re:publica, Tag 3 (Fazit, Ausblick, römpömpömpöm)
Vom dritten Tag der re:publica habe ich nur ein Panel mitbekommen und zwar per Stream: das von Felix und warum das Internet scheiße ist. Ich hoffe, ich plaudere jetzt nix aus, aber sein Fazit war: weil auch die Welt scheiße ist. Das klingt jetzt erstmal sehr pessimistisch, war aber gut und launig begründet, und ich hoffe, jeder kapiert den Insidergag, wenn ich demnächst nur noch sage: „Ich? Ich komme aus Fulda.“
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Dann fassen wir mal zusammen. Meine erste re:publica wird auf keinen Fall meine letzte bleiben, wenn’s den Kram weiterhin gibt, was ich hoffe. Ich hatte überhaupt keine Erwartungen außer: mal gucken. Deswegen kann ich schlecht sagen, dass diese Erwartungen erfüllt oder übertroffen wurden. Ich kann aber sagen, dass ich mit sehr vielen guten Eindrücken wieder nach Hause gefahren bin.
Ich fand es sehr spannend, mich mit Aspekten des Netzes zu befassen, mit denen ich mich sonst nur flüchtig auseinandersetze oder gar nicht. Selbst so simple Dinge wie das Führen einer Beziehung mit gleichzeitiger Nutzung von digitalen Medien habe ich nie großartig hinterfragt, obwohl es Arsch auf Eimer auf mich zutrifft. (Ick hab mein’n Kerl ausm Intaweb. Und er mich.) Und mir von jemandem vor Ort erzählen zu lassen, wie sich gerade die Medienlandschaft in Amerika verändert, hat definitiv mehr Eindruck bei mir hinterlassen als wenn ich kurz online einen betreffenden Artikel überflogen hätte.
Überhaupt: das Überfliegen, Durchscannen, Weiterzappen fiel hier weg. Ich wurde gezwungen, einer einzigen Sache meine Aufmerksamkeit zu schenken. Mache ich bei Filmen oder in der Oper oder bei einem Buch auch, klar, aber ich habe schon gemerkt, dass ich am Rechner sehr schnell ungeduldig werde, Texte manchmal nur überfliege anstatt sie Wort für Wort zu lesen und zu verinnerlichen, gerade wenn es um Netzdinge geht. Hier saß ich in vielen Vorträgen und musste einfach mal zuhören. Ich glaube, das war ABSICHT, dass das Netz nur sporadisch funktioniert hat. Ich war jedenfalls von Stunde zu Stunde mehr angenervt, wenn ich Leute vor mir sitzen hatte, die 60 Minuten lang per Laptop oder Netbook abwechselnd ihre Twitter- oder Facebook-Seite gecheckt haben. Deswegen hatte ich persönlich gar nichts dagegen, dass das nicht jeder und dauernd machen konnte. Und nebenbei: Achtet ihr bitte mal darauf, dass Leute hinter euch eure Passwörter mitkriegen? Danke.
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Was ich auch spannend fand: die unterschiedlichen Arten des Vortrags. Das Panel „Feminismus 2.0“ krankte ein wenig daran, dass keine richtige Diskussion aufkam; es war eher eine elaborierte Vorstellungsrunde (wer seid ihr, warum bloggt ihr, warum ist das wichtig, was erhofft ihr euch?), und dann war die Zeit leider schon rum. Ich fand die Moderatorin gut, weil sie ihre Fragen kurz und knapp hielt, aber dadurch, dass jede/r antworten sollte, waren es eben eher viele Statements nacheinander und keine Diskussion, die ich mir bei vier Teilnehmer_innen erhofft hatte. Das klappte bei Community-Management besser, da widersprach ein Teilnehmer gerne mal einem anderen. Auch hier: sehr gute Moderation, kurze Fragen, viel Zeit für Antworten.
Was mir am besten gefallen hat: das Panel mit Mark Glaser, der gleich von zwei Menschen ins Kreuzverhör genommen wurde, die sich auch gerne mal gegenseitig widersprachen. Sehr gut gemacht, weil so manchmal zwei Seiten einer Medaille beleuchtet wurden und es sich nicht angefühlt hat wie zwei Stichwortgeber und ein Meinungsmensch.
Ein weiteres Thema: Keynote. (Oder Powerpoint für unsere Freunde von der dunklen Seite der Macht.) Fast jede/r Redner/in, der/die alleine auf der Bühne war, ließ sich von Charts begleiten, die das ganze schnell erfassbar machten (Jeff Jarvis) oder es klug bzw. überraschend ergänzten (Tessa, Felix). Leider war das Fehlen der Charts der Punkt, der mir das „Was am Internet hassenswert ist“-Panel ein bisschen verleidet hat. Das hatte zwar einen gewissen Charme, wie die vier Vortragenden da vorne mit Zettelchen wuselten, aber ich glaube, es hätte der Veranstaltung nicht geschadet, wenn die hassenswerten Topics jeweils ein Chart gekriegt hätten.
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Ich war sehr beeindruckt von der Professionalität des Ganzen. Gut, ich bin nicht nach Berlin gefahren mit der Vorstellung, da treffen sich drei Blogger_innen und sitzen ums Lagerfeuer, aber die schiere Masse an Vorträgen, Räumen und Menschen hat mich doch positiv überrascht. Dieses Mal hatte ich mir vorher einen Plan gemacht (ich mach ja immer einen Plan), und an den habe ich mich auch gnadenlos gehalten. Im Nachhinein habe ich das Gefühl: Vielleicht wäre es besser gewesen, sich nicht vorher die Rosinen oder die vermeintlichen Rosinen rauszupicken, sondern mal stur drei Stunden in einem Raum zu bleiben, ganz gleich was es gibt. Quasi sich selber zwingen, über den Tellerrand zu gucken. Und damit habe ich einen Plan fürs nächste Jahr. Ich freu mich jetzt schon drauf.