Tagebuch Dienstag, 6. Oktober 2020 – Erster Zoom-Call
Schreibtischtag. Ich bereitete mein vermutlich letztes Doktorandenkolloquium vor, auf dem ich meine Diss vorstellen möchte – auch als Übung für die Verteidigung. Ich werde vermutlich auf beiden Veranstaltungen nicht genau dasselbe erzählen, aber erstmal muss ich mir darüber klar werden, was ich überhaupt erzählen will. 360 Seiten in 15 Minuten zusammenzufassen, ist doch schwieriger als ich dachte. Also las ich gestern einen großen Teil meiner Diss quer und hielt mich dann hauptsächlich an den Zwischenfaziten und dem Schlussteil fest, in denen ich meine sensationellen Funde und Erkenntnisse brav aufgezählt habe.
Nachmittags hatte mein ewiges Quengeln endlich Erfolg gehabt und F. lud mich per Mail zu einem Zoom-Meeting ein. Ich bin bisher durch die ganze Pandemie ohne eine einzige Videokonferenz gekommen, wenn man von dem einen virtuellen Treffen mit den Hamburger Damen absieht, das aber per Facetime stattfand, wenn ich mich richtig erinnere. Ich wollte testen, ob Zoom noch funktioniert, obwohl ich die Uni-Version auf dem Rechner hatte, denn an der Uni bin ich ja jetzt offiziell nicht mehr. Ging. Was nicht ging, war die Kamera, was aber durch Neustart des Rechners behoben werden konnte. Dann testete ich lustige Dinge wie „Bildschirm freigeben“ und muten und freute mich darüber, dass meine blaue Arbeitszimmerwand ein ganz hervorragender ruhiger Hintergrund für mich ist.
Mein Corona-Kontakttagebuch auf den neuesten Stand gebracht (gestern: keine Kontakte), weiterhin zwei Risiko-Begegnungen in der Corona-App, aber alles auf grün. Die waren zwischenzeitig auf einen Kontakt zusammengeschrumpft, dann war wieder keiner zu sehen, seit vorgestern sind es wieder zwei.
Mit einer Behörde einen Fototermin ausgemacht, um ein paar Protzens erneut abzulichten, weil ich beim Erstkontakt viel zu aufgeregt gewesen war. Dieses Mal hält F. die Kamera und ich die Gemälde. Auf Twitter holte ich mir Tipps zum Abstauben, weil die Dinger seit gefühlt 30 Jahren nicht mehr abgestaubt worden sind, aber ich weiß nicht, ob ich sie morgen umsetzen werde. Mit der Behörde außerdem über die Formulierungen in der Diss gesprochen, die ich ja veröffentlichen muss, um den Titel tragen zu dürfen. Dem Amt ist es nicht ganz so recht, wenn genau zu lesen ist, wo sich die Gemälde befinden, da es in der Vergangenheit anscheinend schon öfter Menschen gab, die sich als Polizist oder ähnliches ausgewiesen haben, um an Zeug zu kommen (oder es wenigstens ablichten zu können), was eventuell als NS-Devotionalie durchgeht. Wieder was gelernt. Ahne allmählich, warum mir die Staatsgemäldesammlungen nicht verraten wollten, wo mein Lieblings-Protzen gerade hängt (gehört ihnen, ist ausgeliehen).