Was schön war, KW 33
Letzte Woche war die Inzidenz hier in München noch in den 30ern, jetzt sind wir seit Tagen über 50 und so langsam habe ich das Gefühl, es wird allen allmählich egal. Fast egal, denn das Restaurant, für das F. und ich am Samstag eine Reservierung haben, zeigte heute auf Insta eine Texttafel, dass nur Geimpfte, Genesene und Getestete reinkommen, was mir den Aufenthalt in einem Innenraum sehr erleichtern wird.
Ich hoffe eh darauf, dass das der Weg sein wird, auch noch die vorletzten zum Impfen zu bekommen: Wenn man nirgends anders mehr reinkommt, ist der Weg zur Ärztin und zur Spritze vielleicht einfach bequemer als sich ständig testen lassen zu müssen.
Das ist allerdings auch nur eine vage Hoffnung. Am Freitag waren F. und ich auf einer Hochzeit im engsten Familienkreis; bis auf die wenigen Minuten im Standesamt fand alles im Garten des Brautpaars statt, aber ich wusste, dass einer der Anwesenden sich störrisch weigert, sich impfen zu lassen, weswegen ich äußerst unentspannt war und nach immerhin fünf Stunden auch nach Hause fuhr. Im Zug, wo ich nicht weiß, ob irgendjemand geimpft ist. Es ist alles Quatsch.
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Aber es war auch vieles schön.
Nach Monaten traute ich mich endlich mal wieder in ein Museum, genauer gesagt, in die Pinakothek der Moderne. Seit 2020 sind dort drei Grossbergs als Dauerleihgabe vorhanden – und ich wusste sogar nur von einem. Ich fiepste daher glücklich unter meiner Maske, als ich gleich drei Gemälde vor der Nase hatte.
An der Nachbarwand hingen zwei Radziwills, von denen ich nur einen im Kopf hatte, keine Ahnung, ob das andere Werk auch schon länger hängt oder hing. Egal, gern gesehen.
Sehr gefreut habe ich mich über ein Wiedersehen mit einem meiner liebsten Kanoldts, dem Halbakt II, und dem Mädchen mit Schmuck von Wilhelm Lachnit. Zwischen den beiden hängt derzeit eine großformatige Fotografie von Cindy Sherman. Die Räume, die sonst meine liebsten im Museum sind – Neue Sachlichkeit, der seit letztem Jahr nicht mehr existente Saal 13 mit der Kunst aus der NS-Zeit, bye-bye Protzen, ich konnte mich nicht von dir verabschieden, sowie die Expressionist:innen –, sind derzeit durchmischt mit Werken der zeitgenössischen Kunst. Bei derartigen Ausstellungen weiß ich nie so recht, wem das eigentlich zugute kommt: Für mich sehen die frühen Arbeiten oft irre revolutionär aus und das Neue wie ein billiger Abklatsch. Aber auch hier, egal, endlich wieder Kunst gucken, und mich über Kiki Smith und ein Werk von Louise Bourgeois gefreut, das ich schon aus der Sammlung Goetz kannte, und über die Paper Drops von Tillmans.
„Howl“ von Kapoor geht übrigens bis unter das Glasdach des Museums. Im Vordergrund ist die graue Brüstung der Rotunde zu sehen, kein Pixelfehler. #nofilter
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Es ist nicht mehr so irre heiß. Radfahren war schön, weiterhin abends einen Negroni auf dem Balkon zu trinken war auch schön. Teilweise habe ich morgens unter der Stadiondecke auf meinem Sofa im Arbeitszimmer den ersten Kaffee getrunken und durch die geöffnete Balkontür ins Grüne geguckt.
Frau Mayröcker knows best.
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Am Samstag übel mit Wein und F. abgestürzt, es war herrlich.
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Auf Netflix gibt es die erste Staffel von „High on the Hog“ über die Ursprünge der afroamerikanischen Küche, die – natürlich – in Afrika lag. Moderator Stephen Satterfield, der durch die Sendung führt, ist mir einen Hauch zu uncharismatisch und seine Beschreibungen der Mahlzeiten, die er genießt, sind etwas zu eindimensional – „mmmh, that’s good“ ist mir ein bisschen zu dünn –, aber seine Gesprächspartner machen das wieder wett. Mir hat vor allem die Folge zum Reis Carolina Gold gefallen – mir war nicht klar, dass der Reisanbau (durch Sklav:innen) einige der Südstaaten reich gemacht hatte.
Das Buch von Jessica B. Harris, auf dem die Serie beruht, liegt auf meiner Merkliste. Es steht hier nur in einer Fachbereichsbibliothek, ich kann es aber nicht ausleihen.
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Von meiner Schwester in Niedersachsen gelernt: Laugencroissants sind ein Ding.
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Ein Buch geschenkt bekommen: „Einstürzende Reichsbauten“, eine Publikation zur neuesten Ausstellung von Henrike Naumann, die ich bekannterweise sehr schätze.
Sie kommt auch in der Sendung „Propaganda aus Stein“ zu Wort. Ich verzeihe mal kurz den albernen Titel; Steine sind erstmal Steine und ein Haus ist erstmal ein Haus und einem Gebäude einzuschreiben, dass es eine Ideologie transportiert, ist genau die Idee, die die Nationalsozialisten in ihrer Literatur verbreiteten. Der Titel führt hier also einen NS-Gedanken brav fort und es macht mich allmählich irre.
Ich mochte an der Sendung aber, dass verschiedene Stimmen zu hören waren: Die einen, die sagen, zum Beispiel die Reichstagsbauten in Nürnberg sollten doch bitte abgetragen werden, weil an ihnen die Ideologie nun doch recht deutlich abzulesen ist, und andere, die sagen, dass es nett ist, dass man dort nach Feierabend ein Bierchen trinken kann und genau das nicht tut, was dort in den 1930er-Jahren gemacht wurde, nämlich in Reih und Glied zu marschieren. Eine Meinung fand ich sehr überzeugend: Wenn wir alle Gebäude einebnen, wird das Überwältigungspotenzial dieser Bauten – und im zweiten Schritt der Partei – den Nachgeborenen nicht mehr klar. Kein Buch, kein Foto, kein Google-Arts-Pixel-Denkmal kann das Gefühl ersetzen, vor diesen Klötzen zu stehen.
Ich versuche hier einen Schlenker zum abgerissenen Palast der Republik, aber ich habe mich zu wenig mit DDR-Architektur befasst, um da ernsthaft etwas sagen zu können. Ich mochte einen Insta-Beitrag von Olly Wainwright sehr gerne, der gerade durch Berlin spaziert: Von ihm weiß ich jetzt, dass es den Palast der Republik noch als Schlüsselanhänger im albernen, überflüssigen und ärgerlichen Humboldt-Forum gibt, das nun an seiner Stelle steht.
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Das Programm für eine Tagung im ZI im Oktober zu Kunst im NS ist raus. Mein Winzvortrag steht auch schon.
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Ebenfalls gern gesehen, weil informativ, nicht weil’s so erbaulich war: die vierteilige ARD-Serie über das heutige Afghanistan. Wir fangen zwar erst in den 1960er Jahren an, aber es erklärt einiges über den Zustand des Landes.
Zu diesem Thema: „What I Learned While Eavesdropping on the Taliban.“
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Im Bücherflohmarkt im Haus, also der Ecke im Hausflur, wo alle ihren noch brauchbaren Kram ablegen, den sich jemand anders einfach mitnehmen kann, lag ein Buch über Marianne von Werefkin. Meins.
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Meine Eltern haben jetzt Internet. Dass ich das noch erleben darf.