Was schön war, Samstag, 8. Dezember 2018 – Für Gäste kochen
In den letzten Jahren hatte ich kaum Gäste. Ein paar Mal saßen Kommilitoninnen an meinem Küchentisch, um zu arbeiten, ein, zwei Mal lud ich enge Freunde ein, aber nie mehr als zwei auf einmal, weil sonst die Küche überfüllt gewesen wäre. Richtig gekocht, also richtig im Sinne von „drei Gänge und aufwärts“ habe ich nur für zwei Herren. Für F. schleifte ich sogar mal den Küchentisch in mein damals einziges Zimmer, weil ich es so doof fand, ihn in der Küche zu bewirten.
Küche ist Küche, Esszimmer ist Esszimmer. Alltags am Küchentisch rumlungern: hervorragend. Wenn Gäste da sind: suboptimal, vor allem weil selbst bei drei kleinen Gängen halt viel Zeug und Zutaten und Teller rumliegt und rumstehen, was nach Arbeit und nicht nach entspanntem Beisammensein aussieht. In meiner neuen Wohnung habe ich immer noch kein Esszimmer, aber wie ich gestern erfreut feststellen durfte: Mit einer Decke drüber sieht mein schlichter Schreibtisch plötzlich aus wie ein Esstisch. Und da Luise im Arbeitszimmer hängt, vier Stühle um den Tisch passen und da auch noch ein bequemes Sofa steht, hatte ich plötzlich ein temporäres, atmosphärisch hübsches Esszimmer.
Zu essen gab es drei vegetarische Gänge, von denen ich wusste, dass sie funktionieren und zusammenpassen. Die neue Küche und die neue Bewirtungssitation waren schon Unbekannte genug, da wollte ich wenigstens was auf dem Herd, im Ofen und im Kühlschrank haben, über das ich nicht viel nachdenken musste. Und es konnten auch alle Gäste alles mitessen, was ja generell eine gute Idee ist. Vorneweg gab’s meine geliebte Kürbissuppe, danach eine Ziegenkäsetarte mit karamellisiertem Knoblauch plus Salat dazu, und als Nachtisch Himbeer-Cantuccini-Parfait, das ich mal nicht in eine Kastenform gegossen hatte, sondern in lustige Silikonformen. Anrichten kann ich immer noch nicht, aber endlich habe ich mal diese Formen benutzt, die auch seit Jahren bei mir rumliegen.
Ich habe es sehr genossen, wieder etwas länger zu kochen und vorzubereiten. Beim Parfait nahm ich nicht wie sonst den Mixer, sondern mal brav den Schneebesen, genau wie vor ein paar Tagen bei der Mayonnaise und ich behaupte natürlich, dass die Konsistenz des fertigen Desserts besser war als vorher. Bei der Tarte verließ ich mich weniger auf die Minutenangaben im Rezept, sondern auf meine Erfahrung von den letzten Malen der Zubereitung und auf meine Sinne: Sieht es richtig aus? Duftet es so, wie es soll? Und: zwischendurch mal probieren. An die Suppe kam deutlich mehr Salz als sonst, die Tarte blieb länger im Ofen als sonst, und ich war mit allem sehr zufrieden.
Es war schön, wieder Zeit auf Dinge aufzuwenden, von denen ich ein bisschen Angst hatte, sie wären mir in der kleinen Wohnung entglitten. Ich war oft so genervt von dem wenigen Platz, den ich oben hatte, dass ich lieber eine Pizza orderte als sie selbst zu machen, obwohl das zeitlich ungefähr auf dasselbe rauskommt. Meiner Empfindung nach habe ich in der kleinen Wohnung seltener gekocht und auch weniger aufwendig als vorher in Hamburg, und ich befürchtete, dass mir der Spaß an der Sache irgendwie abhanden gekommen wäre. Diesen Gedanken kann ich jetzt beruhigt abhaken: Das war eine große Freude, wieder für mehr Personen als nur mich oder nur F. und mich zu kochen, selbst wenn wir nur zu viert waren und der größte Teil meines Geschirrs noch bei meinen Eltern liegt, was ich schmerzlich bei den kleinen Dessertellern gemerkt habe. Ich habe aber jeden Handgriff genossen, weil er mal wieder bewusst war, und mich über jeden gefreut, weil ich gemerkt habe, dass ich mich eben freue. Ich war den Abend über sehr entspannt, was natürlich auch an den charmanten Gästen gelegen hat, und wusch ebenso entspannt um ein Uhr morgens noch ab. Das hat sich anscheinend auch nicht geändert: Ich will morgens nicht in eine verdreckte Küche kommen.
Alles zusammen hat sich wieder ein bisschen wie das alte Leben angefühlt, nur in einer anderen Stadt und mit anderen Menschen und anderen Gesprächsthemen. Also das alte Leben in anders. Das war schön.