Tagebuch Sonntag, 20. August 2023 – Lucille Clifton
Sehr lange auf dem morgendlichen Balkon gesessen mit dem derzeit üblichen Glas Lungo und ordentlich Milchschaum, plus Wasser, alles auf einem silbernen Plastiktablett, das ich mal wieder vom Mütterchen überreicht bekommen habe beim letzten Besuch, „nimm mit“. Ein Buch ausgelesen, das hatte ich peinlicherweise gestern schon im Blogeintrag vermerkt, den ich nach dem Morgenbalkon verfasst hatte, ein neues angefangen, nämlich „The Nickel Boys“ von Colson Whitehead. Steht seit Ewigkeiten auf meinem Wunschzettel, aber als ich Freitag in der Stadtbücherei meinen neuen Ausweis bekam und danach durch die Regale schlenderte, stand es vor mir, schön auf Englisch, gleich mal mitgenommen. Bibliotheken rocken in jeder Form.
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Es ist zu warm. Kann den Samstag nicht erwarten, wo es endlich tagsüber weniger als 30 Grad werden sollen.
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Viel Gemüse und Obst geschnippelt, weil nicht so wirklich kochlustig bei über 30 Grad. Die Fruchtfliegen leben ihr best life, aber ich habe Balsamicoessig und Spülmittel und deswegen ist ihr best life in meiner Küche recht kurz.
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In einem Artikel im „Atlantic“ stand, dass die Serie „ER“ überraschend gut gealtert sei. Gleich mal die ersten vier Folgen gerewatcht. War okay, aber es hat mich fertig gemacht, dass diese Folgen 1994 entstanden sind. 29 Jahre! Damals war ich ein anderer Mensch! Oder habe ich nur ein anderes Leben gelebt? Denke immer noch darüber nach.
(Ich kann den verlinkten Artikel hinter der Paywall nicht verschenken. Warum nicht, Atlantic? Knurr.)
Im Artikel fand ich auch ein Gedicht, das ich gleich mal vertrötet habe. Hier ist es nochmal:
i am not done yet
as possible as yeast
as imminent as bread
a collection of safe habits
a collection of cares
less certain than i seem
more certain than i was
a changed changer
i continue to continue
what i have been
most of my lives is
where i’m going
Ellen Cushing, die im Artikel zu ihrer kulturellen Nutzung befragt wurde, antwortete auf die Frage „A poem, or line of poetry, that I return to“ nämlich:
„I am a generally sloppy and frustrated baker, but every time I try, I find myself repeating—as a sort of incantation—the vivid, compact, flawless opening lines from “i am not done yet,” by Lucille Clifton: “as possible as yeast / as imminent as bread.” It’s a poem about becoming, about the endless act of inching closer to who we are meant to be. It says, We are never finished. It says, Maybe today is the day you wait long enough for your dough to rise.“