Frozen River

Ich mag Filme, die mir eine Welt zeigen, die ich so noch nicht kannte. Und damit meine ich keine Fantasygebirge oder Weltraumkreuzer, sondern eine Welt, die neben meiner eigenen existiert und über die ich nichts weiß oder über die ich nicht nachdenke. Vielleicht nicht nachdenken will. In Frozen River geht es um eine Frau, deren Mann mit so ziemlich ihren gesamten Ersparnissen abgehauen ist. Wahrscheinlich um sie zu vertrinken. Oder sie zu verspielen. Ray weiß es selbst nicht genau, und ihre beiden Söhne wissen es auch nicht. Auf der Suche nach ihm findet sie sein Auto, das gerade von einer Indianerin weggefahren wird. Sie folgt ihr, versucht ihr das Auto wieder abzunehmen, lässt sich auf einen Deal ein – und ist plötzlich dabei, illegale Einwanderer aus Kanada im Kofferraum über einen zugefrorenen Fluss in die USA zu schmuggeln.

Frozen River beeindruckt durch eine Geschichte, die durch jede Wendung Konsequenzen hervorbringt, mit denen ich nicht gerechnet hatte. Er zeigt in zwei Stunden zwei ganze Leben – das von Ray und das der Indianerin Lila Littlewolf – mit all seinen Schwierigkeiten und all seinen schönen Momenten. Alles wird nur angerissen, aber alles hinterlässt einen tiefen Eindruck. Beide Frauen sind durch ihre Männer in eine besondere Situation gebracht worden, und beide werden aktiv, um damit fertigzuwerden. Der Film zeigt ihre Stärke, ob gewollt oder erzwungen, und ihre jeweilige eigene Hartnäckigkeit, um an ihr Ziel zu gelangen. Der Film ist von einer Frau geschrieben und gedreht worden (Courtney Hunt), und vielleicht hat er deshalb so hervorragende Frauenfiguren, an denen mal alles stimmt und an denen sich nichts anfühlt wie irgendwie grad hingeschrieben, weil’s halt passt. Große Empfehlung, wenn auch nicht unbedingt für einen Jungsabend mit Popcorn und Bier.