Tagebuch und Links der letzten Tage: Der große Brocken

Am Montag erschien die überarbeitete Fassung meiner Dissertation in Buchform. An diesem Tag hatte ich Zugang auf mein Autoren-PDF, das stark gekürzt, nämlich nur in Form der Einleitung, hier zu finden ist. Am Dienstag kam dann die schwere Kiste mit den 15 Belegexemplaren, die ich jetzt an diverse Museen und Archive verteilen muss, von denen ich Bildmaterial veröffentlichen durfte. Hier große Vorfreude auf die noch ausstehenden Rechnungen dafür vorstellen. (Nicht.) Hier außerdem Belustigung darüber vorstellen, wieviel ich aus dem Videokurs im Januar mitgenommen habe und so in drei Minuten Musik aussuchen, iMovie öffnen und das mitgefilmte Unboxing auf den Beat schneiden konnte. (Jetzt echt. Man sieht den einzigen Schnitt, den ich machen musste, nicht mal.)

Natürlich rumoren die beiden Ideen, die ich für den zweiten Film im Kurs hatte (Bücher, Essen) noch im Hinterkopf rum. Ich filme mich derzeit bei der Essenszubereitung, habe aber noch keine Ahnung, was ich damit anfangen werde. Außerdem freue ich mich über das Licht in der Bibliothek, mit dem so simple Dinge wie Bratreis großartig aussehen. Ach ja, neuer Teller, von hier, wie alle Lieblingsteller.

Ich habe die Kiste nach dem Auspacken und dem Reinlesen ins eigene Werk erstmal liegen gelassen. Erst gestern griff ich zu Papas Füller, um einige Exemplare mit Widmungen zu versehen. Mein eigenes Exemplar hat meinen guten, alten „Meins“-Stempel bekommen.


Ich bin die ganze Woche über schon komisch drauf, vermutlich weil der große Brocken, der die letzten viereinhalb Jahre mein Denken bestimmt hat, jetzt endlich abgearbeitet ist. Das Buch ist raus, jetzt hoffe ich auf freundliche Rezensionen. Währenddessen sitze ich an einem Aufsatz aus Spaß, weil ich auch dieses Thema endlich mal zuende denken will. Aber es schwingt noch etwas anderes im komischen Bauchgefühl mit.

Einen weiteren Aufsatz habe ich letzte Woche abgegeben. Der musste auf Englisch eingereicht werden, wofür mir netterweise F. seine Hilfe angeboten hatte. Der Mann hat in den USA promoviert und seine Diss dementsprechend auf Englisch geschrieben, daher traue ich seinen akademischen Formulierungskünsten in dieser Sprache weitaus mehr als meinen. Aber, und das ist das Bauchgefühl, F. hatte arg mit dem Text zu kämpfen. Nicht wegen der Übersetzungstätigkeit an sich, sondern weil im Text diverse Zitate von NS-Größen auftauchten. Ich wunderte mich, dass ihn einige der Sätze so schmissen, aber er – und Hamburg – meinten, dass es etwas ganz anderes ist, wenn ich von meiner Forschung erzähle, gerne in meinem üblichen Blogplauderton, als wenn man diesen fürchterlichen, rassistischen, wahnwitzigen und gleichzeitig kühl durchdachten Rotz im Original liest. Ich erwähnte im Blog öfter, dass ich während des Schreibens sehr oft sehr schlechte Laune hatte. Die hatte F. jetzt auch, aber ich war darauf gar nicht vorbereitet. Eben weil ich dachte, ich hätte das doch alles schon tausendmal erzählt. Es ist aber anscheinend doch eine andere Nummer, sich selbst damit direkt befassen zu müssen. Ich fühle mich nachträglich in meiner schlechten Laune und dem „Alles anzünden“-Gefühl bestätigt.

(Edit: Eintrag teilweise gelöscht, weil schlechte Laune erzeugend.)

Auch wegen des vor dem genervten Edit angesprochenen Themas verlinke ich einen Film aus der ARD-Mediathek, den ich gestern sah. Das Thema ist mir leider aus meiner Forschung bzw. aus den Doktorandenseminaren nicht unbekannt, aber vielleicht hilft es auch hier, sich direkt damit zu befassen und nicht nur im Blog darüber zu lesen: „Die Versteigerer – Profiteure des Holocaust.“ Sehr sehenswert. (Via Twitter-Account der Niedersächsischen Gedenkstätten.)

Für einen versöhnlichen Abschluss: F. und ich haben uns nach November das erste Mal wieder in die Innengastronomie gewagt. Am vergangenen Freitag genossen wir das Menü bei Tohru Nakamura und waren danach den halben Samstag noch damit beschäftigt. Wie damals beim ersten Tantris-Besuch konnten wir uns nicht sattreden an den Herrlichkeiten, die wir serviert bekommen hatten. Das war das dritte Mal bei diesem Koch; das erste Mal saßen wir 2019 im Werneckhof, der 2020 wegen Corona schloss. Nakamura eröffnete daraufhin einen Streetfood-Laden, machte hochwertiges Hähnchen-Fast-Food und Burger, bot Sterne-Menüs zum Mitnehmen an und hatte im letzten Jahr für mehrere Monate ein Pop-up, wo wir auch waren. Jetzt hat der Mann endlich ein eigenes Restaurant, und man sieht und schmeckt die Entwicklung. Alles war fokussierter, präziser und selbstbewusster. F. hat uns für sein Geburtstagswochenende bereits erneut einen Tisch reserviert und ich kann es kaum erwarten.