Montag, 12. August 2024 – „Tannhäuser“ in Bayreuth

Den „Tannhäuser“ von Tobias Kratzer, Rainer Sellmaier und Manuel Braun hatten wir 2019 schon im halbbesetzten Festspielhaus in der Generalprobe sehen dürfen; danach genoss ich noch den Livestream im selben Jahr. Dann kamen lauter Dinge dazwischen, aber in diesem Jahr bekam ich den Online-Verkauf der Festspiele zufällig mit, mein uralter Login funktionierte noch und ich kaufte spontan zwei Karten, um F. mal das vollbesetzte Haus vorführen zu können.

Ich merkte erst vor Ort, wie sehr ich mich auf die Festspiele gefreut hatte, ich war ja schon öfter da gewesen und dachte, ich wäre mit dem Kram durch. Aber als F. eilig aus dem Regionalzug stieg und mit meinem Koffer in der Hand zum Ausgang rollte, merkte ich erst, dass mir der kurze Blick vom Bahngleis zum Festspielhaus fehlte, der halt irgendwie dazugehört. Deswegen stiegen wir um 15 Uhr, nach kurzem Ausruhen und Aufdotzen im Hotel, auch nicht an der nächstgelegenen Bushaltestelle hinter dem Haus aus, sondern an der unten am Hügel, um eben diesen dann zu Fuß zu erklimmen, was ich eigentlich in feinem Zwirn bei 30 Grad nicht wollte, aber dann doch merkte, dass es mir fehlen würde, die Festspiele nicht mit einem anständigen Blick zu beginnen, sondern oben bei den Probebühnen. Das war schön. Und heiß und ich schwitzte schon viel zu früh, aber das tue ich ja immer, weil die blöden Festspiele halt immer bei 30 Grad sind.

Die Aufführung hat sich sehr gut gehalten; F. erzählte mir in der ersten einstündigen Pause, dass er weniger auf de Musik geachtet hätte, sondern mehr auf die Inszenierung. Ging mir ähnlich. Seit 2019 haben wir mehrere Stücke von Kratzer und seinem Team gesehen, zuletzt die unglaublich gute „Passagierin“ in München, und seitdem wissen wir, dass alles auf der Bühne eine Bedeutung hat und guckten deshalb noch genauer hin.

Das Stück arbeitet sehr viel mit Video, und schon während der Ouvertüre war die erste Änderung in der filmischen Begleitung zu sehen: Manni/Oskar sucht sich aus einer Batterie von Schnapsflaschen eine aus und prostet traurig einem Foto von Stephen Gould zu. Gould war der erste Tannhäuser dieser Aufführung, er verstarb im letzten Jahr. Spontaner Applaus im Publikum, auch von mir. Normalerweise wird bei Wagner nie mittendrin geklatscht, im Gegensatz zu vielen italienischen Opern, wo jede große Arie einen Sonderapplaus bekommt, aber hier musste das sein.

Die zweite Änderung, an die ich mich erinnern möchte, war die Videosequenz im sogenannten Dirigentengang, wo Fotos der vielen Dirigerenden der Festspiele hängen. Le Gateau Chocolat erweitert das Plastikschild mit dem Titel per Filzstift kurzerhand um ein „*innen“, denn 2024 war das erste Jahr, in den mehr Frauen als Männer am Pult im Orchestergraben standen.

Für weitere Details verweise ich faul auf meinen oben verlinkten Blogeintrag zum Livestream, da steht alles Weitere. Das hat mich doch mehr gefreut als erwartet, noch einmal bei den Festspielen zu sein; eigentlich hatte ich nach dem Herheim-Parsifal (2011 und 2012 gesehen) von ihnen Abschied genommen.