Dienstag, 12. März 2024 – Erste Sätze
Durchgelesen: Ingrid Strobls Vermessene Zeit. Der Wecker, der Knast und ich.
Strobl starb im Januar 2024, vermutlich bin ich durch einen der Nachrufe auf dieses Buch gestoßen, in dem sie dreißig Jahre nach ihrer gut zweieinhalbjährigen Inhaftierung in München und Essen über diese Zeit schreibt. Dabei reflektiert sie in Einschüben ihre eigenen Erinnerungen und ordnet quasi ihren Text neu ein. Sie schreibt über die Bücher und die Musik, die ihr halfen, sowie die Arbeit an ihren eigenen Büchern. An einem Text knabbert sie ewig, weswegen ich den gleich mal aus der Stadtbücherei lieh: Die Ästhetik des Widerstands von Peter Weiss. Ich wusste ja, dass das nicht die leichteste Lektüre wird und auch nicht das schmalste Buch ist, aber ich ahne, dass ich das nicht in drei Wochen durchlesen werde. Wenn überhaupt. Sieht mir eher nach einem Buch für die Rente aus.
Aber den ersten Satz fand ich schon mal gut:
„Rings um uns hoben sich die Leiber aus dem Stein, zusammengedrängt zu Gruppen, ineinander verschlungen oder zu Fragmenten zersprengt, mit einem Torso, einem aufgestützten Arm, einer geborstnen Hüfte, einem verschorften Brocken ihre Gestalt andeutend, immer in den Gebärden des Kampfs, ausweichend, zurückschnellend, angreifend, sich deckend, hochgestreckt oder gekrümmt, hier und da ausgelöscht, doch noch mit einem freistehenden vorgestemmten Fuß, einem gedrehten Rücken, der Kontur einer Wade eingespannt in eine einzige gemeinsame Bewegung.“
Auf Mastodon poste ich gerne #ErsteSätze aus den Büchern, die ich in der Hand habe. Einfach mal nach dem Hashtag gucken.