Tagebuch Montag, 25. März 2019 – Erstes Kapitel und Butterreis

Schreibtischtag. Ich holte die ganzen Unterlagen hervor, die ich im letzten Sommer im Lenbachhaus-Archiv eingesehen hatte und die ich mir kopieren durfte. Einiges darin konnte ich mit den bereits bearbeiteten Bildern aus dem Nachlass kombinieren. Ich ergänzte meine bisherige Liste von Ausstellungen, in denen Protzen zwischen 1927 und 1956 vertreten war, aus nunmehr vier unterschiedlichen Quellen und konnte nun auch Werknummern ergänzen. So langsam bekomme ich eine Übersicht, was wann wo hing.

Ich stellte allerdings auch zum wiederholten Male fest, dass die Dinge, die ich jetzt erarbeite, teilweise auch schon von den Kurator*innen im Lenbachhaus zur Gedächtnisausstellung 1976 von Protzen und seiner Frau Henny Protzen-Kundmüller erarbeitet worden waren – und ich ahne, dass viele von den Ausstellungsstücken in den Vitrinen wie Zeichnungen oder Unterlagen inzwischen vernichtet worden sind, weil das Ehepaar für zu unwichtig für die Kunstgeschichte gehalten worden war. Inzwischen schauen wir aber anders auf die künstlerische Produktion der NS-Zeit, und jetzt wären sie wieder wichtig.

Danach bestellte ich Archivalien im Münchner Stadtarchiv vor, da möchte ich Mittwoch hin. Soweit ich das online erkennen kann, gibt es zu Protzen äußerst wenig bis kaum was. Mpf. Unterstützt allerdings ein winziges bisschen meine Theorie, dass er nicht die große Nummer war, zu der ihn die bundesdeutschen Ausstellungen zur NS-Kunst gemacht haben.

Dann rätselte ich wieder, wie ich an die Nachkommen der Leihgeber rankommen könnte, die ich aus den Lenbachhaus-Unterlagen wenigstens namentlich kenne, denn die Ausstellung war wie gesagt 1976, die Herren leben aller Wahrscheinlichkeit bzw. ganz sicher nicht mehr. Google hilft nur teilweise, und ich ahne, dass das Einwohnermeldeamt auch komisch guckt, wenn ich nachfrage. Ich frage mal die freundlichen Archivare, wenn ich Mittwoch eh vor Ort bin, was die so für Ideen haben.

Und schließlich legte ich das erste Dokument für ein Kapitel in der Dissertation an. (In Word, nicht in LaTeX, das ist mir noch zu umständlich.) Das Exposé, das ich an den Doktorvater geschickt habe, wird ein Teil der Einleitung werden, das weiß ich jetzt schon. Aber jetzt liegt daneben im Ordner „Text“ auch noch ein weiteres Dokument, in dem ich biografische Notizen und Ausstellungen aufführen werde. Als kleiner Reinkommer in die Arbeit und als Grundlage für die nächsten Kapitel. Ich weiß, es ist albern, aber ich fand das doch aufregender als gedacht, dieses Dokument anzulegen, weil es eben keine Zweitverwertung ist, sondern bewusst der erste richtige Schritt zur schriftlichen Diss. Ich fächele mir bei derartigen Sätzen immer noch imaginär Luft zu. Die mitlesenden Doktores dürfen das gerne niedlich finde. Auch wenn Dr. F. immer mit den Augen rollt – noch habe ich außerordentlichen Respekt vor diesem Titel und dem Weg dorthin.

Beim Schreiben merkte ich den erwarteten Unterschied zu den bisherigen wissenschaftlichen Arbeiten. Bei denen habe ich wochenlang Stoff gesammelt, exzerpiert und notiert, bis ich irgendwann das Gefühl hatte, so, jetzt kann ich das aus dem Handgelenk runterschreiben. Und so ungefähr habe ich das dann auch immer gemacht. Natürlich fiel mir mittendrin immer auf, oh, hier wäre eine Quelle noch schick, und oh, dieses Werk könnte ich auch noch aufnehmen, und schon war ich wieder zwei Tage auf einem Nebenschauplatz unterwegs, aber der rote Faden war immer fest in meiner Hand, und irgendwann war der Kram dann halt fertig.

Dieser rote Faden existiert für die Diss bisher nur als sehr dünnes imaginäres Fädchen irgendwo in meinem unaufgeräumten Kopf. Ich beginne zum ersten Mal mit dem Aufschreiben, ohne den Weg zum Ziel zu kennen. Das Ziel ist da, aber ich werde jetzt vermutlich ein paar Umwege laufen, öfter in die Irre gehen oder irgendwo lange Pause machen, bevor ich weitergehe, weil ich schlicht vieles noch nicht weiß. Das ist sehr ungewohnt, und ich tippe gefühlt langsamer als sonst, weil ich die Sätze noch nicht im Kopf habe, die aus den Fingern kommen sollen.

Mittags in die Stadtbibliothek gefahren, um Bücher zurückzugeben. Keine neuen ausgeliehen, es liegen gerade noch genug zuhause herum. Mal nicht den Kendi als Öffi-Buch dabeigehabt, der ist arg unhandlich, stattdessen 900 Seiten Dostojewski, viel handlicher, ähem. Ich bin jetzt auf Seite 60 von „Der Idiot“ und muss mir dringend ein Personendiagramm malen, ich weiß schon wieder nicht, wo wer hingehört. Das hat bei „Krieg und Frieden“ sehr geholfen.

Auf dem Rückweg eingekauft und ein schönes Mittagessen gezaubert, das erstmal sehr schmucklos aussieht.

Seit F. und ich auf der documenta in Kassel waren, schwärmen wir von … einem syrischen Imbiss, bei dem wir unglaublich leckeren Reis gegessen haben. (Kein libanesischer, wie ich gestern auf Instagram schrieb.) Ja, die Kunst war auch nett und dieses Restaurant, das seitdem einen Michelin-Stern gekriegt hat, alles toll, aber meine Güte, dieser Reis! Ich habe ewig nach einem guten Rezept gesucht und ich glaube, ich bin endlich fündig geworden.

Der grüne Klecks dazu gehört dann in die afghanische Küche. Unser liebstes afghanisches Restaurant hat schon vor längerer Zeit geschlossen, was wir sehr bedauern. Das Essen war immer solide und gut, und wir bestellten zu allem diese scharf-frische grüne Sauce. Hier googelte ich nach „afghan green sauce“ oder „afghanisches Chutney“, woraufhin man bergeweise Kram findet, der nie ganz gleich ist, mal mit Essig, mal mit Limette, mal mit Mandeln, mal mit Nüssen, einmal sogar mit Tomaten. Ich bin noch nicht ganz da, wo wir im Restaurant waren – ich glaube, da muss noch Minze rein! –, aber ich bin nah dran.

Ich habe gestern die Hälfte des untenstehenden Reisrezepts alleine verspeist; die Mengenangabe „Für vier Personen“ im Originalrezept gilt vermutlich eher, wenn man noch Fleisch dazu isst. Beim Chatni habe ich frei Schnauze zubereitet bzw. mich an der Menge Koriander orientiert, die ich hatte. Die untenstehende Menge reicht genau für den halben Reisberg, wie praktisch. So gute drei üppig gehäufte Esslöffel kamen bei mir raus.

Für den Butterreis

230 g Basmatireis waschen, bis das Wasser halbwegs klar ist.
In einem Topf
2 EL Butter bei mittlerer Hitze schmelzen. Hitze hochdrehen und
35 g Fadennudeln goldbraun anrösten. Die Butter wird dabei braun, das duftet schon herrlich. Den Reis dazugeben, kurz mitrösten und mit
400 ml Gemüsebrühe ablöschen. Alles eine Minute kochen lassen, dann den Herd auf kleinste Stufe stellen, einen Deckel auf den Topf setzen und den Reis vor sich hinquellen lassen. Zwischendurch mal umrühren. Nach zehn bis 15 Minuten ist er fertig; ich musste noch etwas nachsalzen.

PS: Fadennudeln – die kleinen Nudeln, die wir sonst in Eintöpfe werfen, ähnlich wie Vermicelli. Geht nur um das Knuspern, vermutlich kann man auch Buchstabennudeln rösten. (Au ja!)

Für das Chatni Gashneez

25 g frischen Koriander mit Stielen und allem grob hacken und in einen Mixer geben. Dazu noch
2 geschälte Knoblauchzehen,
1 grüne Chili, in Ringe geschnitten, bei mir mit Kernen,
15 g Walnüsse (das sind so fünf Stück) und
1 großzügigen EL Weißweinessig. (Wer mag: Zitronensaft. Oder beides.)

Alles pürieren. Bei mir war es noch nicht so flüssig, wie ich es gerne gehabt hätte, daher gab’s bei mir noch einen EL Olivenöl dazu. Auch mit dem Mixer war ich nicht glücklich, aber das liegt an meinem Mixer, der kann irgendwie nur grob, weswegen ich alles nochmal im Mörser zu Paste verarbeitet habe. Mir fehlt noch etwas die Frische, daher meine Vermutung oben, dass noch Minze mit drin ist, aber Schärfe und Mundgefühl gefallen mir schon sehr gut. Und mit dem Reis zusammen ist es wirklich großartig.