Tagebuch Mittwoch, 12. August 2020 – Französisches Landbrot und Schanigarten

Der Tag fing nicht ganz so gut an und ging auch nicht ganz so gut weiter, aber da ich nicht frustfutternd auf dem Sofa enden wollte, überlegte ich mir Gegenstrategien. Erste Idee: Bibliothek des ZI, auch weil Klimaanlage. Dann entschloss ich mich aber doch todesmutig zu einem Spaziergang, weil bei mir Couchkartoffel schon Spazierengehen für die Endorphinproduktion reicht, das muss gar kein zweistündiges Workout sein.

Ich ging zum nächsten stummen Verkäufer und erwarb die FAZ, schlenderte über den fast kühlen Friedhof in meiner Nähe (Bäume! So toll!) und bummelte dann zum Lieblingsbäcker fast an der Uni, wo ich ein französisches Landbrot erstand, das die Damen und Herren nur mittwochs anbieten. Es ist ein Weißbrot, aber mit fester Kruste und einem weichen Innenleben, die so gut miteinander funktionieren, dass es einem nicht auseinanderbröselt, wenn man es frisch anschneidet. Es ist kaum süß, schmeckt mit allem und ist dabei kein Riesenlaib, so dass man ihn gut über zwei, drei Tage verspeisen kann. Außerdem nahm ich mir ein 25er mit, das ist quasi das Standardbrot, das es in zwei Größen gibt. Ich nahm das große und fror es zuhause ein, denn die Backstube macht ab nächste Woche zwei Wochen Urlaub.

Auf dem Rückweg holte ich mein Buch aus der Packstation, das ich mit dem Geschenkgutschein der letzten Tage erworben hatte, und kam deutlich sichtbar angeschwitzt wieder zu Hause an. Das hatte gut getan, trotz der für mich eher unangenehmen Temperaturen. An der Packstation musste ich mein Handy für den Code aus der Hosentasche ziehen und steckte es danach anscheinend etwas nachlässig wieder zurück, jedenfalls produzierte der kleine Computer ein bisschen Kunst, ohne dass ich es darauf angelegt hatte.

Zum Abendessen gab’s mal wieder die Frühlingszwiebelfladen. Projekt „Kühlschrank und Vorräte leeressen, bevor ich in den Norden fahre“ läuft gut.

Abends war ich dann schon fast am Wegnicken, alle Fenster der Wohnung waren wieder geöffnet, nachdem sie tagsüber hinter herabgelassenen Rolläden fest verschlossen sind, als eine DM von F. kam. Er war mit einem gemeinsamen Freund auf einem Konzert im Olympiastadion gewesen und nun in unserer Stammkneipe eingekehrt, die draußen, wie in diesem Sommer so viele Lokale, einen Schanigarten hat. Da war noch Platz für mich, und so kam ich noch zu zwei Bierchen. Aus denen dann irgendwie nach 23 Uhr, als wir reinmussten, ich weiß nicht, wie das immer passiert in diesem Laden, insgesamt vier wurden. Das hat sich fast wie ein normaler Abend angefühlt, wenn man die Plastikscheiben zwischen den Tischen ignoriert.

Ich freue mich außerdem über die Bezeichnung „Schanigarten“, die sich irgendwie durchgesetzt hat. Ich hätte eher was wie „ausnahmsweise genehmigte Parkraumbewirtschaftung“ erwartet. Wir sprachen über das Sitzkonzert, das beide besucht hatten und ich erwähnte einen Tweet, den ich vorher in der Timeline gehabt hatte (finde ich gerade nicht wieder): Dort war ein Bild aus England, wenn ich mich richtig erinnere, abgebildet, wo vor einer Bühne lauter kleine Plattformen mit genügend Abstand zueinander errichtet waren, auf denen jeweils vier Stühle standen. Der Tweet-Schreiber wies auf „our new times“ hin und wollte vermutlich sagen, wie schlimm das alles ist, aber der Großteil der Replys lag ganz auf meiner Linie: Wie toll, endlich Platz, keiner kommt dir zu nahe, du kannst sitzen, jetzt noch einen mobilen Getränkeservice und dann zahle ich dafür gerne Geld.