Was schön war, Freitag, 26. November 2021 – So weit die Füßchen tragen
Zu Schneefall aufgewacht. Nee, Moment, nochmal: ZU SCHNEEFALL AUFGEWACHT ACH WATT SCHÖN!
Kaffee gemacht und über den Balkon ins Weiße geschaut. Zum wiederholten Male gedacht, dass die Anschaffung der Espressomaschine eine meiner besseren Ideen war.
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Den Vormittag verbrachte ich am Rechner, wo ich an meinen ersten Wikipedia-Einträgen arbeitete. Die existieren bisher nur als Word-Dokument und ich muss für beide (mehr sind es noch nicht) auch noch in eine Bibliothek, daher wird das noch dauern, bis sie mal online sind. Aber das hat Spaß gemacht, Kunstgeschichte und das Interweb zu verbinden. Und: Es ist gar nicht so einfach, einen Lexikonartikel zu formulieren. Wieder was gelernt.
Zu dieser Tätigkeit inspirierte mich ein Online-Seminar, das vor gut zwei Wochen stattgefunden hatte; wer ein paar Splitter nachvollziehen will, guckt sich den Hashtag #kuwiki2021 auf Twitter an. Ich scheue mich inzwischen sehr, von Dingen zu reden, die gut an der Corona-Pandemie sind, aber ich hoffe sehr, dass Online- oder Hybrid-Veranstaltungen weiterhin die Regel bleiben, auch wenn wir alle theoretisch wieder entspannt in Zügen oder Flugzeugen sitzen können. Die Möglichkeit, niedrigschwellig und kostengünstig an Veranstaltungen teilzunehmen, finde ich inzwischen sehr wichtig, auch wenn ich auf meiner ersten anständigen KG-Konferenz Anfang Oktober auch verstanden habe, wie wichtig es für das eigene Netzwerk sein kann, persönlich vor Ort zu sein.
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Ein letztes Weihnachtsgeschenk kam gestern per DPD. Von mir aus können wir jetzt bis zum 24. Dezember vorspulen. Oder nee, eigentlich bis zum 24. Februar, wenn wir, laut Spahn, alle geimpft, genesen oder ähem sind und alles wieder supi ist.
Ich kann nicht mehr so richtig mit dieser Pandemie. Ich schreibe hier mal wieder bewusst gegen die Verzweiflung an. Auch auf Twitter erliege ich wieder dem Doom-Posting, ich muss dagegen ansteuern.
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Die Biokiste ließ bis gegen 15 Uhr auf sich warten. Gleich nachdem ich den Salat in den Kühlschrank und das Obst in die dafür vorgesehene Silberschale auf dem Küchentisch verräumt hatte, machte ich mich zu Fuß auf den Weg in die Stabi. Dorthin radele ich normalerweise, aber bei den vollen Krankenhäusern habe ich ernsthaft Gedankengänge wie „Wenn ich jetzt auf schneenassem Laub stürze, kann sich niemand um meine gebrochene Schulter kümmern.“ Gleichzeitig denke ich: „Im Bus zur Bib sind bestimmt wieder Pimmelnasen.“ Also ging ich wenigstens den Hinweg, und das war sehr schön. Nicht so viele Leute unterwegs wie befürchtet, und ich kam gut und entspannt voran.
In der Stabi war ich vor drei? vier? Wochen das letzte Mal, um Bücher abzuholen. Damals (damals, ha!) galt noch 3G oder ähnlich, der Herr am Eingang guckte flüchtig auf meine Corona-App und winkte mich durch. Das hat sich in der Zwischenzeit geändert: Gestern wurde mein Impfzertifikat gescannt und der Ausweis kontrolliert. Und das vom freundlichsten Menschen aller Zeiten, der sich sehr darüber freute, dass ich da war und mir eine gute Zeit wünschte. Die hätte ich auch gerne im Lesesaal verbracht, wenn da nicht dieses Virus wäre.
Das vermisse ich wirklich: spontan in eine Bibliothek zu fahren, um nur mal eben schnell was nachzugucken, und dann fünf Stunden versacken, weil um mich herum so viel spannende Dinge stehen. So nahm ich fünf dicke Bücher über den Nationalsozialismus mit nach Hause und derart schwer bepackt musste es dann eben der Bus sein, wo natürlich eine junge Dame gerade mit ihrer Mutter diskutierte, welche der teuren Winterjacken es denn sein sollte, und natürlich saß die Maske unterm Kind, weil sie auch noch zwischendurch trinken musste. Niemand im Bus hatte Lust auf Diskussionen, aber ich stieg trotzdem zwei Stationen zu früh aus, scheiß auf die schweren Bücher. Die gute Laune, die mir der Stabi-Einlass verschafft hatte, wollte ich mir nicht von Fräulein „Wolfskin sieht aber so billig aus“ verderben lassen.
Mein Weg führte mich an einem kleinen Blumenladen vorbei, und aus einer spontanen Laune erstand ich dort einen Adventskranz, der vor dem Geschäft stand. Dort bekam ich den Tipp, den Kranz bei Temperaturen leicht unter Null ruhig gut abgedeckt auf dem Balkon zu lagern, auch in den Wochen der Adventszeit. Und zwischendurch schön mit Wasser besprühen. Das wusstet ihr vermutlich alle schon, aber mir hatte das noch niemand gesagt. Auch darüber habe ich mich gefreut: Tipps für lau von Menschen, die Ahnung haben und ihr Wissen teilen wollen. Hier einen geistigen Schlenker zur Wikipedia schlagen.
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Eine Avocado und eine Tomate aus der Kiste mit einer Schalotte und Koriander zu Guacamole verarbeitet, das gute Brantner-Brot in Knoblauchöl angeröstet, Postelein aus der Kiste mit dem letzten Rest Eichblatt und Radicchio von letzter Woche vermischt, Festessen. Danach die vorletzte Mandarine. Die können also auch schmecken! Was schön war, ist und vermutlich noch lange bleiben wird: Biokiste. Was die für einen Unterschied macht! Ich bin immer noch fassungslos, wie lange ich eher mieses Obst und Gemüse gegessen habe. Das hatte finanzielle Gründe, aber trotzdem. Ich habe ja auch keinen Wein für fünf Euro gekauft, weil der günstiger ist. Bei dem wusste ich, dass man für fünf Euro nur Schrott kriegt. Wieso glaubte ich dann, dass es bei Gemüse anders ist? (Pandemie Brain.)
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Abends gab’s das BR-Benefizkonzert mit Mahlers 9. Sinfonie. Und danach schlug mir Spotify die Pianistin Di Xiao und ihr Album mit Werken weiblicher Komponisten vor; dabei lernte ich Cécile Chaminade, Mélanie Bonis, Maria Szymanowska und Cecilia McDowall kennen, immerhin Clara Schumann kannte ich.
Das war ein schöner Tagesabschluss. Leider keine Date Night, aus Gründen, wird heute hoffentlich nachgeholt.
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Und dann beim, natürlich, Doom Scrollen im Bett noch mitbekommen, dass Stephen Sondheim gestorben ist. Das erste Lied, das ich in meiner ersten Gesangsstunde singen durfte, war „Send in the clowns“. Dafür habe ich mal den betreffenden Eintrag aus dem alten Blog ins CMS kopiert: 7. September 2004, Anke geht singen.