Tagebuch Montag, 21. September 2020 – Ein Krönchen nur für mich

Den Vormittag verbrachte ich auf dem Behandlungsstuhl meines Zahnarztes. Nach Handdesinfektion, zwei Minuten Wartezeit (unter dem Zeitschriftenregal wohnt eine Spinne) und den üblichen Floskeln der Mitarbeitenden („Alles gut bei Ihnen?“) durfte ich meinen MNS abnehmen und bekam das übliche Lätzchen. Wo ich für meine Kronen jetzt den blöden Abdruck über mich ergehen lassen hätte müssen mit dem gefühlt stets zu großem Löffel und gefühlt stets zuviel Knetmasse oder was immer das auch ist, in das der Abdruck zurückbleibt, griff der zahnmedizinische Fachangestellte (gerade ergoogelt, dass das schon länger nicht mehr „Helfer:in“ heißt) zu einem länglichen Scanner, mit dem er meine Zähne entlangfuhr, schnell und schmerzlos. Dann kam die übliche Spritze, die mein Zahnarzt aber so in das vorbetäubte Zahnfleisch setzen kann, dass ich sehr selten etwas davon merke, so wie gestern auch. Als ich nichts mehr spürte und die Twitter-Timeline leergelesen hatte, kam der einzige anstrengende Teil: die halb abgebrochene alte Krone musste vom Zahnstumpf entfernt werden. Das klang fürchterlich, war aber okay. Danach wurde erneut gescannt, und als die Bilder auf dem Monitor erschienen, setzte ich meine Brille auf und sah interessiert zu, wie der Zahnarzt der Fachangestellten das Gerät erklärte, was er tat und warum. Dann durfte ich wieder warten, guckte aus dem Fenster, wartete, und nach 15 Minuten hatten kleine Elfen aus einem Stück Keramik mit digitaler Unterstützung meine Krone gefräst. Die passte sofort, auch beim Zusammenbeißen fühlte sich alles top an, und auch heute morgen bin ich noch sehr zufrieden. Nix mehr mit Provisorium und nächste Woche wiederkommen, alles gleich erledigt. Toll. Jetzt habe ich wieder hübsche Keramik im Mund, nur für mich, weil den letzten Backenzahn sowieso nie jemand sieht.

Mein Zahnfleisch und mein Kreislauf fanden das allerdings nicht ganz so toll. Ich musste noch zur Uni-Bib und ein paar Bücher abholen, wofür ich mir einen Bustransport gönnte anstatt das Fahrrad zu nehmen. Im Sitzen merkte ich dann auch, dass das eine gute Idee gewesen war. Auf der Rückfahrt sah ich, dass im vor Kurzem geschlossenen Antiquariat Hauser nun eine Bäckerei residiert. Netterweise haben sie die schicke Eisenfassade und sogar den alten Schriftzug übernommen, ich hoffe, nicht nur vorläufig.

Eine Schüssel Müsli zum Mittag, Kreislauf wieder hochkriegen, Kreuzworträtsel der NYT lösen – Montag ist immer der einfachste Tag, das ging gut –, und um 14 Uhr war ich dann wieder fit genug, um zum ZI zu radeln.

Dort blätterte ich in ein paar Bestands- und Ausstellungskatalogen, scannte mir ein paar Seiten ein, die ich in der Wedemark weiterlesen werde, machte mir Notizen und war mit der Ausbeute zufrieden.

Abendbrot: Reste des Currys, das mich die halbe Krone gekostet hatte, mit frischem Zitronenreis. Zwei alte Folgen Top Chef geguckt, und dann kam auch schon F. vorbei, auf den ich jetzt eine Woche verzichten muss. Ich alter Backfisch bin darob etwas verstimmt.