Transamerica

Wunderschöner, berührender, emotionaler, lustiger, trauriger, spannender und überhaupt alles-was-an-Adjektiven-noch-geht-Film über einen transsexuellen Mann, der kurz vor seiner Operation zur Frau erfährt, dass er bei einem One-Night-Stand wohl Vater geworden ist. Sein Sohnemann ist inzwischen 17, schafft in den Straßen New Yorks an und sitzt nun wegen Drogenbesitzes im Knast, aus dem Stanley/Bree (Felicity Huffman) ihn herausholen soll. Das tut sie (man hat nie einen Zweifel daran, dass Bree eine Frau ist) dann auch und packt ihn ins Auto, um ihn mit nach Los Angeles zu nehmen, allerdings ohne ihm zu sagen, wer sie wirklich ist. Transamerica beschreibt nun diese Reise quer durch den Kontinent.

Das Schöne an dem Film ist, dass er sich auf seine Hauptgeschichte konzentriert: das Treffen zweier Menschen, die miteinander und mit ihrer Vergangenheit klarkommen müssen. Die eine, weil sie mit sich im Reinen sein will (bzw. muss, laut ihrer Therapeutin, die sonst die Einverständniserklärung zur OP verweigert), der andere, weil ihm schlicht nichts anderes übrig bleibt als sein Leben irgendwie auf die Reihe zu kriegen. Das Thema Geschlechtsumwandlung oder biologische Identität wird zwar am Rande mal mitgenommen, wird aber nie für blöde Kalauer missbraucht. Natürlich dreht sich die Diskussion irgendwann darum, als Sohn Toby mitkriegt, dass die angebliche Kirchenangestellte einen Penis hat, aber selbst dann ist das nicht das Hauptsujet.

Der Film hat ein sehr eigenartiges Tempo. Das reine Unterwegssein versetzt einen als Zuschauer in einen angenehmen Fluss, und bei jeder Unterbrechung wird einem eine neue Geschichte erzählt bzw. ändert sich die Richtung des Films. Am Anfang kreisen die beiden Hauptfiguren noch etwas befangen umeinander herum, schließlich akzeptieren sie, dass sie zusammen unterwegs sind, dann bricht ein kleiner Machtkampf aus – und der resultiert darin, dass Bree ihre Lüge, ihre Eltern seien tot, aufgeben muss. Vater/Mutter und Sohn, der davon noch nichts ahnt, landen im Haus von Brees Eltern. Bisher hat der Film wenig spüren lassen, wie schwer Brees Leben bzw. wahrscheinlich das jeden Transsexuellen ist. Aber die Szene, bei der die Mutter Bree zwischen die Beine greift, um triumphierend festzustellen, dass diese immer noch ihr Sohn sei, ist in ihrer Direktheit und kompletten Unsensibilität schon sehr schmerzhaft anzusehen. Auch wie Toby schließlich erfährt, wer Bree wirklich ist bzw. war, reißt einen ziemlich aus der angenehm warmherzigen Erzählweise.

Transamerica ist sicher ein Plädoyer für mehr Toleranz und Verständnis, aber netterweise trägt er diese Botschaft nicht großmäulig vor sich her. Er erzählt eine schlichte Familiengeschichte mit einer kleinen, aber nicht unwichtigen Wendung. Dass diese Geschichte funktioniert und nicht zu einem tränenreichen Schmalzfest wird, ist vor allem Felicity Huffman zu verdanken, die sich so sicher in ihrer Rolle ist, dass auch wir als Zuschauer gar keine Zweifel daran haben, dass alles so seine Richtigkeit hat.

Why We Fight

Dokumentarfilm über den von Dwight D. Eisenhower erstmals so bezeichneten military-industrial complex. Im Prinzip geht es um den Irakkrieg, warum genau es dazu gekommen ist und was die Vereinigten Staaten da eigentlich immer noch machen, wenn sie doch das ganze Land in wenigen Wochen oder Monaten zu einem souveränen, demokratischen, kapitalistisch orientierten Staat hatten machen wollen. Im Einzelnen werden aber mehrere Geschichten erzählt, die zusammen ein sehr beunruhigendes Bild ergeben.

In Why We Fight kommt u.a. eine ehemalige Pentagon-Mitarbeiterin zu Wort, die am Tag des Kriegsbeginn gegen den Irak ihren Posten verlassen hat, weil sie bis heute der Meinung ist, Amerika und die Welt seien in diesen Krieg hineingelogen worden. Mitten im Film tauchen Bilder auf, die sich heute sehr seltsam anfühlen. Saddam Hussein wurde in den 80er Jahren von der CIA im Irak etabliert, um ein Gegengewicht zum aufkommenden Islamismus des Iran zu bilden. Wir sehen Hussein, wie er einem lächelnden Donald Rumsfeld die Hand schüttelt, wir sehen die Waffenlieferungen aus den USA an den Irak und hören aus dem Off den netten Kommentar: “We know Iraq owns weapons of mass destructions. We have the receipts.”

Der Film bezieht natürlich ganz klar Stellung und macht auf die Verquickungen von Industrie und Militär und die daraus resultierenden Konflikte aufmerksam. Dabei ist er aber nicht ganz so holzschnittartig wie z.B. Michael Moore in Fahrenheit 9/11, und wir müssen auch keine weinenden Soldatenmütter ertragen. Dafür erzählt uns Why We Fight eine andere Geschichte, die ich genauso unfassbar finde.

Im Film lernen wir einen pensionierten Polizei-Offizier kennen, der seinen Sohn bei den Anschlägen am 11. September verloren hat. Er sucht nach einer Möglichkeit, seinem Sohn eine Art Denkmal zu setzen. Als der Krieg gegen den Irak beginnt – der ja damals als Hauptschuldiger für 9/11 genannt wurde –, beschließt der Vater, eine alte Militärtradition wieder aufleben zu lassen und bittet diverse Militärangehörige per E-Mail, den Namen seines Sohnes auf eine Bombe zu schreiben, die über dem Irak abgeworfen wird. Im Nachhinein ist dem Vater klargeworden, dass der Irak nicht der Schuldige ist; er bedauert aber nicht, was er getan hat. Der Film macht spürbar, wie groß die Wut und die Verzweiflung auf ein Land sein können, mit dem man vorher nie etwas am Hut gehabt hat. Man ahnt, dass Väter und Mütter im Irak, die ihre Kinder verloren haben, genauso seltsame Gedankengänge haben können wie der New Yorker Polizist. Und man ahnt, dass die derzeitige Außenpolitik der USA viel weiterreichende Folgen haben könnte, als sie bisher sichtbar sind. Der republikanische Senator und ehemalige Vietnam-Kämpfer John McCaine fasst es gut zusammen: “When do the United States go from being a force of good to being a force of imperialism?”

American Dreamz

Parodie auf die American-Idol-Deutschland-sucht-mal-wieder-Superstar-etc-Shows. Sich über die Kandidaten und ihren teilweise eislaufmuttiartigen Ehrgeiz lustig zu machen, reicht American Dreamz (American Dreamz – Alles nur Show) aber nicht. Stattdessen wird noch ein völlig absurder Erzählstrang eingefügt über einen Iraker, dessen Mutter bei einem amerikanischen Luftangriff ums Leben kam und der nun in einem Terroristencamp ausgebildet wird, aber schließlich mit Bombengürtel als Kandidat in der Show landet. Und noch eins obendrauf: als Gast sitzt niemand geringeres als der Präsident der Vereinigten Staaten in der Jury, der erst vor kurzem angefangen hat, Zeitungen zu lesen, und dessen Vizepräsident, der so dermaßen auf Dick Cheney geschminkt ist, dass es komplett unlustig ist, ihm per Ohrstöpsel alles einflüstert, was er sagen soll.

Der Film will eine Satire sein: auf das Showbusiness, das nichts mehr dem Zufall überlässt und jede Emotion auf Knopfdruck produzieren kann, und auf die Masse an völlig talentfreien Großkotzen, die berühmt sein wollen, weil ihnen nichts Besseres einfällt. Damit hätte man ja schon genug zu tun gehabt, und in Ansätzen ist der Film wirklich lustig. Mandy Moore (wieder erblondet) macht sich ein bisschen über sich selbst lustig und ist daher ziemlich unangreifbar in ihrer Rolle als Mittelklassenkaraokebraut, die plötzlich im Finale steht und dafür über Leichen gegangen ist. Hugh Grant gibt mal wieder das Arschloch; seine Rolle wurde an einen der Moderatoren von z.B. American Idol, Simon Cowell, angelegt. Ich mag Grant ja gerne zuschauen, wenn er durch die Gegend schnuffelt, aber in letzter Zeit mag ich ihn noch lieber, wenn er sich benimmt, als habe er keine Gefühle, denn das kann er ziemlich gut.

American Dreamz muss sich aber leider noch mehr ins Drehbuch schreiben. Er will außerdem eine Satire auf den anscheinend strunzdummen Präsidenten sein, der zurzeit im Weißen Haus wohnt. Dennis Quaid spielt diesen Präsidenten, und auch bei ihm wurde viel Wert auf äußerliche Ähnlichkeit gelegt, was mir die ganze Sache einfach zu billig gemacht hat. Die diversen Anspielungen auf das niedrige Bildungsniveau, den Papa, der auch schon mal Präsident war, und eine Ehefrau, die einen texanischen Akzent hat, sollten eigentlich ausreichen, um wirklich jedem klarzumachen, um wen es hier geht.

Durch die Vermischung der beiden Themen, die geschmacklich – und vor allem von ihrer Wichtigkeit her – einfach verdammt weit auseinanderliegen, entsteht ein sehr unausgegoren wirkender Mix. Ich habe mich zwar brav unterhalten lassen, konnte mich aber teilweise nicht entscheiden, ob ich jetzt lachen oder ärgerlich vorskippen sollte. Ich glaube, wenn man sich schon über die Ausbildung von Selbstmordattentätern lustig macht, dann sollte man es so dermaßen überziehen, wie es die Pythons mit allem gemacht haben. American Dreamz war einerseits zu harmlos und andererseits zu bescheuert, um als Komödie oder als ernstgemeinte Satire zu funktionieren. Eine Message weniger (oder die Konzentration auf eine) hätte dem Film sehr gut getan.

Glückwunschanzeigen sind, wie auch das Werbewunderland schon mal sagte, ein königlicher Schmerz im Arsch. Aber wie Citroën bzw. … irgendeine Agentur, nach der ich jetzt zu faul bin zu googeln … der auto, motor und sport zum 60. Geburtstag gratuliert, ist schon sehr hübsch.

In meinen Büro steht die Klimaanlage auf 25 Grad.

Und mir ist kalt.

„California show your teeth,
She’s my priestess, I’m your priest“

„Wen interessiert schon der Libanonkonflikt, wenn Britney Spears ihr Kind fallen lässt?“

Völlig aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat aus den Kommentaren bei der Klugscheißerin, auf deren Eintrag ich bei Wirres aufmerksam geworden bin.

Lu würde gern wissen, wer in seinem Weblog noch richtig frei Schnauze textet und wer schon im Kopf die Zensurschere ansetzt.

Ach schön, ich bin nicht alleine doof.

Red Buttons, 15.02.1919–13.07.2006

Wäre ja völlig an mir vorbeigegangen – ich hab die Nachricht bei e13 entdeckt, die, genau wie ich, Hatari! anscheinend ganz gerne mag. Den Film haben Papa, Schwesterherz und ich ewig zusammengeguckt, um uns danach den ganzen Tag lang die schönste Dialogzeile zuzulallen: „Erzähl’s nochmal, Kurt, wie sah es aus, als das Netz über den Affenbrotbaum flog?“ – „Ganz toll, Pockets, hat alles geklappt.“ – „Wirklich? Erzähl’s nochmal, Kurt … wie sah es aus, als das Netz über den Affenbrotbaum flog?“

Nebenbei ist mir e13 ein bisschen unheimlich: Die Dame wohnt in Hamburg, spielt Golf, war auf dem Billy-Joel-Konzert, auf das ich wegen irgendeines dusseligen Kundentermins nicht konnte, und mag Filme. Zwillinge, bei der Geburt getrennt?

(Wahrscheinlich wiegt sie 30 Kilo weniger als ich. Mist.)

“Dear …”

Im neuen Spiegel wird eine Webseite vorgestellt, auf der Cary Canant, ein ehemaliger amerikanischer Soldat, seine Briefe veröffentlicht, die er seiner Frau Maxie aus Vietnam geschrieben hat. DearMaxie.com heißt die Seite, und auf ihr findet sich neuerdings auch eine Unterrubrik mit Briefen, die heutige Soldaten aus dem Irak geschrieben haben.

Die Seite hat mich an ein Buch erinnert, das ich vor längerer Zeit mal gelesen habe: Dear America – Letters home from Vietnam heißt es, und in ihm sind Dutzende von Briefen gesammelt. Die jeweiligen Verfasser werden nach ihren Briefen kurz vorgestellt, und das geht von „Desmond Barry Jr., was a lieutenant with the 2nd Batallion, 7th Regiment, 1st Marine Division, in northern I corps from March 1968 through April 1969. He is now an attorney in New York specializing in aviaton law“ bis zu „On February 1967, less than two months after he arrived in country, PFC John Dabonka was killed in action near the Mekong Delta town of My Tho. He was 20 years old“. Ich kann mich kaum an das Buch erinnern, außer dass es mich sehr bewegt hat, Alltagsschilderungen zu lesen aus einem Alltag, der seinen Namen nicht verdient hat.

Ich habe noch ein weiteres Buch mit Briefen von Soldaten im Regal stehen; das habe ich allerdings nicht durchgelesen. Es stammt von Michael Moore und hat den schon etwas weniger schlichten Titel Will they ever trust us again – Letters from the war zone. Im Buch stellt Moore Briefe und hauptsächlich E-Mails von Soldaten aus dem Irak zusammen. Was an sich ja nicht schlecht ist, aber die meisten Briefe beginnen damit, dass die Jungs Moore sagen, wie toll sie seine Filme fanden. Und deswegen habe ich dieses Buch auch keine 30 Seiten durchgehalten.

Der Fischer und seine Frau

Ich mag Doris Dörrie bzw. ihre Filme. Ich mag ihre Beobachtungsgabe, was das Zwischenmenschliche angeht, ich mag es, dass sie ihre Filmbeziehungen immer um drei Ecken laufen lässt und dann um noch eine, bevor sie irgendwie glücklich werden, ich mag ihre Dialoge, ich mag die märchenhaften Elemente und vor allem mag ich es, dass sie die meisten ihrer Filme nicht so doofdeutsch überfrachtet.

Der Fischer und seine Frau ist genau in dieser Tradition gedreht: eine kleine Liebesgeschichte, deren Handlung sich halbwegs an die Erzählung vom Fischer und seiner Ilsebill hält – die Frau, die nie mit dem zufrieden ist, was sie hat, und dem Kerl, der versucht, seiner Liebsten alles recht zu machen. Was dazu führt, dass das Ehepaar im Film vom Wohnwagen in eine Winzwohnung in ein Reihenhaus in eine Villa zieht, nur um am Ende wieder im Wohnwagen zu sitzen.

Die Geschichte bringt es mit sich, dass Frauchen meist in Richtung Xanthippe tendiert. Es ist Alexandra Maria Lara (viel überzeugender im Hier und Jetzt als als Sekretärin im Führerbunker) zu verdanken, dass man Ida trotzdem nachvollziehbar findet, wenn auch etwas anstrengend. Ihr Gegenpart ist Christian Ulmen, dem ich inzwischen jede Rolle abkaufe. So auch die hier: Er spielt einen Tierarzt, der auf Koi-Karpfen spezialisiert ist. Der ganze Film spielt mit den Farben und Mustern dieser Tiere, verlegt die Handlung zwischendurch auch mal nach Japan, und ist überhaupt so leicht und schwerelos, dass man sich als Zuschauer – Achtung, das muss jetzt sein – so wohl wie in Fisch im Wasser fühlt.

Oliver Twist

Ziemlich werkgetreue Verfilmung des Dickens-Klassikers. Diesmal hat sich Roman Polanski an Oliver Twist versucht, und er hat eine grausame, hartherzige und so gerade noch hoffnungsvolle Version zustande gebracht.

Der Waisenjunge Oliver Twist flieht vom Land nach London, wo er von einer Bande junger Taschendiebe aufgenommen wird. Kopf der Bande ist Fagin, der von Ben Kingsley fast gütig dargestellt wird – er lässt uns aber nie vergessen, dass Fagin die Jungs ausbeutet, ihnen ihr Diebesgut abnimmt und es für sich hortet, während seine Diebe mit – immerhin – Essen und einem Dach über dem Kopf abgespeist werden. Für Oliver ist dieses Leben im Vergleich zum Waisenhaus ein Paradies, aber bei seinem ersten Ausflug in die Straßen Londons landet er bei Mr. Brownlow, einem gutherzigen Buchhändler, der den Jungen bei sich aufnimmt. Die Taschendiebe befürchten, dass Oliver sie und ihr Versteck verrät und holen ihn zurück, womit eine Kette von Unglücken in Gang gesetzt wird.

Charles-Dickens-Verfilmungen reizen dazu, das harte Leben in London im 19. Jahrhundert zu verklären, in weiches Licht zu tauchen und aus den teilweise unglaublichen Schilderungen moralische Erzählungen zu machen, in denen am Ende alles gut geht. Auch hier findet Oliver zum Schluss sein Glück, aber vielen seiner Weggefährten geht es weit weniger gut. Die Brutalität, die zum Beispiel Fagins „Vorgesetzter“ Sykes seinen Untergebenen angedeihen lässt, passt überhaupt nicht in das übliche Schnuffelklima. Gerade diese Werktreue macht aber Oliver Twist zu etwas besonderem. Das London dieses Films ist selten pittoresk, sondern fast immer unheimlich und bedrängend; die wenigen guten Seelen im Film sind willkommene Leuchttürme inmitten einer Menschenmenge, die einfach zum Fürchten ist. Und so sehr ich mich bei anderen Dickens-Verfilmungen zurücklehnen und dem historischen Treiben zusehen konnte, so wenig habe ich Oliver Twist genossen (im Sinne von „achschön“). Dafür ist die Geschichte viel zu gemein und dafür sind die Bilder viel zu realistisch, als dass dieser Twist eine nett gemeinte Fabel sein könnte.

Holy Smoke

Schön bunter, aber leider auch etwas unausgegorener Film von Jane Campion. Kate Winslet spielt Ruth, eine junge Frau, die in Indien einem Ashram beitritt. Mama und Papa in Sydney locken sie wieder nach Hause und übergeben sie einem Experten in Sektenaustritten (Harvey Keitel), der sie wieder klar im Kopf kriegen soll.

Ich habe nicht verstanden, warum Ruth überhaupt wieder „normal“ werden sollte, denn es schien ihr ziemlich gut zug ehen. Ich habe auch nicht verstanden, wieso sie bei einem Dokumentarfilm über andere Sektengurus der eher ekligen Sorte (Charles Manson, David Koresh und der Typ mit dem irren Blick von Heaven’s Gate) sofort weinend zusammenbricht und ihrem lieben Kuschelguru sofort abschwört. Und am allerwenigsten habe ich die seltsame Lovestory verstanden, die zwischen Winslet und Keitel abgeht. Teilweise war es recht spannend, bei ihrem kleinen Machtspielchen zuzusehen, aber durch die ganzen drehbuchseltsamen Nebenfiguren konnte man einfach gar nichts ernstnehmen, was auf der Leinwand passierte. Da ist die fies aufgepudelte Schwägerin, die sich an Keitel ranwirft, der schwule Bruder, der Schwesterlein mitten aus ihrer Teufelsaustreibung in eine Countrykneipe schleppt, und der der Papa mit Toupet, der eine Affäre mit seiner Sekretärin hat. Who cares?

Holy Smoke ist teilweise lustig, hat – wie immer bei Campion – wundervolle Bilder, fühlt sich aber trotzdem komplett unmotiviert an. Die letzten drei Minuten lösen den ganzen Wirrwarr dann zwar noch sehr hübsch auf, aber dafür musste ich mich eine Filmstunde lang wirklich quälen, um nicht abzuschalten.

Nachtrag zum Botanikbloggen von vorgestern: So diszipliniert ich meine richtigen Blumen gieße, so sehr verkümmern sie in meiner kleinen Stadt. Denn neuerdings fange ich keine Fische mehr oder gestalte Klamottendesigns oder gehe für 3000 Bells zum Friseur, sondern jogge mit meinem Gehirn. Zum Spiel gehört auch Sudoku, das ich vorher noch nie ausprobiert hatte, weil ich nicht so der Zahlenfan bin. Aber natürlich bin ich auch brav in die Falle getappt: Ach, mal ausprobieren, irgendwas muss da ja dran sein … ist ja gar nicht so schwer … ach, eins noch … und jetzt mal ein etwas schwierigeres … oh, schon 2 Uhr nachts? Dann noch schnell ein leichtes. Grrr.

PS: Ich bin zurzeit 31 Jahre alt. Im Gegensatz zu anderen, die schon ein bisschen jünger sind.