Tagebuch 23. September 2015 – Pause
Gestern hatte ich zum ersten Mal seit drei Wochen nichts vor: nicht in Amsterdam TouristInnenpflichten ablaufen, keine Münchner Wohnung umzugsfertig machen, nicht in Hamburg Kisten einpacken, nicht in München Kisten auspacken, mich um nichts und niemand kümmern, nicht zur Ärztin, zur Uni oder zur Wiesn gehen oder überhaupt vor die Tür müssen. Ich konnte einfach mal Pause machen. Und genau das habe ich dann auch den größten Teil des Tages getan: mit gefühlt 80 Folgen Friends, Pralinen vom Dallmayr und Tee aus Omis Teekanne.
Es ist immer noch seltsam, meine Hamburger Möbel, die teilweise sogar schon meine Hannoveraner Möbel waren, hier in München zu haben, wo sie nie hinsollten. Das war nicht der Plan, und irgendwas in mir wimmert immer noch rum, dass das eben nicht der Plan war. Aber in mir sind auch viele Stimmen, die das alles gerade aufregend finden: ein hoffentlich neues Studium, in dem ich noch längere Hausarbeiten schreiben und dafür noch länger in der Bibliothek sein darf (wo-hoo!), ein neuer Mann, eine neue Aussicht aus der Wohnung, weil hier nicht mehr mein Bett steht, sondern mein geliebtes Riesensofa, von dem aus ich die Krone des Baums vor dem Haus jetzt noch näher vor der Nase habe.
Es ist viel Gewohntes an einem neuen Ort, und in fast alles, was ich tue, mischt sich Vorfreude mit Wehmut. Es zieht und zerrt ein wenig an mir, und ich taste mich im Moment eher durch meine Tage anstatt sie selbstbewusst und zielstrebig zu durchschreiten. Alle Gegenstände um mich herum sind mir vertraut, aber sie sind noch nicht an ihrem Ort angekommen, ich räume noch, ich suche und probiere. Es ist noch nicht ganz mein Zuhause, aber die Einzelteile sind schon alle da. Sie müssen nur noch ihren Platz finden. So wie ich meinen.