Montag bis Samstag, 2. bis 7. Januar 2023 – The week of blergh

So lange hatte ich noch nie mit Magen und Darm zu tun und ich würde mich freuen, wenn diese Woche die einzige in meinem Leben bliebe, in der ich so viel Zeit im Bad verbringen muss.

Team Reiskocher. Mit meinem Reiskocher kamen nicht nur Topf und Messbecher, wie es sich gehört, sondern auch ein Dämpfeinsatz für Gemüse. Bisher habe ich den noch nie verwendet, weil ich Gemüse lieber anbrate als matschig zu garen, aber was tut man nicht alles für die kleine Diva in der Körpermitte. (*googelt wo genau ist eigentlich der magen*) Meine erste Mahlzeit, nachdem ich das Gefühl hatte, jetzt ist WIRKLICH nichts mehr in mir drin, was aus irgendeiner Körperöffnung aus mir raus möchte, war ein Berg Reis mit gedämpften Karotten, beides elegant im Reiskocher zubereitet, während ich ermattet vom Karottenschneiden schwitzend auf dem Sofa lag. Mit einem Schwung Ketjap Manis gar nicht so übel. Ich habe selten Ingwer und Chili so vermisst, aber Google sagt, bei Magendarmkram vielleicht mal weniger scharf würzen. Meh.

Bevor ich den Silvesterfisch einfror, teilte ich ihn in drei Stücke. Zwei aßen F. und ich am Montag, wobei seiner bei ihm blieb, während meiner … seufz. Am Donnerstag wagte ich mich an das dritte Stückchen, erneut mit Sobanudeln und einem Hauch Yuzudressing. DAS IST NICHT SCHARF! Blieb auch drin. Ich mag anscheinend Lachsforelle sehr gern.

Freitag war der erste Tag, an dem ich das Gefühl hatte, es ginge mir wieder fast wie früher. Nach einer Woche traute ich mich wieder vor die Tür aka weiter als 15 Meter von meinem Bad weg, um mal Müll runterzubringen. Außerdem ging ich für 30 Minuten Mobilitätstraining auf die Yogamatte, um nicht völlig einzurosten. Ging auch.

Dann hatte ich Lust auf Kuchenbacken, natürlich nur für die Seele. Carrot Cake ist schließlich quasi Rohkost und blieb auch brav drin. Ich betrachtete mich als geheilt.

Gestern ging ich daher endlich wieder etwas länger vor die Tür, nämlich in die Pinakothek der Moderne. F. und sahen uns Max Beckmann an; ich hadere noch ein bisschen mit der Ausstellung, muss ich mir nochmal anschauen.

Trauerkarte gekauft. Ich bin anscheinend jetzt in diesem Alter.

Heute habe ich ernsthaft Muskelkater vom Fußweg zur Pinakothek und zurück. Eine Woche rumliegen, keine Kondition mehr.

Ich lese gerade die Biografie von Barbara Bloemink über Florine Stettheimer; ich verlinke bewusst den englischen Wiki-Eintrag, denn der deutsche ist noch nicht so der Bringer. Es fehlen wichtige Details, zum Beispiel, dass Stettheimer die erste Künstlerin war, der das MoMA zu Lebzeiten 1946 eine Retrospektive widmete. Gerade der Abschnitt zu ihrer Rezeption ist im englischen Artikel empfehlenswert.

Bis jetzt mag ich die Biografie sehr gerne, auch wenn ich der Autorin unterstelle, einen Hauch zu viel Sympathie für ihr Subjekt zu haben. Gerade wenn Stettheimers Tagebücher oder Gedichte zitiert werden, schrecke ich manchmal vor einigen unhöflichen oder unverschämten Äußerungen zurück, die Bloemink als „scharfzüngig“ oder „freimütig“ beschreibt. Aber vielleicht bin ich inzwischen einfach eine Prusseliese.

Was allerdings nervt, sind die anscheinend heute üblichen Fehlerchen, weil kein Verlag mehr Geld für Lektorate ausgeben will; ich habe keine Ahnung, ich stelle das nur immer öfter fest, dass ich in immer mehr neuen Publikationen immer mehr Flüchtigkeitsfehler finde, mein eigenes Buch eingeschlossen, herrgottnochmal. Okay, hier wollte ICH kein Geld für ein Lektorat ausgeben, weil 7000 Euro genug waren für den Spaß, meinen Namen auf einem Buchdeckel zu sehen. Für das Korrektorat habe ich 1000 Euro springen lassen, und danach habe ich lustig weiterhin Fehler gefunden. So, haben wir darüber auch mal gesprochen.

Was ich sagen wollte: Es kann sein, dass es inzwischen an meiner NS-Brille liegt, wenn mir hier Fehler oder Auslassungen auffallen. Aber wenn Maler wie Raffael Schuster-Woldan erwähnt werden, den Stettheimer in ihren Tagebüchern kurz als Lehrer anführt, dann würde ich mir etwas mehr Infos zu ihm wünschen als diese Fußnote mit Schreibfehler: „Shuster-Woldan [sic] is best known for a mixture of painting styles between dark, warmish brown colored portraits in Rembrandt-like tones and mythical paintings of naked women and men.“ Hier taugt der deutsche Wiki-Eintrag was. Bitte keine Post wegen „DANN SCHREIB DOCH SELBER WIKI.“ Mach ich ja. Gerade zu diesem Thema.

Und wieder zurück zu was Schönem:

Momentan bin ich zwischen 1890 und 1915 unterwegs, die Zeit, die die Frauen Stettheimer überwiegend in Europa verbrachten, unter anderem in München. Florine nahm Mal- und Zeichenunterricht bei verschiedenen Lehrkräften, unter anderem bei jemandem, den sie in ihren Tagebucheinträgen und Gedichten „Herr Apotheker F.“ nannt. Ein Gedicht mochte ich sehr gerne; sie lernte gerade das Material Kasein kennen. Gerade über den ersten Absatz musste ich sehr lachen.

„Casein was once milk
And then it was cheese
And now it is pictures
How wonderful

At noon came my ‘Meister’
In white tie and tails
To look at my work
How wonderful

Casein looks like fresco
And Herr Apotheker F. said
‘red vill last foreffer’
How vonterfool

I shall paint the walls
For tout New York
On my return
Most wonderful“

Barbara Bloemink: Florine Stettheimer. A Biography, München 2021, S. 56.