Tagebuch Sonntag, 24. März 2019 – Sofasonntag
Die Scharte der misslungenen Laugenbrezn vom Samstag konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Einen halben Hefewürfel hatte ich noch, und aus dem wurde dann mein gelingsicherer Hefezopf, halt im Kleinformat, aber immerhin. Während er buk, rührte ich einen schnellen Lemon Curd an, dann quengelte ich rum, als der Zopf noch zu heiß und der Curd noch zu flüssig waren, aber nach einer unglaublich langen Wartezeit von einer guten halben Stunde hielt ich es nicht mehr aus, schnitt, schmierte, aß und war glücklich. (Und war zu gierig für einen hübschen Hintergrund oder ein ansprechend arrangiertes Bild.)
Ansonsten habe ich nur auf dem Sofa gesessen und weiter in Ibram X. Kendis Stamped from the Beginning: The Definitive History of Racist Ideas in America gelesen. Das liest sich zwar gut weg, aber der Verfasser beschränkt sich bei historischen Ereignissen meist auf wenige Sätze oder erklärt sie gar nicht, damit das Buch nicht dreimal so lang sein muss. Ich wusste zwar so ungefähr Bescheid über den Louisiana Purchase, den Missouri Compromise oder den texanischen Unabhängigkeitskrieg (der auch die Sklavenfrage betraf), las aber doch lieber noch ein paar Dinge nach, um die vielen Quellen und Gedankengänge nachvollziehen zu können, die Kendi in Bezug auf die Geisteshaltung zu Sklaverei, Rassismus und Abolitionismus anbringt. Deswegen schaffte ich nur knapp 100 Seiten, aber die waren dann auch vollgepackt mit allen Scheußlichkeiten, die dieses Thema so mit sich bringt. Ich lese wie immer mit Bleistift und eigentlich möchte ich bei allem, was ich unterstreiche, ein augenrollendes Emoji an den Rand malen.
Wer Sojourner Truth war, wusste ich auch, aber von Ain’t I a Woman? hatte ich noch nichts gehört. Kendi beschreibt ihre spontane Rede auf einem Kongress weißer Frauen zur Erlangung des Wahlrechts in Akron, Ohio, so:
„On May 29, 1851, day two of the meeting, men came in full force to berate the resolutions. The convention turned into a bitter argument over gender. Male ministers preached about superior male intellect, the gender of Jesus, Eve’s sin, the feebleness of women, all to counter the equal rights resolutions. The women were growing weary when Sojourner Truth, who had kept her head bowed almost the whole time, raised her head up. She lifted her body slowly and started walking to the front. “Don’t let her speak!” some women shouted.
Before the audience now, she laid her eyes on the convention organzier. Gage announced her and begged the audience for silence. Quiet came in an instant as all the eyes of White faces became transfixed on the single dark face. Truth straightened her back and raised herself to her full height – all six feet. She towered over nearby man. “Ain’t I a woman? Look at me! Look at my arm!” Truth showed off her bulging muscles.”Ain’t I a woman? I can outwork, outeat, outlast any man! Ain’t I a woman!” Sojourner Truth had shut down and shut up the male hecklers.
As she returned to her seat, Truth could not help but see the “streaming eyes, and hearts beating with gratidude” from the women, the muddled daze from the men. Truth imparted a double blow in “Ain’t I a Woman”: an attack on the sexist ideas of the male disrupters, and an attack on the racist ideas of females trying to banish her. “Ain’t I a Woman” in all of my strength and power and tenderness and intelligence. “Ain’t I a Woman” in all of my dark skin. Never again would anyone enfold more seamlessly the dual challenge of antiracist feminism.”
(Kendi, Stamped, London 2017, S. 192/193.)