Was schön war, Dienstag 19. Januar 2016
Stabi
Am Sonntag war ich schon mal in der Staatsbibliothek, halbwegs früh (haha) gegen 10. Ich dachte an das schöne Wetter, den Sonntag, hoffte, dass alle anderen Studierenden Münchens das auch taten – und wurde bitter enttäuscht. Die komplette Bibliothek war voll, nicht mal an den Stehtischchen fand ich noch Platz und auf die Treppe setzen wollte ich mich dann auch nicht. Wenn ich arbeite, will ich vernünftig arbeiten, und auf einer Treppenstufe großformatige Ausstellungskataloge ausbreiten, während ich meinen Laptop auf den Knien balanciere, war mir zu doof. Ich hatte bei meinem Hoffen natürlich die übliche Endsemester-Emsigkeit vergessen: Das Semester ist nur noch zwei Wochen lang, die Klausuren nahen, die Hausarbeiten wollen geschrieben werden, weswegen alle plötzlich früh aufstehen.
Genau das tat ich gestern auch. Ich stellte den Wecker auf 7, damit ich um 8.30 (wir wollen es ja nicht übertreiben) im Lesesaal sein konnte, der um 8 Uhr öffnet. Mein Unterbewusstsein weckte mich schon um 6.30 Uhr, was praktisch war, denn so hatte ich ein bisschen das Gefühl, schon ausgeschlafen zu sein und stand kurz nach 8 in der Stabi. Eine sehr gute Idee; gegen halb zehn sah ich kaum noch einen freien Platz, wenn es mir auch nicht ganz so überfüllt vorkam wie Sonntag. Ich arbeitete konzentriert drei Stunden vor mich hin und überprüfte dabei vor allem die kunsthistorisch wichtigen Daten zu den einzelnen Werken, also Maße, Material und Aufbewahrungsort, die ich zu jedem Bild in die Fußnoten schreibe. Außerdem fing ich mit meinem Abbildungsverzeichnis an. Das habe ich schon sehr abgespeckt; der ursprüngliche Plan war, alle Werke zu erläutern und abzubilden, die einen Bezug zu Wagner haben. Damit wäre ich aber locker auf Masterarbeitslänge gekommen. Meine Dozentin meinte: „Suchen Sie sich ein oder zwei Werke raus, die exemplarisch sind, alle anderen führen Sie nur auf und erläutern sie auch nicht.“ Mir blutet das Herz, aber nach dem gestrigen Tag war ich bei 60.000 Zeichen, aus denen ich jetzt irgendwie 50.000 machen muss.
In der Endphase meiner Hausarbeit checke ich grundsätzlich nochmal alles an Fußnoten und Belegen; das sind dann die Tage, an denen ich von einer Bibliothek zur nächsten fahre, denn die Bücher, aus denen ich zitiere, verteilen sich auf mehrere Standorte. Einige der Belege für Kiefer liegen in der Stabi, weitere im Zentralinstitut für Kunstgeschichte, und da fuhr ich dann auch hin.
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Königsplatz
Aber nicht mit dem Rad, wie gewohnt. In München liegt Schnee, die meisten Radwege sind ungeräumt, und ich traue mich gerade nicht aufs Fahrrad, vor allem nicht mit einem teuren Laptop auf dem Rücken. Deswegen setzte ich mich in den Bus der Museumslinie 100 und ließ mich zum Königsplatz chauffieren. Der Bus hält an der Westseite des Platzes, das Zentralinstitut liegt an der Ostseite, was mir die willkommene Gelegenheit gab, über meinen Lieblingsplatz zu stapfen.
Das hier ist die Sicht von Osten. Ich gucke gerade um die Ecke der Glyptothek auf die Propyläen, beides Gebäude von Leo von Klenze. Das hatte ich erst Montag in der Vorlesung gehört, aber das wusste ich natürlich längst (my precious). Was ich aber noch nicht kannte, weil ich sie mir noch nie angeguckt hatte, war die Rückseite der Glyptothek.
Das ist nur ein Ausschnitt, genauer gesagt, das westlich gelegene Drittel der Wand. Das östliche Drittel sieht genauso aus, und in der Mitte haben wir noch einen schlichten Eingang mit Säulenportikus. Das Bild zeigt das sogenannte Palladio-Motiv oder Serliana: eine mittige Arkade wird von zwei seitlichen Säulen eingefasst. Dabei ist wichtig, dass der Architrav über den Säulen nicht in den Bogen der Arkade übergeht. Tut es das, haben wir statt des Palladio-Motivs einen syrischen Bogen. Den kennen aufmerksame Blog-Leser*innen schon von Borromini und seinem Palazzo di Propaganda Fide in Rom.
So, das merkt ihr euch jetzt, in zwei Wochen frag ich das ab.
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Zentralinstitut für Kunstgeschichte
Nach dem kleinen Kulturspaziergang durch den Klassizismus ging’s in die NS-Architektur des Zentralinstituts. Dort blätterte ich weitere Ausstellungskataloge durch, verfluchte Kiefer mal wieder dafür, dass er Bildtitel mehrfach vergab, scannte Bilder und checkte Fußnoten. Nach gut zwei Stunden konnte ich nichts mehr machen, denn die institutseigene Suchmaschine hatte gestern keine Lust, und so sehr ich die Bibliothek aus 500.000 Bänden schätze, so sehr bin ich verloren, wenn ich nichts in ihr finde.
Ich stapfte wieder zum Bus und fuhr zu meinem Bäcker, wo ein weiteres Highlight des Tages auf mich wartete: Eierlikörkrapfen. Ich habe mit Fasching ja nichts am Hut, aber die Tradition der Krapfen gefällt mir außerordentlich gut.