Dienstag, 13. August 2024 – Wahnfried
Das Haus Wahnfried hatte ich schon recht lange nicht mehr besichtigt, und es hat sich auch einiges getan, seit ich das letzte Mal dort war. F. und ich entdeckten zunächst den neuen Museumsanbau, in dessen Untergeschoss man einige Kostüme bewundern kann sowie Bühnenbildmodelle und lauter Diritentenfotos (noch keine Frauen dabei, grmpf). Bei den Kostümen hätte ich mir ein bisschen Kontext gewünscht, Aufführungsfotos, Tonbeispiele, was auch immer, Platz wäre da gewesen. Ähnlich wie bei den Modellen – die sind ja hübsch so als Guckkasten, aber kannst du mir verraten, was das Besondere an eben diesem Bild ist? Warum ist das ausgestellt und ein anderes eben nicht? Ich war etwas underwhelmed, wusste die Klimaanlage aber sehr zu schätzen.
Im Haus Wahnfried selbst fand ich die Dauerausstellung ebenfalls etwas oberflächlich. Ja, ich ahne, dass so gut wie alle Besucher*innen schon ein Grundwissen über Wagner haben, aber so ein Hauch mehr Text an den Exponaten hätte mich dann doch gefreut. Trotzdem sehenswert. Mir haben besonders die Originalquellen gefallen, die in Schubladen in einem Grafikkabinett auf halber Höhe zwischen zwei Stockwerken versteckt waren. Hat sich das Erklimmen der ollen Wendeltreppe wenigstens gelohnt.
Das Wohnhaus von Siegfried Wagner nebenan war gleichzeitig gruselig und eine verschenkte Chance. Es wurde 1933 errichtet, und das Erdgenoss ist zu besichtigen. Es besteht aus vier Räumen, in denen jeweils eine Videostation steht, vor der sich zwei Sitzplätze befinden. Bild und Ton laufen in Dauerschleife und informieren über die politische Nutzung von Wagners Musik bzw. die Vestrickungen seiner Nachfahren in den NS-Zeit. Die Filme fand ich von Länge und Aussage her gut, aber es scheint sie nur auf Deutsch zu geben, ich sah jedenfalls keine Kopfhörer für andere Sprachen als Alternative zum Raumton auf Deutsch. Das meine ich mit verschenkter Chance. Gruselig war die teilweise noch vorhandene Einrichtung; ich hatte im Laufe der letzten Jahre natürlich oft genug „Die Kunst im Deutschen Reich“ in der Hand, in der auch über Kunsthandwerk (Möbel, Geschirr) geschrieben wurde. Das noch zu besichtigende Esszimmer sieht aus wie eine Doppelseite aus der Zeitschrift und ich fand das äußerst unangenehm, mitten in ihr zu stehen.
Trotzdem sind Neubau und die Videos natürlich um Längen besser als die ewig vorherrschende Überhöhung des „Meisters“ und das Ignorieren der Umtriebe der Familie Wagner während des NS. Was ich eben erst gesehen habe: Teile der Nachlässe sind sogar online.