Mein neues Spielzeug

Ich lese viel auf dem iPad. Mehr mache ich damit eigentlich nicht – ich habe einen Film und eine Serienfolge darauf angeschaut, und ja, die Bildqualität ist toll, und ja, das sieht alles super aus, aber meine Güte! das spiegelnde Display nervt wie nichts Gutes und man muss das Ding eben die ganze Zeit in der Hand halten. Oder sich so wie ich einen extrem uncoolen iPad-Ständer aus zwei Sofakissen basteln, die im Sommer nicht ganz so viel Spaß auf den Oberschenkeln machen.

Aber zum Filmegucken habe ich ja auch mein MacBook. Das iPad wollte ich haben, um eben darauf zu lesen. Und das klappt ganz hervorragend. Im Folgenden möchte ich kurz aufschreiben, wie sich einige Magazine voneinander unterscheiden und wie sich eBook-Lesen so anfühlt.

eBooks – iBook-Store

Der iBook-Store ist leider bis jetzt nur eine müde Ausrede für einen Buchladen. Seitdem ich das iPad habe, hat sich die Anzahl der Bücher im Store nicht großartig verändert. Lausige 75 Sachbücher sind zu haben (und davon sind gefühlt fünf von Dieter Bohlen), und auch bei der Belletristik sieht es nicht viel besser aus. Hier sind zwar 35.000 Titel käuflich zu erwerben, aber davon ist die Hälfte französisch (auf englisch gibt’s dafür so gut wie nix) und meist nicht viel günstiger als die Papierversion. Von den 50 Büchern auf meinem Amazon-Wunschzettel war ein einziger Titel zu haben, wobei dort allerdings auch Comics und Englischsprachiges vorherrschen. Trotzdem. Der iBook-Store ist bis jetzt eine schlecht sortierte Bahnhofsbuchhandlung. Da habe ich auch nichts davon, dass ich das Buch von jetzt auf gleich mitten in der Nacht aufs iPad ziehen kann, wenn es mich nicht die Bohne interessiert.

Aber: Das Lesen an sich im iBook-Reader gefällt mir sehr gut. Am rechten Rand des „Buches“ sind wirklich Buchseiten zu sehen, man blättert durch Ziehen weiter anstatt durch einfaches Drauftippen. Durch das Tippen aktiviert man nämlich die Menüleiste, mit der man eine andere Schrift wählen kann (wobei meine geliebte Garamond leider fehlt), es wird angezeigt, auf welcher Seite von wievielen man ist, man kann Lesezeichen setzten, Sätze kopieren oder markieren. Man kann außerdem die Leserichtung des iPads feststellen; das heißt, das Bild dreht sich nicht automatisch mit, wenn man sich anders hinsetzt oder -legt. Ich finde das alles recht hübsch – fehlen nur die guten Bücher.

eBooks – Die Kindle-App

Mit der Kindle-App stehen einem sofort bergeweise mehr Bücher zu Verfügung – nämlich (fast) das komplette Amazon.com-Angebot; einige Werke sind mal wieder nur in Amerika und nicht in Europa zu haben, was ich nicht verstehe, denn auf Papier könnte ich mir das Ding schließlich auch nach Europa schicken lassen. Außerdem ist nicht jedes Buch aus Papier auch aus Bits zu haben, aber die Auswahl ist im Vergleich zum iBook-Store ungleich größer. Ich dachte, ich hätte das Paradies gefunden, aber: Leider kann man die Bücher, die man über die Kindle-App kauft, nicht im iBook-Reader lesen, sondern natürlich nur über die App. Und die ist so dermaßen lieblos gestaltet, dass das Lesen längst nicht so viel Spaß macht wie der iBook-Reader. Keine Seiten am Rand, einfach nur eine weiße Fläche mit schwarzer Schrift, nicht mal den Hauch einer Anmutung von 3D. Das Menü zeigt auf Tipp unter anderem in Prozent (!) an, wie weit man sich schon durch’s Buch gearbeitet hat, man kann die Schriftgröße ändern und die Helligkeit, und das war’s. Hm.

Ich hätte nicht gedacht, dass ich als taktiler Mensch, der Buchseiten so mag und ihren Geruch und das Gefühl, beim Lesen mit den Fingern an ihnen rumzuspielen, genussvoll auf dem iPad lesen kann. Kann ich nämlich. Den kostenlosen Winnie the Pooh habe ich natürlich schon durch, und immerhin hat der iBook-Store Zugriff auf die ganzen lizenzfreien Bücher in der Gutenberg-Sammlung. Daher schmökere ich jetzt gerade parallel bei Huckleberry Finn und drei, vier Buchanfängen im Kindle, die ich mir als Leseprobe geladen habe. Das Lesen selbst ist wirklich angenehm. Aber, und das ist das dicke Aber: Irgendwie lenkt es ab, soviele Bücher gleichzeitig in der Hand zu haben. Und das Internet. Und meine Mails. Und Twitter. Ich merke, dass ich mich bei eBüchern nicht so gut konzentrieren kann. Bei Magazinen ist das lustigerweise nicht so; da kann ich entspannt stundenlang lesen.

Magazine – Der Spiegel

Der Spiegel ist ab Samstag, 22 Uhr, zum Download zu haben – zum gleichen Preis wie die gedruckte Ausgabe, mit ein paar Bildergalerien und Filmchen, die man von SpON kennt, sogar teurer: 3,99 kostet der „Spaß“, ein Zeitschriftenlayout fast unverändert auf dem iPad lesen zu dürfen. Ich gebe zu, ich habe bis jetzt jede Ausgabe gekauft, einfach weil es geht und weil ich am Wochenende mehr Zeit zum Spiegel-Lesen habe als in der Woche. Aber: Es ärgert mich, dass sich anscheinend niemand mal hingesetzt und das Layout an das neue Medium angepasst hat.

Hochkant ist es zweispaltig, im Querformat dreispaltig, und am unteren Bildrand wird angezeigt, auf welcher Seite von wievielen man sich im Artikel befindet. Das ist alles hübsch, aber: Wenn der Artikel mit einem Bild anfängt (was man beim Spiegel ja ganz gerne macht), kommt eine eventuelle Fußnote an der Bildunterschift erst auf der letzten Artikelseite. Mitten im Text finden sich dutzende von Bindestrichen, die wahrscheinlich aus dem Print-Layout stammen, und weil die Artikel eben nicht fürs iPad gestaltet wurden, gibt es auch gerne mal eine letzte Seite, auf der nur ein Wort oder ein Satz stehen. Unschön. Beziehungsweise doof. Das können andere besser:

Magazine – Time Magazine

Das Time Magazine ist elektronisch günstiger zu haben als am Bahnhofskiosk: Es werden ebenfalls 3,99 fällig, während ich für die Printausgabe 6, 7, 8 (?) Euro zahlen muss. Und: Das Magazin ist eindeutig fürs iPad gelayoutet worden, sowohl im Hochkant- als auch im Querformat.

Schöner sieht es quer aus: Da ist es eine gelungene Übernahme des Heftlayouts, Bilder und Text sind gemischt, man hat keine Bleiwüste, sondern wirklich ein Magazin.

Und: Genau wie bei der Wired, die ich mir auf dem Kerl’schen iPad angeschaut habe, „blättert“ man hier anders: Von Artikel zu Artikel kommt man „von links nach rechts“, den Artikel lesen kann man, indem man nach unten scrollt bzw. tippt. Angenehmer und übersichtlicher als beim Spiegel, wo man sich von links nach rechts durch das Heft arbeitet (oder natürlich einzelne Artikel im Inhaltsverzeichnis in der Menüleiste abrufen kann). Time hat auch ein Inhaltsverzeichnis, das ebenfalls extra gestaltet wurde: Statt nur einen Textlink zu setzen, bekommt jeder Artikel hier noch ein Bild, was die Orientierung erleichtert, denn Time springt nach dem Beenden der App immer wieder aufs Titelbild zurück. Da fand ich den Spiegel gelungener, denn der zeigt beim erneuten Öffnen die jeweils zuletzt gelesene Seite.

Das Hochkantlayout von Time funktioniert etwas anders: Hier hat man den kompletten Text auf einer Seite; man blättert also nicht, sondern scrollt nach unten – und dort befinden sich dann alle Bilder bzw. Bewegtinhalte auf einen Blick. Ist vielleicht etwas übersichtlicher, ich persönlich mochte das „magazinige“ Layout im Querformat lieber.

Apropos Bewegtinhalte: wie beim Spiegel eher gering gehalten, nichts wahnwitzig Aufregendes, kann ich auch drauf verzichten.

Magazine – BrandEins

Wie beim Spiegel – leider kein besonderes iPad-Layout. Besonders überraschungsarm ist das Hochkantlayout; das ist nämlich eins zu eins das Print-Layout, nur eben mit deutlich kleinerer Typo, um die ganze DIN-A-4-Seite aufs iPad zu bekommen. Nicht ganz so lesefreundlich. Im Querformat ist es ähnlich belanglos: Da hat man quasi eine obere und eine untere Seitenhälfte und scrollt eben hin und her. Ich gebe zu, ich bin keine Stammleserin der BrandEins, daher kann ich auf diese App ziemlich entspannt verzichten.

The joy of it all

Ich habe mir das iPad vom Kerl erstmal angeschaut, weil ich mir nicht so sicher war, wie angenehm es beim Lesen zu handhaben ist. Denn, wie gesagt, dafür wollte ich es haben. Und nach einem Abend damit war ich überzeugt: Das geht. Und das geht gut. Wenn ich rücklings im Bett liege, macht es keinen Unterschied für meine Puddingärmchen, ob sie ein Taschenbuch oder das iPad halten müssen. Und auch auf dem Sofa lässt es sich entspannt halten. Ich habe auch bemerkt, dass ich neuerdings nicht mehr mein Macbook durch die Gegend trage, wenn ich zum Beispiel in der Küche ein Rezept aus dem Netz nachkochen will oder beim Kerl im Zimmer vor den englischen TV-Sendern rumlungere, zu denen ich natürlich parallel twittern muss. Stattdessen ist das iPad ein angenehmer Begleiter geworden (auch weil sein Akku deutlich länger hält).

Unterwegs war ich damit bis jetzt allerdings nur einmal (Zugfahrt), denn ich Pappnase habe es immer noch nicht geschafft, mir endlich eine Hülle dafür zu kaufen (für die Zugfahrt habe ich mir das Mäppchen vom Kerl geliehen). Und ohne Schutz will ich das Teil nicht in meinen Rucksack stecken, wo tausend andere Dinge es hämisch zerkratzen könnten. In den zwei Stunden habe ich sehr entspannt damit lesen können, und auch die Sonne hat mich nicht gestört. Beim Filmegucken war das, wie gesagt, ganz anders, das geht meiner Meinung nach überhaupt nicht. Aber zum Lesen finde ich es ziemlich gelungen.

Fehlen halt nur noch ein paar tausend Bücher im iBook-Store. Grrrr.

(Wer unbedingt ein Fazit haben will: Nein, kein Mensch braucht das iPad. Aber schön isses schon. Und sobald die Zeit und die Süddeutsche eine vernünftige App haben, lese ich die beiden auch wieder. Ich lese ja sogar wieder den Spiegel – trotz seines doofen Layouts.)