Donnerstag/Freitag, 26./27. Januar 2023 – Kaufbeuren
F. und ich besuchten am Donnerstag abend die Eröffnung der Ausstellung „Nippon Mania“ im Kunsthaus Kaufbeuren. Ich fand die Hängung sehr gut; im ersten Stock wird man vorsichtig reingeholt mit eher gegenständlichen Werken, bevor man dann ein bisschen im Minimalismus rumhängt, sich an wenigen Skulpturen erfreut sowie den Altmeistern, die ja immer gehen. Im zweiten Stock kommen die Kunstwerke, mit denen man sich in Optik und Aussage vielleicht erst anfreunden muss.
Viele der Künstler und Künstlerinnen werden von der Münchner Micheko-Galerie vertreten, auf deren Artsy-Website man auch diverse Werke anschauen kann. Ich persönlich habe mich in die Keramik von Kayoko Mizumoto verliebt (Monster Kawaii 3 Herzchen-Emoji oder wie ich es nenne: HÖRNCHEN!), die fein gebastelten Papierwerke von Katsumi Hayakawa sowie die Holzschnitte bzw. deren Schablonen von Kenichi Yokono.
Sehr empfehlenswert für einen ersten Einblick in japanische Gegenwartskunst – und nur ein Stündchen Zugfahrt von München entfernt.
—
Dann wollten wir nur noch ein Bierchen trinken gehen, aber der Dicke Hund war so gemütlich, dass es ein paar mehr wurden. Und wer mir nach Ladenschluss auf die vorsichtige Frage, ob vielleicht noch ein Absacker ginge, antwortet „Na, ein kleines Bier kann ich euch noch machen“ und mir dann 0,3 vor die Nase stellt (aka ein normales Bier in Hamburg), hat eh gewonnen.
—
Am Freitag morgen erfreuten wir uns an einem guten Frühstücksbuffet im Hotel quasi direkt neben dem Kunsthaus. Vor allem das perfekt gekochte weiche Ei begeisterte; die kleinen Dinge halt. Ich merkte erst, als ich den heißen Dotter im Mund hatte, dass das jetzt genau das richtige war nach den ein, zwei kleinen Bierchen vom Vorabend.
Zwei Kirchen hatten wir am Donnerstagabend schon im Dunkeln angeschaut, und ich freute mich über noch nicht abgebaute Weihnachtsbäume. In die katholische gingen wir im Hellen noch einmal, um die Fenster zu würdigen. Dann spazierten wir ein bisschen durch die malerische Altstadt und verbrachten anschließend sehr aufschlussreiche Stunden im Stadtmuseum Kaufbeuren.
Wir begannen in der Krippenausstellung, bei der ich beim Reingehen sagte: „Im Vorbeigehen lernen“, was bei uns Code ist für „Wir rennen durch, bleiben notfalls mal stehen, aber eigentlich erledigen wir das nur pflichtschuldig.“ Das klappte so gar nicht, denn F. faszinierten sofort ein paar Holzschnitte, während ich an einer Madonnenskulptur hängenblieb, dann lernten wir, was Fatschenkinder sind, dass es die Heiligen Drei Könige von Playmobil gibt, dass es Jahreskrippen gibt, die nicht nur zu Weihnachten aufgestellt werden, dass man Krippen auch aus Papierbögen basteln kann und dass einige der vielen liebevollen Details von Krippen wie Musikinstrumente wie von einer aus dem Bayerischen Nationalmuseum auch für Musikwissenschaftler*innen interessant sind, weil sie so detailreich nachgebildet und damit eine wertvolle Quelle sind.
Nach der Sonderausstellung, die nur noch wenige Tage zu sehen ist, schnell noch vorbei, lohnt sich, begannen wir im Erdgeschoss mit der ständigen Ausstellung, wo ich mich erstmal bei einem Jesus in der Datierung um ein paar Jahrhunderte vertippte. Ich sah ihn nur aus den Augenwinkeln beim Reinkommen, fand ihn absolut expressionistisch und dachte daher, logisch, erstes Viertel 20. Jahrhundert. War dann aber von 1350.
Vermutlich mag ich auch deshalb das ähnlich einfach gestaltete, aber hochdramatische Gerokreuz im Kölner Dom so gern. Sieht ähnlich modern aus, ist aber ewig alt. (Wir hätten den barocken Firlefanz einfach überspringen sollen.)
Wir mochten am Museum die recht konzentriert zusammengetragenen Stücke, man wurde nicht sinnlos zugeballert mit allem, was vermutlich im Depot rumsteht. Die Texte haben mir ausnehmend gut gefallen in Tonfall, Informationstiefe und Länge. Und: Es gab immer was zum Anfassen, Rausziehen, Hochklappen, man musste für manche Infos arbeiten anstatt Vitrinen leerzulesen, aber das tat sehr gut. Im Teil zur Hutmode über die Jahrhunderte konnte man nicht nur Exponate sehen, sondern auch Gemälde bzw. Fotos von Menschen, die diese Hüte trugen. So einfach, so eindrucksvoll. Generell kam mir alles sehr nahbar vor, die Ausstellungsstücke wurden immer gut in einen historischen, aber vor allem menschlichen Kontext gesetzt. Wie auch das Kunsthaus äußerst empfehlenswert.
—
Im Café nebenan bestellten wir zum späten Mittagessen Prinzregententorte und ein Stück mit spanischer Vanille. Oder wie der Kellner zur Dame an der Kuchentheke meinte: „Einmal Prinz, einmal spanisch, bitte.“ Wie alles in Kaufbeuren toll. Da fahren wir sehr vermutlich noch mal hin. Und schon ist der kleine Urlaub wieder zu Ende.