Tagebuch Samstag/Sonntag, 9./10. Januar 2021 – Häuslichkeit und Sportlichkeit

Ich pendelte das Wochenende zwischen Schreibtisch, Sofa, Küche und Yogamatte hin und her, wobei der Schreibtisch nur ein kleines Zeitfenster bekam, die Konzentration wollte nicht so recht. Das neue Jahr hat angefangen, hier in Bayern ist quasi ab heute die erste richtige Arbeitswoche ohne Feiertag, und so hatte sich auch mein Gehirn darauf eingestellt, erst ab heute so richtig zu arbeiten. Als ob ich sonst eher unrichtig arbeite, aber gut, kleiner Klumpen, wenn du meinst. Daher war Wochenende eben Wochenende.

Ich las, löste das Crossword der NYT und die Spelling Bee, was ich halt so täglich mache, guckte ein paar Folgen „Cobra Kai“, las alles, was ich zum Thema Sturm aufs Capitol lesen konnte, aß zwischendurch weiter Reste aus der Tiefkühltruhe, was zu launigen Kombis wie Leipziger Allerlei mit Nürnberger Rostbratwürstchen führte, aber jetzt ist alles weg, was noch an Herzhaftem und Selbstgekochtem angebrochen oder in Kleinteilen eingefroren war. Nun bevölkern nur noch Eiswürfel, ein paar Stückchen Kuchen, die stets vorhandene Packung TK-Erbsen, tütenweise selbstgebackene Burger Buns und Croissants, ein paar Magnum Pfefferminz und die Notfall-Gustavo-Gusto-Pizza für Tage, an denen selbst eine Stunde Hefeteig gehen zu lassen, zu lange dauern würde, meine Kühlfächer. Und das Tütchen eingefrorener Ingwer in portionsgroßen Stückchen, die ich in Dinge reinreibe.

Die Sporteinheit vom Samstag waren die üblichen Bauchmuskelübungen, die ich dieses Mal anscheinend weniger hektisch erledigte, sondern langsam und aufmerksamer. Ich kam mir danach vor, als hätte ich Yoga gemacht, wenn ich wüsste, wie sich Yoga anfühlt; die wenigen Male, die ich es vor YouTube oder anderen Websites ausprobiert habe, dürften nicht ganz so zählen, weil ich eher damit beschäftigt war, Körperteile zu sortieren als mich tief zu versenken. Aber so fühlte es sich Samstag an, das war schön.

Gestern merkte ich, dass ich meinen Arm immer länger machen muss, um mit Brille Bücher lesen zu können, was mich extrem nervt. Ich erwarb ja im vorletzten Jahr nach über 15 Jahren eine neue Brille und damals hatte die Optikerin mir schon gesagt, eine Gleitsichtbrille wäre überlegenswert, was ich Jungspund natürlich weit von mir gewiesen hatte. (Gleichzeitig gucke ich Jungspund auf meine Zyklus-App und freue mich über inzwischen 160 Tage ohne das verdammte Rumgeblute, ich innerliche 25-Jährige, ich.) Also suchte ich gestern meine alte Brille, um zu überprüfen, ob ich mit der noch lesen könnte ohne Armschmerzen zu bekommen – fand sie aber nicht an dem Platz, an dem ich sie vermutete. Da lag immerhin meine vorletzte Brille, die ich natürlich auch gleich mal aufsetzte, um festzustellen, dass die noch ziemlich gut funktionierte. Seltsam.

Danach verbrachte ich eine knappe Stunde damit, meine Brille zu suchen, dachte mir dann, ach, egal, back halt Kuchen, der macht gute Laune und du kannst innerlich weiter darüber grübeln, wo du das Etui wohl hingetan haben könntest. Ich testete ein neues Rezept, das mir das Internet als „the best ever“ angepriesen hatte – und fluchte vermutlich selten so bei einem simplen Rührteig wie hier, weil sich der Teig in Einzelschritten und Verarbeitungsqualität als total nervig entpuppte. Extrem pissig warf ich die gefüllte Form in den Ofen und zog mir die Sportklamotten an, um meine Aggressionen loszuwerden. Gestern war die fiese Cardio-Einheit dran, bei der ich nach fünf Minuten nach Luft schnappe, aber das war genau das richtige. Als ich kurz vor dem Cooldown an meinen Therabändern zerrte und meine Oberarme wimmerten wie schon der Rest des Körpers, fiel mir noch eine abwegige Stelle ein, an der das Etui sein könnte; die nicht-abwegigen Stellen hatte ich natürlich alle abgeklappert.

Als ich im Sommer an der Nähmaschine saß, fiel mir auch dort schon auf, dass es mir mit der neuen Brille schwer fällt, einen Faden durch eine Nadel zu bekommen, das ging ohne Brille am besten. Der Wechsel zwischen Brille und keiner Brille nervte mich so sehr, dass ich meine alte Brille wieder hervorkramte, mit der das noch ging. Und daher legte ich das Etui in mein Nähkästchen, damit ich sie dort immer griffbereit hatte, wo ich sie gestern auch fand. Jetzt liegt das Etui wieder neben dem mit meiner vorletzten Brille. Falls ich es wieder vergesse, kann ich jetzt das Internet fragen.

Und dann war der Kuchen auch nur so halb okay, aber das war egal, ich war ausgepowert und hatte Netflix.

Entnazifizierung. Eine Geschichte vom Scheitern

50 Minuten auf arte, habe ich selbst noch nicht gesehen, aber ich lasse das mal hier.

The Nazi art dealer who supplied Hermann Göring and operated in a shadowy art underworld after the war

Ein neues Buch über Bruno Lohse. In der Rezension wird die Problematik erwähnt, über Täter der NS-Zeit zu schreiben, was für mich nicht ganz uninteressant war.

Don’t be fooled by the aesthetics

Eine meiner Lieblingskünstlerinnen, Henrike Naumann, schreibt auf Instagram über die lächerlichen Outfits und Verkleidungen der rechten Szene – siehe den Herrn mit den Hörnern auf dem Kopf im Senat. Ich zitiere: „What I have realized is that it is difficult to convince people of the danger of people and movements, when their looks and self-staging seem weird, funny and laughable.“

Hier noch ein, zwei weitere Installationsansichten.