Was schön war, Donnerstag, 14. April 2016

Uni I: NS-Kunst.

Okay, das Aufstehen um 6 war nicht so toll. Der Kurs fängt um 8 Uhr an und ich bin, trotz nur fünfminütiger Laufstrecke zum Institut, eine Freundin des entspannten Wachwerdens, Frischmachens, Bloggens und Frühstückens, deswegen 6. Aber um 8 saß ich dann sehr hibbelig in meinem Lieblingsraum des Kunsthistorischen Instituts. Wir haben gerade mal drei Lehrräume (wir sind so putzig-klein) und zwei davon im Erdgeschoss sind eher nervig. Der eine ist so groß wie mein Wohnzimmer, wird im Sommer unerträglich warm und ist mit diesen fürchterlichen Sitzgelegenheiten bestuhlt, bei denen an den Stühlen ein kleines Ausklapptischchen befestigt ist, auf das man sich nicht vernünftig abstützen und auf dem man noch weniger gut schreiben kann. Der zweite Raum ist zwar anständig groß, aber unschön schlauchförmig. Studis neigen warum auch immer dazu, sich in den hinteren Reihen zu ballen, außer Frau Gröner, die ist alt und sieht und hört nicht mehr so gut, weswegen sie relativ weit vorne sitzt, um die Folien der Referentinnen entziffern und die manchmal vor sich hinpiepsenden Damen verstehen zu können. Wenn der Kurs eher leer ist, sitze ich also vorne, meist gesellen sich ein oder zwei weitere mutige Damen zu mir, und weitere zehn hocken hinten im Raum, weswegen viele Dozierende in diesem Raum dazu übergegangen sind, nicht mehr vorne zu stehen, sondern irgendwo in der Raummitte, damit sie besseren Kontakt zu uns haben. (Ich kenne nur eine Dozentin, die gnadenlos darauf besteht, dass wir alle nach vorne rücken, und ich liebe sie dafür.) Das heißt, dass ich doof nach vorne gucke, während der*die Dozent*in hinter mir doziert, und auch in diesem Raum stehen die blöden Stühle mit den blöden Klapptischen.

Aber der dritte Raum. OMG der dritte Raum. Er ist im obersten Stockwerk, heizt sich im Sommer auch etwas auf, hat aber größtenteils verdunkelte Dachfenster (yay!), weswegen die Hitze nicht so reinknallen kann. Und selbst wenn der irregeleitete Kurs darauf besteht, die restlichen Fenster zu öffnen (denn wir wissen ja: Ein Raum kühlt total aus, wenn von außen heiße Luft reinkommt), ist es nicht so laut wie im Erdgeschoss, weil der Straßenlärm nicht so nervt. Und: In diesem Raum stehen Tische. So richtige Tische! Nicht so kleine wie im Historicum, an dem ich sonst überhaupt nichts zu meckern habe, sondern solche, die ihren Namen verdienen, wo man nicht immer an den Ellenbogen der Kommilitonin dengelt, wenn man sich selbst was notiert, nein, richtige, große Tische!

Das war natürlich der Hauptgrund für mich, diesen Kurs zu wählen.

Schnickschnack. Aber ich gebe zu, ich habe mich sehr darüber gefreut, in diesem Raum zu sein, weswegen ich sogar halbwegs unquengelig um 6 aufgestanden bin.

Um diesen Kurs herum habe ich meinen ganzen Stundenplan gebastelt, weil er von einem meiner Lieblingsdozenten gegeben wird und genau das Thema behandelt, in dem ich mich dringend fortbilden will. Er heißt „Rosenheimer Künstler im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit“. Was schon in unserem Onlinetool, über das wir Kurse belegen, stand, war, dass wir eine Ausstellung in der Städtischen Galerie Rosenheim erarbeiten werden, die im Herbst 2017 dort stattfinden soll. Die Galerie selbst wurde 1937 eröffnet, wenige Wochen nach dem Haus der (Deutschen) Kunst in München, und wir befassen uns mit den Bildern, die damals dort schon hingen und die wir jetzt in einen neuen Zusammenhang bringen werden.

Das klang für mich alle schon toll, aber ich hatte gar nicht durchdacht, was das alles genau bedeutet, außer dass wir ab und zu in Rosenheim sein werden. Das erzählte uns der Dozent gestern und meine Ohren begannen vorfreudig zu leuchten. Wir werden im Depot rumwühlen – darauf freue ich mich schon sehr, weil ich Kunst bisher nur im Kontext kenne, also museal, schön gehängt und ausgeleuchtet; ich war noch nie in einem Depot, wo die ganzen Werke irgendwie nebeneinander hängen und so der Eindruck von ihnen natürlich ein ganz anderer ist als der in einem White Cube. Wir werden außerdem im Stadtarchiv rumwühlen, das direkt neben der Galerie liegt, und dort ein bisschen Provenienzforschung betreiben. Auch darauf freue ich mich sehr; weniger auf die Provenienzforschung denn auf die generelle Archivarbeit, weil ich das noch nie gemacht habe. Ich wüsste hier im Stadtarchiv nicht mal, nach was ich überhaupt alles suchen kann. Dann werden wir einen Katalog erstellen und dafür die Texte schreiben, wir werden Pressearbeit und Werbung machen (das macht mal schön wer anders, das kann ich schon), wir werden uns um Drittmittel kümmern usw. Und im Lebenslauf steht dann brav „Konzeption und Durchführung einer Ausstellung“, was ja auch ganz hübsch ist.

Das Seminar wird im Wintersemester fortgesetzt, was mich auch freut, dann kann ich thematisch in der Spur bleiben. Oder ich merke in diesem Semester, nee, NS-Kunst war doch ne doofe Idee, lass mich mal weiter über Anselm Kiefer oder Architektur nachdenken. Wie auch immer: Ich bin sehr gespannt.

Mein Referatsthema ist Leo von Welden, der (laut Google) zu den sogenannten „entarteten“ Künstlern gehörte, laut Dozent aber nicht ganz so. In der Großen Deutschen Kunstausstellung hingen mehrere Werke von ihm, und mein Job wird es sein, herauszufinden, ob er nun ideologiekonform war oder nicht.

Uni II: Kindheit und Jugend im 19. Jahrhundert

Nach einer Stunde Pause fuhr ich ins Historicum (das Ding mit den kleinen Tischen) und freute mich über ein winziges Seminar; wir sind, glaube ich, keine 15 Leute, sehr entspannt. Auch dieser Kurs war einer, um den ich den Rest herumgebaut hatte, der Titel steht oben fett. Mein Referatsthema hier lautet „Familienfeste von der Wiege bis zur Bahre“. Eigentlich wollte ich mich mit dem Kinderzimmer (Architektur) und Spielzeug (Kunsthandwerk) befassen, aber das wollte jemand anders auch gerne, und vom Termin her passten mir die Feste sogar besser. Hier musste ich sofort an das neue Medium der Fotografie denken und die Tatsache, dass man begann, tote Kinder abzulichten, um eine Erinnerung an sie zu haben. Ich versuche in Geschichte, soweit das möglich ist, auch immer irgendwie was kunsthistorisch Relevantes als Thema zu kriegen, und ich glaube, das klappt hier ganz gut. Familiendarstellungen in Öl kenne ich massenweise.

Einziger Wermutstropfen: Ich werde zwei Sitzungen verpassen, weil wir zwei Donnerstage ganztägig in Rosenheim sein werden. Das war bei der Kurswahl noch nicht klar; ich wusste, dass wir ab und zu vor Ort sein würden, hatte aber gedacht, bei einer Stunde Fahrzeit komme ich zwar etwas zu spät, aber ich komme. Der Dozent im NS-Kurs hat aber leider in drei Sitzungen bereits andere Verpflichtungen, und zwei Termine fallen wegen Feiertagen aus (Bayern!), weswegen wir diese Stunden irgendwie nachholen müssen. Das ist mir generell natürlich recht – wir haben ja auch genug zu tun –, aber von vornherein zu wissen, zwei Sitzungen ausfallen lassen zu müssen, ist natürlich doof. Ich fragte den Dozenten des Kindheitskurses, ob das okay wäre; glücklich war er nicht (frag mich mal), aber er meinte, es wäre okay. Da war es dann doch mal vorteilhaft für mich, dass keine Anwesenheitslisten mehr geführt werden dürfen. Trotzdem schade; die Referate zu Burschenschaften und zum Frauenstudium werde ich leider nicht hören.