My middle name is Aphasie oder: Böse Gedanken bestraft der liebe Gott sofort

Entschuldigung

(ich hab nen iPod auf und es ist noch nicht mal 9, wieso sprichst du mich an?)

Können Sie mir sagen

(dass das nicht sofort und eindeutig als Signal verstanden wird: Ich hab Kopfhörer im Ohr oder über dem Ohr oder wasauchimmer, aber jedenfalls ist mein Gehörgang damit verspachtelt, also wieso gehst du davon aus, dass ich dich höre? Was ich allerdings gerade tue, weil der letzte Song just in diesem Moment zu Ende ist und ich auch noch so nett bin, mein Spielzeug jetzt abzuschalten, damit du deine Frage zu Ende formulieren kannst, auch wenn ich diese eigentlich überhören könnte und auch noch großkotzig-unhöflich auf meine weißen Stöpsel deuten könnte, um dir ignorantem Touri im Morgengrauen zu signalisieren, hey, ich hör dich nicht, aber nein, wir sind ja nicht so, wir wollen ja ein guter Mensch sein, hilfsbereit, auch wenn es Montag ist, freundlich, auch wenn es zu früh für wirkliche Gespräche ist, aufmerksam, auch wenn mein Hirn noch im Bett ist)

wo die Poststraße ist?

(Direkt vor deiner Nase, du Nase. Einfach hier geradeaus weiter, dann stehst du schon drauf. Ich sag das jetzt mal laut:)

Ja, also wenn Sie jetzt die Gerhofstraße hier bis zum Ende gehen, dann ist die Poststraße … ähm … also, die liegt dann da und … äh … einfach bis zum Ende und dann … äh …

(das hat sich in meinem Kopf irgendwie besser angehört, hab ich mit mir selbst geredet oder ist noch Musik an oder)

Ah, ich versteh schon, danke.

(Mann, ist die doof. Kein Wunder, wenn man den ganzen Tag Musik auf den Ohren hat.)

(äh)

(äh)

Hmpf.

(Montag, echt, ey. Geh mir weg)

4 Antworten:

  1. Ich hatte mal ein ähnliches Erlebnis. Ich war – wie immer gestresst – in der Innenstadt unterwegs und wurde auf einmal von einem Menschen angesprochen. Ich – in meiner “Ich hab keine Zeit für sowas jetzt”-Laune – wimmelte ihn ab, ohne ihn auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen und ging weiter.

    Er aber kam mir wütend nachgeschossen, hielt mich fast am Arm fest und zischte mit die Worte entgegen: “Was glaubst du eigentlich, wer oder was ich bin? Ich bin kein Penner, du blöde Kuh, ich wollte nur ein Taschentuch haben!!!”

    Wo ist in solchen Augenblicken das große Erdloch, das sich auftut, um einen auf Nimmerwiedersehen zu verschlucken?

  2. Peinlich von der anderen Seite:
    In Istanbul lange mit dem riesigen Stadplan herumgestanden und den Weg gesucht. Irgendwann sprach uns ein freunlicher älterer Herr auf Deutsch an. Nachdem wir es leid waren, dass uns schon wieder jemand etwas andrehen wollte, hat der gute Mann echt gebraucht, um uns klar zu machen, dass er wirklich nur helfen wollte, völlig ohne Hintergedanken. War nicht unpeinlich für die dummen Touris, die wir waren.

  3. Tja, äääähhh…wir scheinen ein ähnliches Leiden zu haben. Ist wohl Zeit für eine Selbsthilfegruppe.

  4. Tja, das Problem bei diesen Lärm-mit-Lärm-Ãœbertönern (also diesen Leuten, die sich beständig unterwegs Geräusche per Ohrstöpsel ins Hirn blasen, obwohl es doch wahrhaftig schon laut genug zugeht auf der Welt und die Ohren unter anderem vor Gefahren im Straßenverkehr warnen sowie der Kommunikation mit der Mitwelt dienen sollen), also das Problem ist, dass die meisten sich tatsächlich unterhalten wollen, ohne die Stöpsel aus dem Ohr oder die Musikke (oder was auch immer) abschalten zu wollen. Ich hab dann ja immer Hemmungen, eine Antwort zu geben, wenn man von so einem Verstöpselten angesprochen wird. Aber die halten das dann für unhöflich, wenn man sich fragt, wie laut man jetzt wohl brüllen muss. Mein Hausmeister neulich auch: Er fegt die Treppe, Handy hängt um den Hals, Schnüre ragen in die Ohren, ich schaffe es, ihm einen kurzen Blick zu mir abzuringen, dann fegt er weiter. Kurzes Schweigen. “Nun sag schon!” blökt er mich an. – Ein komisches Gefühl, den Begleittext zu, wer weiß, Heino? DJ Ötzi? zu sprechen. Hoffentlich erscheint das nicht irgendwann als Remix.