Tagebuch Dienstag/Mittwoch, 14./15. April 2020 – Zwischenfazit und Bärlauchpesto

Ich habe in den letzten beiden Tagen das Jahr 1940 der Dissertation abgeschlossen. Am Dienstag las ich Korrektur, und gestern stand das Fazit für die Jahre 1934 bis 1940 an, mit dem das Überkapitel, das diese Jahre umfasst, endet. Beim Schreiben fühlte ich mich an alle Dissertationen erinnert, die ich in den letzten Jahren in der Hand hatte und irgendetwas nachlesen wollte – natürlich liest man zuerst die Zusammenfassung, um zu begreifen, ob in den ewig langen und detailreichen Kapiteln davor überhaupt das zu finden ist, was man sucht.

Das erste Zwischenfazit meiner Arbeit kam nach dem Jahr 1933, und das schrieb sich deutlich einfacher; es war eher ein Anfang, der Auftakt, der Reinkommer in das große Narrativ. Ja, abgelutschtes Wort, aber ich mag das immer noch; ich will schließlich einen Punkt machen und dafür muss mein Text einen roten Faden haben. Aka ein Narrativ.

Bei diesem zweiten Zwischenfazit war ich im Gegensatz zum ersten quasi mittendrin, denn die nächsten Abschnitte in der Arbeit gehen bis 1945 und dann bis 1956, das Todesjahr des Malers. Ich meine aber, dass hier schon dringend ein weiteres Zwischenfazit hinmuss, denn die Arbeit an den Gemälden der Reichsautobahn endete, laut Werkverzeichnis, 1940. Okay, eigentlich 1941; das letzte RAB-Gemälde war das erste, das 1941 notiert wurde. Ich kann also hervorragend behaupten, dass das schon 1940 begonnen wurde und fertig. Ein schöner Cut, bevor sich der Herr den deutschen und nicht-deutschen Ostgebieten zuwandte. Damit fange ich dann heute an.

Das Kapitel der Reichsautobahnen umfasst Stand gestern 151 Seiten. Ein weiterer Grund, warum so ein kleines, einseitiges, niedliches Zwischenfazit ganz schlau ist. Das ist aber auch mit Abstand der dickste Brocken in der Arbeit. Hoffe ich. Weiß ich noch nicht. Ich gehe jetzt korrigieren.

Und wenn ich Glück habe, darf ich ab dem 4. Mai noch mehr Zeug in den Text ballern, denn eventuell darf ich dann wieder in die Archive. (Punkt 8.) Die Archive, die ich kenne, könnten das Abstandhalten relativ einfach machen: jede zweite Tischreihe absperren und gut ist. So irre voll waren diese kleinen Paradiese eh nie – wobei sich das natürlich nun ändern könnte, weil auf einmal alle Promovierenden wieder reinwollen. #EigeneNase

Ich freue mich jedenfalls schon auf das Abstandsballett bei der Aktenausgabe. Die Mitarbeiterin sieht mich kommen, tritt zwei Meter zurück, ich gehe an die Theke und lege meinen Ausweis hin, gehe zwei Meter zurück, sie kommt an die Theke, notiert meine Daten und geht nach hinten zur Ablage, ich gehe vor, nehme meinen Ausweis und trete zurück, sie legt die Akten ab und geht zurück, ich gehe nach vorne und nehme die Akten und so weiter und so niedlich. Vielleicht ein paar Walzerklänge dazu und alles wird gut.

Gestern morgen war der wöchentliche Einkauf angesagt. Ich merke, dass ich gerade Vorsätze wahrmache, die eigentlich wirklich nur vage Vorsätze waren, die ich aber vor Corona bei jedem Supermarktbesuch gekonnt ignoriert habe. Also: brav alles wegkochen, bevor was Neues gekauft wird. Endlich mal die Dosen da ganz hinten im Vorratsschrank benutzen. Nicht noch mehr Gewürze kaufen, herrgottnochmal! Danke, Corona, du Arschgesicht. Ich esse jetzt endlich das Dosensauerkraut (zu faul zum Selbermachen) und züchte Frühlingszwiebeln im Wasserglas.

Aber einmal die Woche muss ich dann doch raus, Milch, Eier, die Basics halt. Ich setzte erstmals meinen formschönen Mundschutz auf, den ich aus einer Stoffserviette gezaubert hatte und war nach dem Einkauf sehr von mir beeindruckt. Dafür dass ich keine Ahnung habe, wie man eine Nähnadel hält, war das ziemlich super. Ich konnte gut atmen, der Schutz lag recht eng an (vermutlich nicht eng genug, aber immerhin) und dank des tollen Bügels beschlug auch meine Brille nicht.

Ich entschied mich, nicht nach Sonderangeboten und Preisgünstigkeit zu gehen, sondern nach: schnell rein, schnell raus. Der Edeka ist näher an meiner Wohnung als der Lidl, also wurde es der. In dem Markt kenne ich mich auch weitaus besser aus, ich weiß, wo alles ist, was bedeutet, ich kann sehr schnell einkaufen und muss nicht lange rumirren. Außerdem ist er meist leerer als der Lidl.

Es waren gefühlt deutlich mehr Maskenträger im Markt als noch vor einer Woche. Auf der Straße sehe ich quasi nie jemand damit, aber gestern mehrere junge Männer, die einzeln einkauften sowie einen Vater mit seiner kleinen Tochter, beide mit Mundschutz. Die Plastikscheibe an der Kasse hat noch eine weitere, schräge Scheibe bekommen, so dass man die Kassierenden jetzt überhaupt nicht mehr anatmen kann. Sehr gut.

Alles bekommen, es gab Klopapier, das ich aber nicht brauchte und: HEFE! FRANZBRÖTCHEN FÜR ALLE!

In der Mittagspause gönnte ich mir die zweite Folge von Masterchef Australia, meiner allerliebsten Lieblingskochshow, ich schwärmte schon mal ausführlich. Sonntag begann die zwölfte Staffel, allerdings mit einigen Änderungen. Meine geliebten drei Juroren waren alle nicht mehr dabei, eine schnelle Googlesuche weist auf Vertragsprobleme hin. Zweite Änderung: Es gibt keine neuen Kandidat*innen, sondern laute alte, denn das Motto in diesem Jahr lautet „Back to win.“

Die Idee, das Publikum nicht völlig zu überfordern mit einer neuen Jury und 24 neuen Gesichtern, ist vermutlich gar nicht mal so doof. Aber im Moment bin ich noch nicht so recht überzeugt von den drei neuen Jurierenden, auch wenn jetzt immerhin eine Dame dabei ist. Die alten Kandidat*innen finde ich allerdings noch gewöhnungsbedürftiger. Bei einigen freue ich mich, sie noch einmal zu sehen, es sind aber auch durchaus welche dabei, bei denen ich froh war, als sie endlich rausgeflogen waren, weil sie mich so genervt haben. Aber gut, schauen wir mal weiter. Meine Güte, es ist Masterchef Australia, das wird schon gut werden. Pfft.

Mittagessen aka Late Lunch, wie immer, wenn ich am Schreibtisch sitze und erst gegen 16 Uhr davon aufstehe: Spaghetti mit Bärlauchpesto. Der Osterhase brachte nämlich auch noch Bärlauch mit. Davon steht jetzt ein kleines Gläschen im Kühlschrank und ich freue mich sehr.

Ich war zu hungrig, den herrlich-grünen Teller zu fotografieren. Wenn der Magen so richtig knurrt, sind die elf Minuten Kochzeit der Lieblingsnudeln aber auch echt eine Unverschämtheit.

Der Fotograf heißt Joshua Bickel. Hier steht mehr über die Pappnasen auf dem Bild: „Ohio Public Radio’s Karen Kasler posted about the protestors on her Twitter. You can see their signs proclaiming things like, “Open Ohio: We want our rights back” and “My inherent rights don’t end where your fear begins.”“