Good Night, and Good Luck (USA/UK/JP/F 2006, 93 min)
Darsteller: David Strathairn, George Clooney, Robert Downey Jr., Patricia Clarkson, Frank Langella, Ray Wise, Jeff Daniels, Tate Donovan, Thomas McCartney
Kamera: Robert Elswit
Drehbuch: George Clooney & Grant Heslov
Regie: George Clooney
Good Night, and Good Luck beginnt mit einer Ansprache. Zu Ehren von Edward R. Murrow, einem CBS-Journalisten, wird ein Bankett veranstaltet, und der Ehrengast spricht selbst. Er entschuldigt sich bei den Anwesenden, dass er jetzt wahrscheinlich schlechte Stimmung verbreiten werde, aber er wolle über den seiner Meinung nach miserablen Zustand der heutigen Medien sprechen, allen voran das Fernsehen. Der Film, der diesem kurzen Prolog folgt, erzählt vom angeblich schlechten Zustand von u. a. CBS 1953, und jeder von uns, der die heutige blitzkriegartige MTV-Optik gewöhnt ist, die Zehn-Sekunden-Soundbites und die Nachrichtensendungen, die manchmal eher Nachrichtenshows sind, fragt sich: Das soll schlecht gewesen sein? Mann, sei froh, dass du 1965 gestorben bist.
Edward R. Murrow moderierte ein Magazin, das sich teilweise mit sehr kontroversen Themen befasste. 1953 war dieses Thema Joseph McCarthy und seine Jagd auf Kommunisten oder Menschen, die er dafür hielt. Murrow und seine Kollegen bei CBS nutzten das relativ neue Medium Fernsehen und brachten mehrere Sendungen, die sich mit dem „Junior Senator from Wisconsin“ befassten. Good Night, and Good Luck erzählt diese Geschichte: wie die Reportagen enstanden, wie McCarthy darauf reagierte, und wie das Network, trotz Publikumserfolg und dem Ende des McCarthy-Untersuchungsausschusses, die Show schließlich einstellte, weil die Sponsoren absprangen und die Sendung nicht mehr finanzierbar war.
Der Film ist eher ein Plädoyer als eine Erzählung. Er kommt fast völlig ohne Soundtrack aus; die wenigen Musikstücke, die wir hören, dienen als eine Art Kapiteltrenner. Die gesamte Spielhandlung wird nicht musikalisch untermalt, was eine größere Konzentration auf die Story möglich macht. Gleichzeitig ist das aber auch das „Problem“: Die Geschichte läuft fast ohne Konflikte ab, das Tempo ist sehr ruhig, angenehm ungewohnt im Kontrast zu den üblichen wuseligen Reporterfilmen, aber diese Ruhe nimmt dem Ganzen auch etwas die Dramatik, die der Story eigentlich innewohnt.
Regisseur und Mit-Autor Clooney lässt Hauptdarsteller David Strathairn sehr viel Raum, die Sendungen von Murrow nachzuspielen – und hier hatte ich am stärksten das Gefühl, in einer Zeitkapsel zu sitzen. In heutigen Magazinen ist kaum Zeit für einen längeren Kommentar; man traut dem Publikum keine Aufmerksamkeitsspanne mehr von über zwei Minuten zu, und ohne hektisch bewegte Bilder geht schon mal gar nichts. In Good Night, and Good Luck nutzt Murrow Fernsehbilder und O-Töne von McCarthy als eine Art Ausgangspunkt für seine persönliche Analyse, die wohlformuliert ist, scharf, Bildungsfernsehen pur. In einer seiner Sendungen trifft er den Kern der McCarthy-Zeit hervorragend – und schafft ganz locker einen Bogen zu heute: “We must remember always that accusation is not proof, and that conviction depends upon evidence and due process of law. We will not walk in fear of one another, we will not be driven by fear into an age of unreason.” Und weiter, mein persönliches Lieblingszitat aus dem Film: “We proclaim ourselves, as indeed we are, the defenders of freedom wherever it still exists in the world. But we cannot defend freedom abroad by deserting it at home.”
Good Night, and Good Luck beschwört in fast jeder Szene den Intellekt und die Integrität der Männer (und wenigen Frauen), die damals Nachrichten gemacht haben, und man merkt dem Film deutlich an, nicht nur an Prolog und Epilog, die aus der Rede Murrows bestehen, dass er sich sehr nach diesen Tugenden im heutigen Journalismus sehnt. Auch damals waren politisch oder persönlich motivierte Schlammschlachten an der Tagesordnung – ein Subplot erzählt von einem weiteren CBS-Moderator, der sehr unter persönlichen Angriffen in der Presse leidet –, aber man hat trotzdem die ganze Zeit das Gefühl, dass es den damaligen Reportern eher um Aufklärung ging als um die knalligste Schlagzeile oder das effektheischendste Bild. Genau das macht den Film aber ein wenig zu einer kuscheligen Wunschvorstellung anstatt zu einer differenzierten Auseinandersetzung mit den Medien, den Werbepartnern und dem Einfluss, den die einen auf die anderen haben. Good Night, and Good Luck fühlt sich an wie der Versuch, alte Wertvorstellungen herbeizuwünschen, die (wahrscheinlich?) unwiderruflich verloren gegangen sind.
Der Film lebt nicht von seiner atemlosen Spannung – ganz im Gegenteil, erstens kennt man die Geschichte und zweitens kommt niemals wirklich Hektik auf. Einige Rahmenhandlungen wie die des angesprochenen Moderators oder die eines Ehepaars, das seine Ehe geheimhält, sorgen auch nicht gerade für Emotionalität, weil Gefühle in diesem Film nicht wichtig sind. Der Film lebt eher von seinem intellektuellen Inhalt: Es geht um die Wahrheit, um das Gute, um hehre Ideale. Und so muss man sich ein bisschen anstrengen, den Film zu mögen, denn das Herz alleine ist Good Night, and Good Luck nicht erlegen. Der Kopf wird allerdings gefordert, und das ist eine sehr angenehme Abwechslung zum reinen „Unterhaltungsfilm“, so sehr ich dieses Genre auch mag.