Seven Pounds

Seven Pounds (Sieben Leben) hat eine sehr spannende Grundidee, die sich, wenn man sich vorher nicht über den Film informiert hat, allmählich nach 20 bis 30 Minuten erschließt. Danach muss man allerdings eine Stunde lang Schmalzkram über sich ergehen lassen, bis dann das Ende zwar noch schmalziger wird, aber aus dem Film wieder eine runde Sache macht.

Will Smith spielt Ben Thomas (oder auch nicht), der angeblich für das amerikanische Finanzamt arbeitet und Menschen aufsucht, denen er noch eine Stundung ihrer Steuerschuld gönnt (oder auch nicht). Nebenbei scheint er aber auch noch auf der Suche zu sein nach Leuten, denen er anderweitig helfen kann, und stößt auf eine Frau, die von ihrem Freund geschlagen wird, und auf mehrere Menschen, die dringend auf Organspenden warten. Zusammen mit blitzartigen Flashbacks eines Autounfalls und eines ehemals glücklichen Paares wird langsam klar, wohin die Reise geht.

Ich mochte an Seven Pounds, dass er über weite Teile aus Bruchstücken besteht, die man selbst zusammensetzen darf, was den Film um einiges mitreißender macht als wenn man die Geschichte brav linear erzählt bekommen hätte. Aber auch das rettet ihn nicht davor, im Mittelteil ganz fürchterlich zu versanden, weil die Story sich da mal nicht auf ihr Ziel konzentriert, sondern unbedingt noch ein bisschen Geturtel und ein paar Schnulzen für den Soundtrack unterbringen will. Erst zum Schluss kommt wieder Zug in die Sache, und dann ist der Film auch relativ schnell zuende. Die der Story zugrunde liegende Moral wird netterweise komplett ausgeklammert; man muss keine Für-und-Wider-Diskussionen über sich ergehen lassen, sondern darf alleine mit Thomas’ Entscheidung klarkommen. Deswegen verzeihe ich Seven Pounds auch die Albernheiten mit den Druckmaschinen und den verregneten Gläsern im Gegenlicht, die Kuscheligkeit verbreiten wollten, wo es eher wehtut, sie anzuschauen anstatt sie genießen zu können.

Yes Man

Schnell mal eben nach Schema F runtergedrehte Komödie mit Jim Carrey, der als nörgeliger Bankangestellter nie ausgeht, seine Freunde langsam, aber sicher vergrault und seiner Ehefrau hinterhertrauert, die ihn schon vor drei Jahren verlassen hat. Ein Ex-Kollege bedrängt ihn, zu einem Seminar zu gehen, in dem ein williges Publikum von einem unangenehmen Heilsbringer davon überzeugt wird, zu allem einfach mal laut JA! zu sagen. Wenn jemand mit dir in die Kneipe will – sag ja, anstatt vor dem Fernseher rumzulungern. Wenn ein Obdachloser dein Geld möchte – gib ihm alles, was du hast. Und wenn du an einem schwarzen Brett vorbeikommst, nimm dir alle Zettel mit, die dort aushängen und mach alles, was auf ihnen steht.

Das ist dann auch schon alles, was in Yes Man (Der Ja-Sager) passiert. Jim lernt Koreanisch, nimmt Flugstunden, gewährt jedem Bittsteller einen Kredit, trifft eine tolle Frau und alles ist supi. Dann gibt’s die üblichen Hindernisse, und dann ist alles wieder supi. Und wenn nicht Zooey Deschanel und Rhys Darby, der unnachahmliche Bandmanager Murray aus Flight of the Conchords, mitgespielt hätten, wäre der Film bei mir keine 20 Minuten alt geworden, denn die beiden sind einfach charmant und ein bisschen neben der Spur und nicht so banal wie alles um sie herum.

Wer eine Ausrede braucht, um sich eine Pizza zu bestellen oder einen Eimer Popcorn zu essen, der kann sich Yes Man unproblematisch angucken. Für alle anderen gilt: Direkt neben diesem Film steht in der Videothek bestimmt ein besserer.

Wahlempfehlung

Ich schließe mich nach reiflicher Überlegung so ziemlich jedem Wort von Konstantin an und habe gerade mein Kreuzchen bei der Piratenpartei gemacht:

„– Ich wähle die Piratenpartei trotz ihres beknackten Namens. Ich fand vor bald 30 Jahren auch, dass „Die Grünen“ ein beknackter Name ist.

– Ich wähle die Piratenpartei, obwohl sie in Deutschland, anders als in Schweden, weit davon entfernt ist, drittgrößte Partei des Landes zu sein. Das waren die Grünen übrigens auch mal.

– Ich wähle die Piratenpartei trotz ihrer thematischen Beschränkung auf einige wenige Themen – auch die bereits erwähnten Grünen haben mal als Zweipunktepartei angefangen.

– Ich wähle die Piratenpartei, weil diese Themen (kann man nicht oft genug verlinken, das)

– Informationelle Selbstbestimmung (den meisten von uns als „Datenschutz“ bekannt)
– Patentrecht
– Urheberrecht
– Transparenz und
– Open Access

eben nicht eine schicke Bemäntelung einer heimlichen Verschwörung zur Verbreitung von illegaler Pornografie und/oder zur raschen Vernichtung der Musikindustrie durch ungehemmten Musikklau sind, sondern zentrale Themen der Kommunikations- und Informationsgesellschaft, in der wir nach dem weitgehenden Abschluß der industriellen Gesellschaft leben. Verdammt noch mal.“

Edit: „Freiheit wählen“ von UnPolitik.de:

„Alle oben erwähnten Probleme – und das sind beileibe nicht alle existierenden – sind nicht in den letzten paar Jahren entstanden. Somit muss sich jede Partei mit Regierungsverantwortung, mindestens seit Beginn der 90er Jahre, den Vorwurf gefallen lassen, an der aktuellen Misere, der Parteienverdrossenheit, sowie den finanziellen und bürgerrechtlichen Problemen mit Schuld zu sein. Und leider ist auch anzunehmen, dass sämtliche etablierten großen Parteien nicht willens oder in der Lage sind diese Probleme zu lösen.

Es scheint einfach an der Zeit für neue Lösungsansätze zu sein, welche die etablierte „politische Elite“ nicht zu bieten hat.

Ich glaube an die Demokratie. Ich glaube an die Zukunft, an eine mögliche bessere Zukunft.

Ich glaube, dass das Volk sich nicht von seinen Dienern, den Parlamentariern, vorschreiben lassen darf wann und wie es kommunizieren darf, wann und wo es sich versammeln darf und auf welche Weise es demokratische Willensbildung betreiben darf.

Und ich glaube, dass man zur Wahl gehen muss. Man muss den wählen, der am ehesten dafür steht, mehr Demokratie und mehr Transparenz zu schaffen. Und man muss jemanden wählen, der sich bisher nicht des Missbrauchs seiner politischen Macht schuldig gemacht hat.“

Und: „Ist die Piratenpartei die SPD von heute?“ bei den ruhrbaronen:

„Der 1863 gegründete Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) von Ferdinand Lassalle war wie die Piratenpartei heute eine Protestgruppe mit einem minimalistischen Programm, ganz auf die Interessen einer gesellschaftlichen Gruppe zugeschnitteen, die von den herrschenden Schichten nicht wahrgenommen wurde und für die sich niemand einsetzte. Die Arbeiter. Es ging um das Wahlrecht und Unternehmen in Arbeiterhand. Die Forderungen waren selbst im eigenen politischen Umfeld der gerade entstehenden Arbeiterbewegung umstritten und stießen beispielsweise bei Karl Marx auf offene Ablehnung. Später wurde aus diesem kleinen Verein die SPD.“

How Twitter Changed the Way I Live

Via so ziemlich allen Leuten, denen ich folge: How Twitter Will Change the Way We Live. Gut, die Headline finde ich ein bisschen zu hoch aufgehängt, aber der Artikel spricht genau die Dinge an, die Twitter für mich inzwischen unverzichtbar gemacht haben – was ich selbst nicht geglaubt hätte, bevor ich mich angemeldet habe. Das Stichwort social warmth hat es mir besonders angetan:

“And yet as millions of devotees have discovered, Twitter turns out to have unsuspected depth. In part this is because hearing about what your friends had for breakfast is actually more interesting than it sounds. The technology writer Clive Thompson calls this “ambient awareness”: by following these quick, abbreviated status reports from members of your extended social network, you get a strangely satisfying glimpse of their daily routines. We don’t think it at all moronic to start a phone call with a friend by asking how her day is going. Twitter gives you the same information without your even having to ask.”

Neben dem Status, wann wer aufsteht, sich einen Kaffee holt und wieder am Rechner sitzt, finde ich die Gruppenausflüge, wie ich sie nenne, am spannendsten. Steven Johnson, der Autor des Artikels, beschreibt das so:

“In the past month, Twitter has added a search box that gives you a real-time view onto the chatter of just about any topic imaginable. You can see conversations people are having about a presidential debate or the American Idol finale or Tiger Woods — or a conference in New York City on education reform. For as long as we’ve had the Internet in our homes, critics have bemoaned the demise of shared national experiences, like moon landings and “Who Shot J.R.” cliff hangers — the folkloric American living room, all of us signing off in unison with Walter Cronkite, shattered into a million isolation booths. But watch a live mass-media event with Twitter open on your laptop and you’ll see that the futurists had it wrong. We still have national events, but now when we have them, we’re actually having a genuine, public conversation with a group that extends far beyond our nuclear family and our next-door neighbors. Some of that conversation is juvenile, of course, just as it was in our living room when we heckled Richard Nixon’s Checkers speech. But some of it is moving, witty, observant, subversive.

Skeptics might wonder just how much subversion and wit is conveyable via 140-character updates. But in recent months Twitter users have begun to find a route around that limitation by employing Twitter as a pointing device instead of a communications channel: sharing links to longer articles, discussions, posts, videos — anything that lives behind a URL. Websites that once saw their traffic dominated by Google search queries are seeing a growing number of new visitors coming from “passed links” at social networks like Twitter and Facebook. This is what the naysayers fail to understand: it’s just as easy to use Twitter to spread the word about a brilliant 10,000-word New Yorker article as it is to spread the word about your Lucky Charms habit.”

Die Nacht, in der Obama zum Präsidenten gewählt wurde, habe ich in Berlin verbracht. Zu der Zeit war ich dort gebucht und saß morgens um zwei mutterseelenalleine auf einem Sofa, das nicht meins war – und habe mich trotzdem nicht alleine gefühlt. Denn um mich herum twitterten so viele Leute aus der ganzen Welt Wahlergebnisse, Statistiken und interessante Links, dass ich mich gefühlt habe wie im Wahllokal. Und es kam mir nicht einmal komisch vor, denn durch mein Bloggen habe ich mich schon längst daran gewöhnt, dass Menschen, die ich nur digital kenne, manchmal genauso wichtig und echt für mich sind wie die, denen ich persönlich gegenübersitze. Ich empfinde eine @-Botschaft via Twitter als genau die gleiche Konversation wie die face to face. Ich bleibe inzwischen mit vielen Menschen eher per Mail in Kontakt als per Telefon und habe nicht das Gefühl, eine Gesprächsebene verloren zu haben.

Ein weiterer Gruppenausflug war der Grand Prix, bei dem ich twitternd mit dem Rest der Welt über manche Kostüme gelästert habe. Und ich freue mich jetzt schon auf die Fußballweltmeisterschaft, wo bei jedem Tor Millionen von gleichlautenden Tweets bei mir aufschlagen und ich das Gefühl haben werde, mitten im Stadion zu sein.

Und, ich gebe es ja zu, ich liebe es, Promis zu folgen. Nicht vielen, und einige habe ich auch schon längst wieder entfolgt, aber ich mag diese seltsame Mischung in meiner Timeline, die aus Freunden, Bekannten und völlig Fremden besteht und eben Promis, die man glaubt zu kennen, weil man ihre Filme oder TV-Shows gesehen hat.

“The average Twitter profile seems to be somewhere in the dozens: a collage of friends, colleagues and a handful of celebrities. The mix creates a media experience quite unlike anything that has come before it, strangely intimate and at the same time celebrity-obsessed. You glance at your Twitter feed over that first cup of coffee, and in a few seconds you find out that your nephew got into med school and Shaquille O’Neal just finished a cardio workout in Phoenix. (…)

And because, on Twitter at least, some of those people happen to be celebrities, the Twitter platform is likely to expand that strangely delusional relationship that we have to fame. When Oprah tweets a question about getting ticks off her dog, as she did recently, anyone can send an @ reply to her, and in that exchange, there is the semblance of a normal, everyday conversation between equals. But of course, Oprah has more than a million followers, and that isolated query probably elicited thousands of responses. Who knows what small fraction of her @ replies she has time to read? But from the fan’s perspective, it feels refreshingly intimate: “As I was explaining to Oprah last night, when she asked about dog ticks …”

Ich bin durch Twitter auf so viele spannende Webinhalte aufmerksam geworden, die mir entgangen wären, wären sie „nur“ durch Weblogs propagiert worden. Bei Blogs lese ich immer noch lieber diejenigen, die mir Geschichten erzählen anstatt mich mit Links vollzuballern. Bei Twitter habe ich komischerweise nichts dagegen, dauernd auf Links zu klicken – jedenfalls auf die, die mich erahnen lassen, was sich dahinter verbirgt. Alleine ein Bruchteil aller #Zensursula-Links hat mich politisch mehr motiviert als ich es seit Jahren war. Und auch wenn der Flashmob zum Grundgesetzlesen vielleicht nicht der Reißer war, den man sich erhofft hatte, so hatte ich das zum ersten Mal seit Langem wieder das Gefühl, mich engagiert zu haben, etwas gemacht zu haben, etwas, was wichtig war. Genau wie das Unterzeichnen und Verlinken der ePetition gegen die Internetsperren – die sich sicherlich auch und gerade durch Twitter so rasend schnell verbreitet hat.

Das ganze Gequengele, Twitter verbreite nur Banalitäten und Nichtigkeiten, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ich glaube, die Quengler folgen einfach den falschen Leuten. Oder sie haben keine Lust dazu, sich schon wieder mit einer neuen Technik auseinanderzusetzen, die mal wieder einen Status Quo ändert, zum Beispiel den der Regenbogenpresse, die kaum noch Klatsch veröffentlichen kann, ohne dass die betreffenden Promis kurz und trocken twittern: „Alles erstunken und erlogen.“ Oder den der Politiker, die sich bisher recht sicher waren, dass ihr Wahlvolk sich nur alle vier Jahre mal äußert und dann auch bitte nur per Stimmzettel. Oder ganz einfach den von dir und mir und Hinz und Kunz, die sich plötzlich permanent in einer Konversation befinden und in einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten.

The Sofa News

Hole mit LoveFilm ein bisschen Filmbildung nach, indem ich nur altes Zeug in die Ausleihliste packe, das ich entweder noch nicht kenne oder nur synchronisiert. Bisherige Ausbeute: Lawrence of Arabia (ist mir zu lang, Entschuldigung, Filmgötter, aber der ist nichts für mich), Rio Bravo (hab ich dutzende Male als Kind mit Papa gesehen, ging auf Englisch 30 Jahre später irgendwie gar nicht mehr), The Italian Job (großartig), Pulp (nach 50 Minuten eingeschlafen), A Place in the Sun (auch großartig, aber mit Montgomery Clift und Elizabeth Taylor kann man ja auch kaum was falsch machen).

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Bin gerade in den dritten Band von sieben des Klassikers Auf der Suche nach der verlorenen Zeit eingestiegen. Der erste Band war ein Suhrkamp-Büchlein, noch schön in Garamond gesetzt und von 1992, wo anscheinend nicht genug Geld oder Zeit für ein paar hilfreiche Anmerkungen im Anhang war. Hat mir aber nichts ausgemacht, das Buch mäanderte auch so mit mir durch die Gegend, ich war zufrieden und eingemummelt in meinen lieben, schmeckigen Serifenbuchstaben mit dem geklecksten F, und daher hatte ich nichts zu nörgeln. Der zweite und dritte Band sind nagelneu, lila statt blau, sie haben beide ein Foto von Proust auf dem Einband und vor allem einen richtig dicken Anhang, weil auf fast jeder Seite mir mindestens zwei Fußnoten irgendwas erzählen möchten. Das habe ich anfangs ignoriert – im ersten Band hab ich ja auch keine Sekundärliteratur gebraucht –, aber irgendwann siegte natürlich die Neugier über die Bequemlichkeit, dauernd aus dem Lesefluss gerissen zu werden, um 600 Seiten weiter hinten drei Zeilen über einen Maler oder Schriftsteller oder Koch zu lesen, die heute niemand mehr kennt. Ich glaube nicht, dass es mich wirklich weitergebracht hat, diese Namen erklärt zu bekommen, aber ich habe angefangen, darüber nachzudenken, ob man in zwanzig Jahren auch einen Anhang für die heutige (oder auch schon wieder gestrige) Popliteratur braucht. Ich mag ja Bücher oder Filme, bei denen ich mir schlau vorkomme, weil ich irgendwas dechiffriert habe. Aber hat irgendjemand in zwanzig Jahren noch den gleichen Spaß daran oder sind derartige Bücher schon zwei, drei Jahre nach ihrem Erscheinen belanglos geworden, weil sie ohne die Referenzen nicht mehr funktionieren?

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Habe mir den sechsten Reiseführer aus der Vis-a-vis-Reihe von Dorling-Kindersley gekauft. Auch wenn ich noch nicht vollständig in New York, Washington und Rom war – mein Kopf kennt die Städte schon auswendig.

(Beim Linksuchen gesehen: Es gibt einen Hamburg-Reiseführer. Huschhusch ins Einkaufskörbchen.)

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Die letzten 20 Jahre habe ich nie hinterfragt, ein Auto zu besitzen. Als Landei hat man ja die Tage gezählt, bis man endlich 18 war und damit nicht mehr auf die drei Busse angewiesen war, die durch die Dörfer zuckelten und ab 20 Uhr den Betriebsschluss einläuteten. Durch die Monate in Berlin und die Lustlosigkeit, mich hier in Hamburg um meinen natürlich mit inzwischen leerer Batterie in der Tiefgarage vor sich hinschlummernden BMW zu kümmern, bin ich fast ein Jahr nicht mehr Auto gefahren. Als ich vor zwei oder drei Wochen wieder damit angefangen habe, kam mir alles auf einmal irrsinnig hektisch vor. Wie habe ich mich jemals auf den ganzen Quatsch konzentrieren können? Fahrspuren, Fußgänger, Radfahrer, Zebrastreifen, Straßenverhältnisse, Umleitungen und die Wahl des richtigen Radiosenders? Inzwischen geht’s wieder, aber im vorgestrigen Feierabendstau habe ich mich ganz dringend nach den iPodlärmigen Jungs, den breitbeinig dasitzenden Kerlen, den müden Müttern, den plärrenden Kindern und kreischenden Mädchen im Bus oder in der Bahn gesehnt – denn das hätte ich alles ausblenden können, indem ich ein Buch aus dem Rucksack ziehe.

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Bin gerade mal wieder dankbar. Dass ich soviele Bücher um mich rumstapeln kann, dass ich Zeit habe, sie zu genießen, dass es nie aufhört, spannend und aufregend und mitreißend und traurig und lustig und eine ganze andere Welt zu sein, eine Seite umblättern zu können.

Was wäre mein Leben ohne Amazonrezensionen?

„Roman so langweilig wie das Leben der Hauptperson des Romans, 25. Juli 2000, Von Ein Kunde.

Diese Rezension stammt von: Madame Bovary (Taschenbuch)

Gustave Flaubert, bekannt als Perfektionist hat mit diesem Roman die ganze spontaneität vermissen lassen, die ein Buch angenehm zu lesen machen. Der Roman ist so langweilig, so schwerfällig geschrieben wie es das Leben von Madame Bovary ist. Man könnte sogar meinen Flaubert habe das Buch absichtlich so geschrieben damit der Leser die langeweile ihres Lebens nicht nur liest sondern auch fühlt. Der Roman ist dennoch ein muss für alle Fans der bedeutenden Romane dieser Welt, und um der Allgemeinbildung wegen. Nicht mehr und nicht weniger. Besser ist es auf Hugo, Zola, Beckett, Sartre oder Camus auszuweichen.“

Frau Bovary musste sich mit einem Stern begnügen.

dérive, die Zeitschrift für Stadtforschung, hat in ihrer neuesten Ausgabe das Thema „Stadt und Comic“. Danke an Johanna für den Hinweis.

Thomas Knüwer in einem sehr schönen Artikel über die Generation C64 und warum Herr Schäuble allmählich vor uns Angst bekommt:

„Lassen wir es uns auf der Zunge zergehen: Da soll die Telekommunikation verdeckt überwacht werden wegen Terrorismusgefahr. Oder auch wegen simplen Verbrechern. Alles eins, geht es nach Wolfgang Schäuble. Denn es heißt auch, schön simpel erklärt für die politische Generation Web 0.0:

„Angriffe auf die Integrität und Sicherheit von Datensystemen bergen in unserer modernen Informationsgesellschaft ein hohes Gefahrenpotenzial. Kriminelle können mit einem Mausklick Tausende schädigen.“

Ja, wie jetzt? Es geht also um Betrüger? Schon sie rechtfertigen eine massive Aufweichung rechtsstaatlicher Kriterien? Ja, meint das Schäuble-Papier:

„Eine zunehmende Bedeutung haben internetgebundene Angriffe auf Rechnersysteme von Wirtschaftsunternehmen und Regierungsstellen …

Deutsche Firmen stellen auf Grund der hohen Innovationskraft ein überdurchschnittlich attraktives Ziel für fremde Nachrichtendienste dar.“

Was wird da alles in einen Topf geworfen? Kampf gegen Terror, Kriminalität und deren Prävention, die anscheinend nicht Firmen leisten sollen – sondern der Staat.

Gut möglich, dass die Wirtschaft von dieser Vorstellung mäßig begeistert ist. Denn wieso sollte der Staat mehr Kompetenz im – ohne Frage wichtigen – Kampf gegen Wirtschaftskriminalität und -spionage entwickeln, als ihre spezialisierten Dienstleister? Jener deutsche Staat, der es in einem Treppenwitz von Projekt seit über zehn Jahren nicht schafft, einen digitalen Polizeifunk zu errichten?

Das Mischmasch der Argumente ist bizarr, so wie diese Äußerungen:

„Beispielsweise werden Terroristen in Ausbildungslagern systematisch im Umgang mit moderner Informationstechnik und konspirativer Kommunikation geschult.“

Wahrscheinlich benutzen die sogar Facebook, wird irgendwann ein Politiker einwerfen. Denn für deutsche Volksvertreter ist ja sogar das Einstellen wackeliger Videos bei Youtube ein Zeichen von „Professionalisierung“ der Terroristen.

Zu dem Marmeladeeintrag kommt übrigens ne Menge Post in dem Tenor: „Ich musste sofort Aprikosenmarmelade kaufen.“ Wenn euch das recht ist, drucke ich mir alle diese Mails aus und halte sie dem nächsten Kunden unter die Nase, der meine Longcopyanzeigen nicht haben will, weil ja Bilder viel toller sind und keiner was lesen will und Worte auch nicht so töfte verkaufen wie Fotos. Wirklich? WIRKLICH?

„Tout à coup, Edgar-Lagardy parut.

Il avait une de ces pâleurs splendides qui donnent quelque chose de la majesté des marbres aux races ardentes du Midi. Sa taille vigoureuse était prise dans un pourpoint de couleur brune; un petit poignard ciselé lui battait sur la cuisse gauche, et il roulait des regards langoureusement en découvrant ses dents blanches. On disait qu’une princesse polonaise, l’écoutant un soir chanter sur la plage de Biarritz, où il radoubait des chaloupes, en était devenue amoureuse. Elle s’était ruinée à cause de lui. Il l’avait plantée là pour d’autres femmes, et cette célébrité sentimentale ne laissait pas que de servir à sa réputation artistique. Le cabotin diplomate avait même soin de faire toujours glisser dans les réclames une phrase poétique sur la fascination de sa personne et la sensibilité de son âme. Un bel organe, un imperturbable aplomb, plus de tempérament que d’intelligence et plus d’emphase que de lyrisme, achevaient de rehausser cette admirable nature de charlatan, où il y avait du coiffeur et du toréador.“

Gustave Flaubert, Madame Bovary, Gutenberg-Project.

„Plötzlich trat Lagardy als Edgar auf.

Er besaß jene schimmernde Blässe, die den glühenden Rassen des Südens etwas von der Majestät der Marmorbilder verleiht. Seine kräftige Gestalt umhüllte ein braunes Wams; ein kleiner, ziselierter Dolch schlug ihm gegen den linken Schenkel, und er rollte schmachtend die Augen und entblößte dabei seine weißen Zähne. Es hieß, eine polnische Prinzessin habe ihn eines Abends am Strand von Biaritz singen hören, wo er Fischerbbote ausgebessert habe, und habe sich in ihn verliebt. Sie habe sich um seinetwillen ruiniert. Anderer Frauen wegen habe er sie sitzenlassen, und sein Ruf als Mann mit großen Liebesabenteuern diente nach wie vor seinem Ruhm als Künstler. Der gerissene Mime war sogar darauf bedacht, in die Vorankündigungen der Presse einen poetischen Satz über die bezaubernde Wirkung seiner Person und die Sensibilität seiner Seele einzuschmuggeln. Er besaß eine schöne Stimme, unerschütterliche Selbstsicherheit, mehr Temperament als Intelligenz, mehr Pathos als Empfindung, was alles dazu beitrug, diese bewundernswerte Scharlatansnatur noch mehr hervortreten zu lassen, die etwas von einem Friseurgehilfen und etwas von einem Toreador in sich vereinigte.“

(Reclam, Stuttgart 1972, Seite 276/77, Übersetzung von Ilse Perker und Ernst Sander)

Bücher 2009, Mai

Darwyn Cooke/Dave Stewart – DC: The New Frontier, Vol. 1/2

Mitte der 50er Jahre treffen sich in den USA anscheinend alle Superhelden, die im DC-Universum zu Hause sind und verteidigen mal eben die Welt gegen Außerirdische. Klingt erstmal bescheuert, macht aber wahnsinnig viel Spaß, weil jede Figur genug Hintergrund bekommt, um ihr Tun zu erklären, weil viele, viele Storylines gleichzeitig ablaufen, bis alles im bunten Finale zusammenkommt, und weil der gesamte Stil so herrlich naiv-fortschrittsgläubig ist. The New Frontier fühlt sich an wie ein Propagandafilm der US Army für Astronauten, appelliert dauernd an hehre Werte, ohne dabei zu moralinsauer zu werden und schwappt fast über vor Begeisterung für Jetpiloten und Raketen, die vielleicht irgendwann mal zum Mond fliegen werden. Ich fand’s sehr unterhaltsam.

Frank Miller/David Mazzucchelli/Richmond Lewis – Batman: Year One

Der Beginn der Freundschaft zwischen Batman und Jim Gordon. Laut Wikipedia und IGN Comics der beste aller Batmans. Kann ich nicht beurteilen, hat mir aber sehr gut gefallen.

Darwyn Cooke/Matt Hollingsworth – Catwoman: Selina’s Big Score

Sehr bunt, eher ein Heist-Movie als ein Comic. Selina Kyle alias Catwoman versucht, eine Bande von Komplizen zusammenzutrommeln, um einen Millionenraub zu begehen. Natürlich gibt es Gegner und Freunde und Leute mittendrin, egal, schnelle Geschichte, ungewohnter Zeichenstil, sieht alles eher wie mit Pinseln gemalt als feinlinig gezeichnet aus. Gute Sache.

Karen Duve – Taxi

Mal wieder was ohne Bilder. In Taxi schreibt Karen Duve über eine junge Frau, die nach der Schule Taxifahrerin wird, weil ihr nichts Besseres einfällt und sie Geld braucht. Die Zeit hinter dem Steuer wird deutlich länger als geplant, und ihr ganzes Leben gruppiert sich schließlich um ihre nächtlichen Arbeitszeiten, seltsame Fahrgäste und Kollegen, die zu Lebengefährten und Wohnungsnachbarn werden.

Immer, wenn ich Karen Duve lese, stolpere ich über Sätze, die mir kurz den Atem stocken lassen, weil sie in irgendwelche Kerben hauen, die ich mit mir rumtrage, ohne es zu wissen. Sie ist mir bis jetzt in jedem Buch sehr nahe gekommen, weswegen ich schon im Vorfeld weiß, dass ich das Buch, das ich gerade lese, a) verschlingen werde und b) dauernd damit ringe, es wegzulegen. Ich kenne keine andere Autorin, deren Stil, Themensetzung und Wortwahl mich so mitnehmen. Und so war auch Taxi eher eine Katharsis als ein entspanntes Leseerlebnis. Aber genau wie ihre anderen Bücher ist es eine absolute Empfehlung.

Jeph Loeb/Tim Sale – Catwoman: When in Rome

Den habe ich geliebt – und zwar, weil er nicht den üblichen düsteren, unheilsschweren, das-Schicksal-von-Gotham-City-hängt-von-mir-ab-Tonfall hat, sondern ganz im Gegenteil fast wie eine Sitcom oder ein Buddy Movie daherkommt. Catwoman verschlägt es nach Rom, wo sie mit dem Riddler fertigwerden muss und sich Batman in ihre Träume schleicht. Sehr unterhaltsam und wunderbar getextet. Deswegen bin ich dem Autor/Zeichner-Duo Loeb/Sale erstmal treu gelieben mit:

Jeph Loeb/Tim Sale – Batman: The Long Halloween

Eine laaaange Serie von Morden an der Falcone-Familie, die immer an Feiertagen stattfinden, beschäftigt Batman. Und Commissioner Gordon. Und Staatsanwalt Harvey Dent, der im Laufe der Serie zu Two-Face wird. Mit Gastauftritten von Catwoman, dem Joker, Poison Ivy, dem Pinguin, Mad Hatter, dem Calendar Man, Scarecrow und Solomon Grundy. (Nebenbei: noch mehr Feinde, die ich aber noch nicht kennengelernt habe, finden sich hier. Sehr praktisch for future reference.) Der Band ist sehr episch, sprengt teiltweise die gewohnten Tableaus, um für ein Bild eine ganze Doppelseite zu opfern, was sich auch immer lohnt.

Jeph Loeb/Tim Sale – Batman: Dark Victory

Nochmal das gleiche Team, noch ein Batman – und zu den ganzen Fieslingen kommt jetzt auch noch Nervbratze Robin. Den Kleinen mag ich ja (noch?) gar nicht, was einerseits mit meiner generellen Abneigung Kindern gegenüber zu tun haben mag, andererseits meiner Abneigung altklugen Kindern in komischen Kostümen gegenüber. Der zweiten Sorte begegne ich im Alltag netterweise so gut wie nie, und auch Dark Victory hätte halbwegs ohne den Zwerg funktioniert. Gut, die schöne Parallele der beiden Waisenjungs passt natürlich prima, aber das ganze Konzept „Lonesome Wolf kriegt einen Sidekick“ mag ich nicht wirklich. Trotzdem hat mir Dark Victory gefallen, einfach weil ich anscheinend alles mag, was Loeb und Sale zusammen produzieren.

Marcel Proust – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit 2: Im Schatten junger Mädchenblüte

Der kindliche Erzähler, der von Monsieur Swann und seinen Lebensumständen fasziniert ist, über die wir im ersten Band der Recherche viel erfahren haben, verliebt sich im zweiten Band in Swanns Tochter Gilberte – und 700 Seiten später als Jugendlicher gleich in eine ganze Schar junger Mädchen, die er im Badeort Balbec kennenlernt. Diese Schar ist die titelgebende Mädchenblüte: ein Bukett junger Damen. Wir lernen Albertine kennen, die den Erzähler abweist, und damit ist das Buch dann zuende.

Wie hier schon in den Bemerkungen zum ersten der sieben Bände angemerkt: Die Welt fühlt sich anders an, wenn man Proust liest. Jede Zeile nimmt einen mit, mal in gefühlte Gemäldegalerien, dann in das mondäne Paris der Jahrhundertwende, dann in beeindruckende Landschaften; alles passiert in Sequenzen und Andeutungen und wenig in einer logischen Abfolge, wie ich sie aus „normalen“ Büchern gewohnt bin. Man muss sich immer ein, zwei Seiten in den Stil reinkämpfen, aber dann kann man das Buch kaum weglegen. Wie auch mein Zahnarzt feststellen musste, auf dessen Stuhl ich die Wartezeit mit Marcel überbrückt habe und über dem ich überhaupt nicht mitbekommen hatte, dass inzwischen Arzt und Arzthelferin amüsiert um mich rumstanden und mir beim Lesen zuschauten. Ich war selten so entspannt beim Zahnarzt.

Frank Miller/Lynn Varley – The Dark Knight Strikes Again

Nach gefühlten 100 guten Comics musste endlich mal ne Gurke kommen – hier ist sie. The Dark Knight Strikes Again hat gute und spannende Ansätze wie die mediale Gleichgültigkeit der Amerikaner, die sich mehr darüber aufregen, dass eine Band sich auflöst als dass ihr Präsident nur ein Hologramm ist, das von Bösewicht Lex Luthor gesteuert wird. Außerdem spannend: dass Miller, der aus Batman den düsteren Ritter gemacht hat, ihn jetzt auf ein bonbonbuntes Metropolis loslässt und damit seine eigene Kreation wieder vom Sockel reißt. Das war’s dann aber auch schon; der Rest ist wildestes Rumgehüpfe der Superheldenriege, die hier aus lauter Charakteren besteht, die nur Namen sind und keine Personen, die mir irgendwas bedeuten. Und während mir die Zeichnungen (wie immer bei Frau Varley) gut gefallen haben, war die Kolorierung doch eher von der Sorte „Zu viel Löschpapier auf der Zunge und zu oft das Photoshop-Tutorial „Farbverläufe“ mitgemacht“.

Edit: Der Kerl macht mich gerade grinsend (überheblich grinsend!) darauf aufmerksam, dass Frau Varley die zugekiffte Koloristin war und die Zeichnungen von Herrn Miller stammen. Dann hab ich das bei Ronin also auch falsch verstanden. Comics und ihre vielen Verfasser sind viel zu kompliziert bei diesen Temperaturen.

„und an der inneren weggabelung zwischen verzweiflung und ehrgeiz wähle ich aus irgendeinem grund letzteren.“

Ich war einkaufen. Meinen Ringfinger ziert jetzt ein weißes G auf schwarzem Grund (leider kein A gefunden), und um den Hals hängt mir die Taste mit 5 und % drauf. In schwarz auf weiß. Perfekter Texterschmuck. Danke an @ringelmiez für den Hinweis, in deren Shop ich ja auch schon eingekauft habe.

Überhaupt: Dawanda. Ne Menge schönes Zeug – und viel Schrott, aber eben auch ne Menge schönes Zeug. Diese zwei Drucke hängen bei uns seit einigen Tagen im Bad. Und jetzt geh ich nach grünen Illustrationen für den Flur gucken.

Lady Marmalade

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag schlug um 1.55 Uhr eine eher unfreundlich formulierte Lesermail bei mir auf, die sich klangvoll über meine Kritik zu 300 aufregte und nicht umhin kam, bei all dem Schaumspucken über spartanische Erziehung und Wahrheitsgehalt der Story arg persönlich zu werden. Ich empfinde die Kritik gar nicht als so fiesen Verriss, aber vielleicht hat hansgeorg51 keine Medikamente mehr im Haus oder im normalen Leben genauso viel Schwierigkeiten mit Distanzwahrung wie in Elektropost. Egal. Jedenfalls hat mich sein sicherlich mühevoll komponiertes Oeuvre zu folgendem Tweet hingerissen:

Und genau das mach ich jetzt. Arschloch hansgeorg51, this is for you:

belFruit 75% Frucht

In belFruit 75% Frucht geht es um eine Aprikose. Oder besser gesagt: um viele von ihnen. Wie sie sich zusammenfinden, eine Gemeinschaft bilden und schließlich ihre gewonnene Stärke ausspielen: mehr Frucht als Zucker. Im Gegensatz zu anderen Marmeladen vom gleichen Regisseur liegt hier der Fokus ganz klar auf den Hauptdarstellern, den Aprikosen. Gut, die Nebenfiguren Zucker, Pektin und Citronensäure dürfen auch mitspielen, aber sie halten sich über die gesamten 320 Gramm eher im Hintergrund. Denn wie der Titel schon sagt: 75 Prozent, baby. Endlich mal eine gelungene Charakterdefinition, endlich mal eine Hauptfigur, die hält, was uns das Filmplakat verspricht.

Die Story selbst ist relativ schlicht: pflücken, verarbeiten, abfüllen, gegessen werden. Wobei wir nur den letzten Teil wirklich zu sehen bekommen; der Rest erscheint in gelblichen, teils grobstückigen Bildern nur als Andeutung. Das reicht aber auch völlig, denn sonst wäre die Marmelade viel zu ausufernd geworden. So beschränkt sie sich auf genau die richtige Dauer und zieht einen so über ihre gesamte Länge in ihren Bann.

Ein bisschen was zu nörgeln habe ich allerdings trotzdem. Die Dialoge sind mir zu schlicht gehalten, ja man hört außer dem schluppigen Schlotzgeräusch beim Rauslöffeln nur noch ein zartes Pfllllptt beim Brotaufstrich – ansonsten schweigt belFruit 75% Frucht über die gesamte Filmlänge. Und auch beim Titel möchte ich den Übersetzern wie so oft eine reinhauen, denn zu der Unterzeile „Viel Frucht“ eine weitere Unterzeile namens „Feel good“ hinzuzufügen, ist ein bisschen sehr viel des Guten. Mal abgesehen davon, dass ja schon der Titel aus zwei Teilen besteht, die man vielleicht auch etwas weniger posh hätte formulieren können.

Dafür haben die Setdesigner gute Arbeit geleistet. Das Glas ist feingeschwungen, aber nicht zickig, und das lustige Alumützchen auf dem Schraubverschluss sorgt für die dringend nötige Prise Humor in einem Film, der sonst in Gefahr geraten wäre, zu süßlich daherzukommen. Wer also ein entspanntes Frühstück ohne viel Kopfschmerzen genießen will, dem kann ich belFruit 75% Frucht wirklich ans Herz legen.

PS: Und der Soundtrack ist natürlich auch toll.

Tanz den Jamba.“