London in 600 Wörtern

In Heathrow haben sogar die Laufbänder Linksverkehr.

Wenn deine Kolleginnen vor der Party noch shoppen wollen, komm lieber nicht mit, denn du wirst die einzige sein, die wirklich was kauft. (Wer kann denn auch an Muji vorbeigehen? Oder am chocolate store im Kaufhaus Liberty?)

(Schicke Schoki auf hässlichem Hotelteppich.)

Wenn man auf der völlig überfüllten, aber durch fürchterliche Weihnachtsbeschmückung taghell erleuchteten Oxford Street seine Kolleginnen sucht und deswegen etwas ziellos durch die Gegend läuft, hat man sofort einen unfreundlichen Engländer im Rücken, der einem ein “Stop walking funny in front of me” zuraunzt. Und man kann froh sein, dass es durch die Menschenmassen viel zu laut ist, so dass er dein genauso unfreundliches “Stop talking stupid behind me” nicht mehr hört und dir dafür auf die Nase haut.

(Ach ja, in irgendsonem Obstladen war ich auch.)

Die Gilde der Waffenschmiede vermietet ihre ehrfürchtige Halle an feiersüchtige Werber, die so die Gelegenheit haben, ihre Weihnachtsparty inmitten von uralten Rüstungen, Schwertern (Schwertern!), Hellebarden, Lanzen und Wappen zu begehen.

Feiersüchtige Werber lassen sich von Zauberern vom Essen und vor allem Trinken abhalten, wenn diese a) total niedlich aussehen und b) unglaubliche Tricks vorführen. Wie den relativ „banalen“ Trick mit dem „Merk dir mal die Karte, steck sie zurück, isses die hier?“ und wenn dann die Antwort „Nee, isse nich“ kommt, zehn Zahlkarten hinzulegen, bis die gemerkte Karte kommt und dann zu fragen „Aber ergeben die Zahlen vor der gemerkten Karte deine Telefonnummer?“, worauf man acht ungläubige Zuschauer am Tisch hat, die kaum glauben können, dass das wirklich die Telefonnummer des Mädels ist. Isse aber.

Nimm dir nicht zuviel für den Tag nach der Party vor, denn man muss erstens ausschlafen und zweitens schön frühstücken und erst dann kann man los. Was für mich hieß: keine Tate Modern, sondern nur St. Paul’s Cathedral, halbwegs bequem vom Hotel zu Fuß zu erreichen (30 Minuten). Wie doof, wenn man dann feststellt, dass ausgerechnet heute die blöde Kathedrale (RIESENGROSS, DAS TEIL) zur Besichtigung nicht freigeben ist bzw. erst dann wieder, wenn man schon im Taxi (SCHWEINETEUER, DIE FAHRT) zum Flughafen sitzt. Aber Zeit für einen ausgedehnten Museumsbesuch hat man auch nicht. Also schnell die Kulturpläne geändert und über die Millennium Bridge zum Globe gegangen.

(The Globe, the Tate, and the final proof that I can’t take a good picture to save my life)

Am Fuß der Millennium Bridge eine … ähm … ungewohnte Einstimmung auf Weihnachten: ein freundlicher Jamaikaner spielt Rudolph the Red-Nosed Reindeer auf Steel Drums.

Im Globe eine begeisternde Führerin, die unter anderem erzählt, dass vor 400 Jahren auch gerne mal vom zweiten Rang runtergepinkelt wurde (“… and people thought it was raining”), dass die Schauspieler ab und zu das Publikum einbeziehen und Fragen in die Menge stellen (“Only answer when you are sure an answer is expected. Otherwise 1499 people stare at you, and two seconds feel like two hours”) und dass früher die Theater von Shakespeare und Christopher Marlowe in erbittertem Konkurrenzkampf lagen (“Same with football today. You support one team, you don’t go to see another. Seems like human behaviour hasn’t changed much in 400 years”).

(“All the world’s a stage, and all the men and women merely players“)

Wenn schon nicht St. Paul’s, dann wenigstens St. Bartholomew, dachte sich Frau Gröner, schließlich ist das Ding auch uralt und ganz in der Nähe wurde William „Braveheart“ Wallace hingerichtet, geh ich halt da hin, guter Plan, bis mir die freundliche Pastorin die Tür vor der Nase schloss und sagte, dass gerade eine Hochzeit stattfände. Also ins nächste Starbucks gegangen, ein Stückchen Schokotorte genossen, den Guardian gelesen und ein bisschen die Füße erholt, bis die Zeit langsam drängte. Ins Hotel, ins Taxi, ins Flugzeug, ins Taxi, in die Badewanne, ins Bettchen, in die Arme vom Kerl.

600 Worte in 33 Stunden. Vielleicht hätte ich doch noch den Sonntag dranhängen sollen. Dann wäre auch der olle Paule wieder offen gewesen. Hoffentlich.

6 Antworten:

  1. das mit dem schweineteuren Taxi nach Heathrow relativiert sich etwas, wenn man alternativ mal mit ÖPVN gefahren ist. Mit dem “Heathrow Express” kostet das für zwei Personen nämlich auch kaum weniger als ein Taxi vom Charing Cross.

  2. Hmm…St.Paul’s statt Tate modern? Also wenn ich nicht so viel Zeit hätte, würde ich trotzdem zur Tate gehen, denn alleine die Ex-Maschinenhalle ist atemberaubend. Und Kirchen ähndeln sich ja irgendwie immer und alleine bringt die whispering gallery nicht wirklich *g* (Aber die Aussicht ist gut von der Kuppel…). Merke gerade wie sehr ich mal wieder hin will, Evening Standard in der Central Line lesen.

  3. Da musst du aber nochmal nach London und St. Paul’s besuchen gehen, die Kirche ist von innen noch beeindruckender. Ich hatte die Ehre, spontan an einer Even Songs Zeremonie (schlag mich tot, wie das “richtig” heißt) teilzunehmen!

  4. die riesenhalle mit der spiegeldecke? als ich mit der schule da war warn wir da bestimmt ne stunde drin und sind aufm boden rumgerollt.

  5. http://www.satanslaundromat.com/ war auch in London und hat schöne Bilder gemacht.

    Und ich werd neidisch, wenn Leute in London sind und ich nicht.

  6. War vor kurzem auch in London und schaffte es sogar in St. Paul’s – wird aber gerade renoviert, also verpasst man nicht (gerade) wirklich was. Habe mich hinterher geärgert, denn ich liebe Kirchen von innnen. Aber von Andacht war da nichts zu spüren, man hörte nur Baulärm und den Pfarrer, der ein schnelles “Vaterunser” ins Mikro brüllte.
    Lieber wieder hingehen, wenn fertig renoviert ist.