Freitag, 19. April 2024 – „Das Leben kommt mit Macht und Glanz, mit Taten und pochendem Herzen“
Oder anders: Wir haben uns Schönbergs Gurre-Lieder in der Isarphilharmonie angeschaut. F. so: „So könnte Wagner klingen, wenn er einen Profi seine Texte hätte schreiben lassen. Aber dann wär’s ja kein Gesamtkunstwerk mehr.“ Ich so: „Da muss man drüber stehen. Wagala, weiala. Hojotoho.“
Ich musste nach dem Konzert erstmal durchatmen, bevor ich klatschen konnte. Aber davor habe ich ein bisschen geweint, sehr viel gestaunt, wurde hervorragend unterhalten und erwischte mich im zweiten Teil dabei, mit offenem Mund den Chören zuzuhören, die einen äußerst fetten Sound vom Balkon runtersangen. Meine Güte! (So! Toll!)
Im Programmheft ist der Text abgedruckt, und eine Zeile gebe ich seit gestern abend dauernd von mir: „Tauben von Gurre!“ Im Tonfall von „Völker dieser Welt! Schaut auf diese Stadt!“ Oder wahlweise, weil ich Rodin im Kopf hatte: „Bürger von Calais!“ Es ist der erste Satz im Lied der Waldtaube, das für mich mit eines der schönsten des ganzen Abend war. Gesungen wurde es gestern von Jamie Barton, über die im Programmheft unter anderem folgende Sätze standen:
„Als Solistin bei der BBC Last Night of the Proms setzte sie 2019 Akzente, als sie ein Konzert zur Förderung von Vielfalt und Inklusion gab, das weltweit im TV und auf BBC Radio 3 übertragen wurde. Auch darüber hinaus tritt Jamie Barton zunehmend als Sängerinnenpersönlichkeit auf, die Frauen, queere Menschen und marginalisierte Gruppen mittels ihrer Kunst unterstützt.“
Das kannte ich im Klassiksektor noch nicht so. Außerdem Props für den ganzen Auftritt, bei dem sie sich vielleicht gedacht hat: „Ich bin eine nicht ganz schlanke Frau mit Undercut, die auf einer Bühne steht – mich starren eh alle an, dann kann ich auch das goldene Glitzerkleid tragen.“ Ich bin Fan.
Und ihr könnt das auch werden, denn das Konzert wurde gestern aufgezeichnet. Ich konnte also nicht nur dem größten Orchester ever zuschauen, sondern auch noch diversen Kameramenschen, sehr spannend. Es wird heute abend übertragen, leider erst ab 22 Uhr, what the hell, da schläft mein Mütterchen doch schon!
Falls ihr einen barbiepinken Blazer in der 20. Reihe entdeckt – das war ich.
Mit diesem Blazer passte ich auch ganz hervorragend ins Tantris, wo wir natürlich den Abend in der Bar ausklingen ließen. Ich blieb gestern bei Tequila und bekam als letzten Drink eine Eigenkreation serviert, die nicht mal einen Namen hat, aber bestellt das bei eurem Stamm-Shaker doch auch mal: Tequila Reposado, Cocchi Americano und ein bisschen Maraschino, wenn ich mich richtig erinnere. Der Drink duftete nach Zimt vom Tequila und schmeckte fruchtig-kräuterig – ein perfekter Abschluss des Abends.