerstag, 15. November 2018 – Klassiker kochen
F. morgens zwei Stück Sachertorte in eine Tupperdose gepackt und sie ihm für den Nachhauseweg mitgegeben. Habe noch kein Geschmacksfeedback bekommen, gleich mal einfordern.
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Die ersten zwei, drei Tassen Tee des Tages genossen und dabei gebloggt. Danach den restlichen Tee in meine Thermoskanne umgefüllt, damit er warm bleibt. Ich nutze kein Stövchen mehr; seit ich Tee nur noch aus Omis Teekanne mit ihren winziges Tässchen trinke, hat der gar keine Chance mehr, wirklich kalt zu werden, weil ich dauernd nachschenke. Gestern wollte ich aber mitten in der Kanne ins Museum, um eine Ausstellung für den neuen Fehlfarbenpod anzuschauen. Also wurde der Tee umgefüllt und als ich wieder nach Hause kam, konnte ich warm weitertrinken.
Die Ausstellung war übrigens toll. Ich bin etwas zweifelnd ob des Konzepts reingegangen, kam aber sehr gut gelaunt und begeistert wieder raus. Ein paar kleine Hühnchen habe ich zu rupfen, aber das erledige ich dann Samstag abend am Mikrofon. Und Sonntag könnt ihr dann hören, um welche Ausstellung es ging, yay, Teaser!
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Abends gekocht, weil ich nachmittags eine neue Folge von Masterchef – The Professionals geguckt habe. Dort treten keine Laienköche gegeneinander an, sondern Profis, also Köche, die wirklich im Beruf stehen. Allerdings nicht unbedingt in der Sterneküche, sondern eher so das Format Gastropub. Bevor die Jungs und wenigen Mädels ihre eigenen Kreationen kochen dürfen, kommt immer der sogenannte Skills Test, erdacht entweder von Marcus Wareing oder Monica Galetti, die als Juroren in der Show arbeiten. Dort müssen die Kandidat*innen meist etwas aus der klassischen Küche zubereiten – also gerne Dinge, die man vermutlich in der Ausbildung mal gelernt hat, aber dann doch seltener macht, weswegen der Skills Test ziemlich fies ist beim Zugucken, wenn man Profis an Standards scheitern sieht. Was aber für uns Hobbyköche halt auch ganz hübsch ist.
Gestern wurde eine Beurre Blanc verlangt, die mir sogar ein Begriff war, die ich aber noch nie selbst zubereitet hatte. Genau das versuchte ich dann abends, und mir wurde wieder klar, wie hilfreich die vielgescholtenen Kochshows dann doch manchmal sein können. Die Kritik geht ja gerne „Die Leute gucken das nur, die kochen gar nicht selbst und essen auch weiter Schrott“, wozu ich immer sage: Ja und? Ich gucke auch Fußball und stell mich nicht selbst ins Tor, das wirft mir lustigerweise niemand vor. Gewisse Fernsehformate sind als Unterhaltung konzipiert und nicht als Doku oder Mitmachschlumpf, und ihnen genau das vorzuwerfen, finde ich arg albern.
Jedenfalls hatte ich bei Masterchef mitbekommen, dass a) die Schalotten keine Farbe annehmen dürfen, die Hitze also nicht zu hoch sein darf und b) dass man die sehr kalte Butter ständig rühren musste anstatt sie einfach in der Sauce schmelzen zu lassen, weil sich sonst Säure (Wein, Essig) und Fett (Butter) wieder trennen. Gleichzeitig war mir bewusst, wie haargenau dieses Rezept dem derzeitigen Hit Salt Fat Acid Heat entspricht; ich hatte also quasi einen zweifachen Lerneffekt. Und dazu wirklich schmackhaftes Essen: Die herrlich cremige, fein säuerliche und damit total unbemerkt irrwitzig gehaltvolle Sauce veredelte selbst meinen banalen Tiefkühlfisch.
Nebenbei habe ich festgestellt, dass mein warmes Licht über dem Küchentisch mich auch abends noch halbwegs gute Fotos machen lässt, wenn auch nicht ganz aufsichtig, weil dann der iPhone-Schatten auf dem Teller landet.
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„So schlecht ist die Zeitung ja gar nicht geworden“
Den Artikel hatte ich gestern mehrfach in der Twitter-Timeline und obwohl mich kaum jemand weniger interessiert als Julian Reichelt, habe ich das Interview einer Schülerzeitung aus Hamburg mit ihm dann doch komplett gelesen. Wenn auch sehr augenrollend. Aber die Verfasser*innen hatten mich schon beim Einstieg:
„Im Mai 2018 erscheint ein Portrait über Julian Reichelt im „SPIEGEL“. „Seitdem Julian Reichelt bei „BILD“ das Kommando übernommen hat, ist das Blatt im Kampfmodus“, schreibt das Magazin über den 38-Jährigen. Das Portrait birgt eine Überraschung: Reichelt war Schüler am GO [Gymnasium Othmarschen]. Endlich mal ein namhafter Abgänger, auch wenn er dann zu „BILD“ gegangen ist. Bevor er „BILD“-Chef wurde, war er lange Zeit als Kriegsreporter für Springer im Nahen Osten.
Der Kontakt zu Reichelt ist schnell hergestellt. Kurze Zeit später kommt eine Antwort-Mail:
„Interview mach ich gern. Mein Büro koordiniert Termin. Best, j.“
Und tatsächlich: Sein Büro koordiniert Termin.“
Und mit derartigen Perlen – schöner Einstieg und dann Abdriften in die Bild-Parallelwelt – geht’s dann weiter:
Reichelt: „Qualitativ hochwertiger Journalismus ist ohne hohe Investitionen nicht möglich. Die Art und Weise der Berichterstattung, die wir machen, die Themen, die wir abdecken, ist ohne hohe Investitionen schlichtweg nicht möglich. Das ist mir auch ein ganz wichtiger Punkt, dass wir als Journalisten sagen müssen: Journalismus ist wertvoll, Journalismus ist etwas wert. Es hat einen Wert für die Gesellschaft. Journalismus gibt es nicht umsonst. Umsonst gibt es Social-Media. Viel Spaß damit! Journalismus, der sich auf gewisse Standards und Regeln verständigt, der es sich erlaubt, mit eigenen Leuten und kritischem Blick vor Ort an die Quelle zu gehen, der kostet Geld und dafür sollten die Leute bezahlen. Es sollte eine Bereitschaft geben, dafür zu bezahlen.
Ich glaube, wir haben in den letzten zwölf, 24 Monaten bei Social-Media gesehen, was das Alternativ-Modell zum Journalismus ist. Nämlich eine Welt, in der alles stimmt und nichts stimmt, in der jeder behaupten kann, was er möchte, in der sich Falschmeldungen besser verbreiten, als korrekte Meldungen, in der man es inzwischen mit einem hasserfüllten Diskussionsumfeld zu tun hat, was ich sehr abschreckend finde.“
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Liebster Tweet der letzten Tage, weil es meine derzeitige Stimmung trifft:
When you're excited for the holidays but everyone says it's too early. pic.twitter.com/qk45bZ9ErN
— The Muppets (@TheMuppets) 11. November 2018