Was schön war, Sonntag, 25. Oktober 2020 – Familienfeierchen
Gemeinsam aufgewacht und noch ewig im Bett rumgelungert. Das war schön.
F. ging irgendwann nach Hause und von dort gleich zu Fuß weiter in den zwölf Kilometer entfernten Vorort von München, wo seine Eltern wohnen. Ich konnte noch zwei Folgen Gilmore Girls, einen Flat White und ein Stück Baguette mit Marmelade einschieben (Samstag nachmittag Baguettes gebacken, deren Teig ich Freitag vor dem Kolloquium angesetzt hatte). Danach machte auch ich mich auf den Weg, allerdings per Rad.
Ich hatte etwas länger überlegt, ob ich mir diese Strecke zutraue. Ja, zwölf Kilometer klingt nicht sehr weit, aber bis jetzt waren meine Fahrten zu irgendwelchen Terminen nie länger als ungefähr fünf Kilometer, München halt, Millionendorf. Zu Beginn der Pandemie bin ich mal geschätzt 15 Kilometer kreuz und quer und entlang des Englischen Gartens geradelt, aber dabei ließ ich mir irre viel Zeit und hatte danach auch ein bisschen Knieprobleme.
Seit einigen Wochen strenge ich mein Knie nun an, denn der lustige Interweb-Sportkurs will dauernd große Ausfallschritte von mir (die cool kids sagen „lunges“), nach vorne, nach hinten, zur Seite, keep it up, keep moving, three more, come on. Die taten am Anfang ein bisschen weh, jetzt nicht mehr, was schon mal sehr schön ist. Außerdem behaupte ich, dass meine Kondition einen Hauch besser ist als noch vor wenigen Wochen, und daher beschloss ich, die Strecke mit dem Rad zu fahren – wenigstens hin, zurück wollten wir uns beide in die S-Bahn trauen, die dann vermutlich schon sehr leer sein würde.
Ich verglich die Strecken, die Google Maps mir ausspuckte, mit der, die mir die MVV-Rad-App anzeigte, bei der man nicht nur die schnellste, sondern auch die grünste Strecke auswählen kann. Die führte mich quasi die ganze Zeit kreuz und quer durch München, war aber sogar kürzer als die von Google Maps, das bei drei Alternativen eine anbot, die zu zwei Dritteln sturzlangweilig geradeaus ging. Und genau die nahm ich dann auch, weil ich meine Tendenz zum gnadenlosen Verfahren auf unbekannten Strecken inzwischen kenne.
Das erste Fünftel der Strecke ging größtenteils durch Gegenden, die ich kannte, die aber gerade von Münchens üblicher Baustellenwut arg befallen sind. Erneut fiel mir auf, dass es für die Autos ewig Schilder und Pfeile und Zeug gibt, um ihnen zu sagen, wo sie bitte langfahren sollten, Radler und Fußgängerinnen sich aber bitte selbst darum kümmern dürfen, ob und wo es jetzt weitergeht. Als ich den Hindernisparcours hinter mir hatte, wurde es aber besser: Ich fuhr geradeaus, musste mich nur zwischendurch über zugeparkte Radwege ärgern und bei dem vielen Laub etwas vorsichtig sein, aber ansonsten war ich nach nicht sehr schneller Fahrt in knapp einer Stunde am Ziel – und fragte mich, warum ich mir vorher darüber so einen Kopf gemacht hatte. Clevererweise hatte ich ein Shirt zum Wechseln dabei, denn ich war doch ins Schwitzen gekommen.
F.s Eltern trafen von außerhalb Münchens in ihrem Haus ein, denn den Vorabend hatten sie bei F.s Bruder und dessen Kleinfamilie verbracht (insgesamt fünf Personen). Der eigentliche Plan war eine gemeinsame Feier gewesen, aber wegen der Infektionszahlen hatten wir das im Laufe der Woche verworfen, und soweit ich weiß, wären mehr als fünf Personen an diesem bestimmten Ort am Samstag eh nicht mehr erlaubt gewesen. Wir köpften Champagner, aßen Torte, dann Käse und Quittenchutney (vergessen, nach dem Rezept zu fragen, das war sehr gut), dann gab es noch einen Wein, huch, damit konnte ja niemand rechnen, und gegen 21 Uhr begaben F. und ich uns auf den Weg zum S-Bahnhof. Der Herr schritt stramm voran, ich bummelte auf dem Rad hinterher, weil ich schlicht lieber fahre als gehe, wir mussten nur drei Minuten warten, und dann fuhr ich erstmals mit meinem Fahrrad S-Bahn. Alles sehr aufregend. Außer uns und dem Rad waren, wenn ich richtig geschaut hatte, nur zwei weitere Menschen im Riesenwaggon.
Vom Bahnhof aus nach Hause geradelt, mich sehr darüber gefreut, dass nichts weh tat, durchgeschlafen, und auch heute morgen findet mein Knie alles prima. Guter Tag.
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Eben trug ich die gestrigen Begegnungen in mein Kontakt-Tagebuch ein. In den letzten Tagen gab es in meiner Twitter-Timeline Diskussionen über die Möglichkeit der Verschriftlichung; ich nutze keine App und kein fancy Programm, ich habe nur ein langes Word-Dok offen. Da ich eh den ganzen Tag am Rechner bin, ist das für mich am schnellsten und am einfachsten, und weil es auf meinem Schreibtisch liegt, sehe ich es auch immer und vergesse es nicht.