Happy-Go-Lucky
Mike Leighs Filme kriegen bei mir immer einen kleinen Vorsprung, weil ich weiß, dass ich etwas geduldiger sein muss als bei dem ganzen amerikanischen Kram, den ich mir sonst reinziehe. Ich weiß, dass die Charaktere sperriger sind und dass es etwas länger dauert, bis ich weiß, worum’s geht. So auch bei Happy-Go-Lucky, den ich normalerweise nach zehn Minuten aus dem MacBook gerissen hätte, weil mir die extremst gut gelaunte Hauptfigur Poppy (Sally Hawkins) extremst auf die Nerven gegangen ist. Wer selbst bei Rückenschmerzen noch lacht und als einzige Reaktion auf ein geklautes Fahrrad “I didn’t get to say good-bye” rausbringt, hat bei mir Teilzeitmisanthrop aber so richtig verloren.
Aber wie immer bei Herrn Leigh entpuppen sich die Figuren dann doch als weitaus mehr als man ihnen zuerst zugetraut hat. Und so habe ich mich nach und nach in diese fürchterliche Nervensäge verliebt und habe ihr zum Schluss wehmütig zurufen wollen: Hab weiter so gute Laune! Gib uns Rest der Welt nicht auf! Und überzeug vor allem deine miesepetrige, spießige Schwester davon, ihren armen Gatten PlayStation spielen zu lassen. Und kümmer dich weiter um Menschen, um die sich sonst niemand kümmert. Und hab weiter Respekt vor denen, die so ganz anders sind als du, denn ich krieg das nicht hin. Und die meisten anderen auch nicht.
Happy-Go-Lucky ist anstrengend – aber auf die Art anstrengend wie freiwillig eine Stunde aufs Laufband zu gehen, weil man weiß, dass man das für sich tut. Oder zu den Eltern zu fahren, wo man von vornherein weiß, dass sie die immer gleichen Fragen stellen, das Essen nie so schmeckt, als ob man es selbst gekocht hätte und man immer noch in seinem Kinderzimmer schlafen muss, aber man weiß, dass es gut ist, was man macht. Nach dem Film fühlt man sich, als hätte man dafür gesorgt, dass es auch dem Rest der Welt etwas besser geht. Und man nimmt sich vor, morgen genau dasselbe zu machen. Immer einen kleinen Schritt Karma nach dem anderen.