Tagebuch Dienstag, 3. November 2020 – Eine von fünfzehn
Schreibtischtag, ich bastele weiter an der Verteidigung meiner Diss. Gestern sah ich auf der Uni-Website endlich die Kandidat:innen und ihre Themen, die in unserer Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften an diesem, meinem, Termin verteidigen. Uns standen drei Termine für 2020 zur Auswahl, zwei sind schon vorbei, der dritte ist jetzt im November. Im letzten Termin verteidigten gerade zwei Doktorand:innen, dieses Mal stehen 15 Namen online, und einer davon ist meiner. Ein kleiner stolzer Moment.
Alle Verteidigungen finden per Zoom statt. Wir hätten die Möglichkeit gehabt, auch in den Räumen der Uni, des Zentralinstituts für Kunstgeschichte oder des Instituts für Zeitgeschichte zu sprechen, aber dafür hätten Hygienekonzepte entwickelt werden müssen, wofür vermutlich niemand von uns so recht einen Kopf hat, ich jedenfalls nicht.
Leider habe ich zu spät auf die Seite geschaut: Der erste mögliche Disputationstermin wäre der 2. November gewesen und den hatten sich auch gleich einige gesichert. Vor meiner eigenen würde ich mir gerne eine andere Verteidigung anschauen, und ausgerechnet gestern wäre eine gewesen, die mich thematisch interessiert hätte. Die nächste ist erst einen Tag vor meiner eigenen, aber dann nehme ich die halt mit. Vermutlich ist es egal, ich werde eh nervös sein.
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Mittags mal wieder Ottolenghis scharfen Tofu zubereitet, und weil ich mich allmählich an scharf rangegessen habe, war er auch erstmals scharf und nicht nur so latent würzig.
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Abends döste ich gerne vor Netflix weg, denn ich hatte mich auf eine lange Nacht eingestellt. Ab 1 Uhr lief CNN und ich klickte abwechselnd bei der NY Times und dem New Yorker rum, aber gegen 3 war ich doch zu müde und ehrlich gesagt ein bisschen mutloser geworden. Ich hatte auf ein deutlicheres Ergebnis für Florida gehofft und auf überhaupt irgendeins für Georgia. Momentan (9.50 Uhr am Mittwochmorgen) gehört Florida Trump und auch Georgia neigt sich sehr in seine Richtung. Überhaupt neigt sich viel zu viel für meinen Geschmack in seine Richtung, obwohl ich natürlich auch weiß, dass die Briefwahlstimmen teilweise noch ausgezählt werden, es ist noch nichts entschieden, ja, schon gut. Aber: Die letzten vier Jahre Trump waren für viele Menschen offensichtlich kein Grund, ihm ihre Stimme zu verweigern; stattdessen haben sich sogar noch mehr für ihn entschieden: 2016 lag er bei knapp 63 Millionen Stimmen, jetzt, noch vor dem Abschluss des Zählvorgangs, sind es bereits über 65 Millionen für ihn. What the hell? (Clinton 2016 knapp 66 Mio, Biden derzeit knapp 67.)
Ich kann es schlicht nicht mehr nachvollziehen. Wo ich mich 2016 zähneknirschend damit abgefunden hatte, dass Clinton anscheinend deutlich unbeliebter war als ich dachte, und ich den Trump-Wähler:innen zugestanden habe, einfach mal ein bisschen zündeln zu wollen, um zu gucken, was passiert, fällt mir jetzt wirklich kein Grund mehr ein. Außer: Sie wollen wirklich alles brennen sehen, weil’s bisher ja so schön gebrannt hat. So wie ich damit klarkommen muss, dass hierzulande Menschen die AfD nicht trotz, sondern wegen ihrer extremistischen Positionen wählen, was mir auch schlicht nicht in den Kopf will.
Ich geh jetzt wieder Nazikram lesen, passt grad gut in die Zeit.