Tagebuch Montag, 10. August 2020 – Corona-Test
Keine Panik, keine Symptome (wenn man das Übergeben von letzter Woche ignoriert), ich wollte es nur mal abklären lassen, bevor ich wieder in den Norden fahre, um für das Mütterlein kiloweise Rouladen, Saucen und Gemüsepäckchen anzufertigen und dafür zu sorgen, dass sie ausschlafen kann.
Der Arzt, bei dem ich einen Termin hatte, bietet die Tests nur am Ende der regulären Sprechstunde an. Ich betrat also um 17.45 Uhr die Praxis, sagte mein „Hello, my name is“-Sprüchlein auf – und wurde sofort wieder rausgeworfen: „Bitte draußen warten!“ Direkt hinter mir kam noch jemand für einen Test, der wurde auch ins Treppenhaus geschickt. Immerhin war hier ein leichter Luftzug vom Fahrstuhl oder vom Ventilator in der Praxis ein Stockwerk drüber zu spüren. Wir füllten unsere Aufnahmezettelchen aus und warteten. Und warteten.
Im Haus befinden sich Wohnungen und Praxen gemischt. Eigentlich sind Praxen ja super als Nachbar: immer jemand in der Nähe, falls man sich mal böse verschluckt oder die Kochmesser unerwartet scharf sind und nach 18 Uhr ist Ruhe. Dass man sich irgendwann an potenziell infektiösen Menschen, die im Treppenhaus rumlungern, vorbeiquetschen muss, hat vermutlich auch niemand vorausgesehen.
Gegen 18.30 Uhr kam ich dran, ich hatte gerade eine Leseprobe von Amazon auf dem iPhone durchgelesen, perfekt. Der Arzt entschuldigte sich für die Wartezeit, fragte nach Symptomen – nö –, nach möglichen Kontakten – Corona-App says no – und steckte mir dann vorsichtig ein Wattestäbchen in die Nase. Ich konnte gerade noch sagen, dass das andere Nasenloch vielleicht besser wär, da ist kein Piercing im Weg, dann ging das Stäbchen durchs ungepiercte Nasenloch, ich dachte noch, das fühlt sich an, als ob das Stäbchen im Nichts verschwindet, als es plötzlich hinten am Rachen kurz kratzte, und dann war schon alles vorbei. Das Gefühl konnte ich auch nach längerem Überlegen nicht in Worte fassen, das war ganz neu. (Kommt direkt auf den Jahresendfragebogen.) Es tat nicht weh, es war nicht mal wirklich unangenehm, nur sehr seltsam. Ich musste sinnloserweise an einen Dialog aus Broadcast News denken, wo Holly Hunter die Stimme im Ohr vom Anchorman William Hurt ist, die wiederholt, was Albert Brooks ihr sagt, der wiederum vor dem Fernseher steht, alles mit ansieht und vor sich hinmurmelt: „I say it here – it comes out there.“ So ein ähnliches, fast körperloses Gefühl war das, weil, soweit ich weiß, mir noch nie jemand da hinten im Rachen rumgekitzelt hat.
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Der Rest vom Tag war Orgakram und Bürozeug und Dings. Und zu warm zum Kochen war’s auch. Aber für einen Salat und mal wieder die FAZ hat’s gereicht.
Das Tellerchen mit den Steinen darin ist die Wasserquelle für Insekten, wenn ich dieses Jahr schon keine Blümchen auf dem Balkon habe, um Bienen und Hummeln zu beglücken (kein Auto, Corona, alles doof). Ich sehe blöderweise immer nur Wespen am Wasser anstatt der flauschigen Viecher, aber man will ja nicht diskriminieren.