#12von12 im Juni 2016
Alle anderen Zwölfvonzwölfer wie immer bei Caro.
Ich ging am Samstag um Mitternacht ins Bettchen und stellte den Wecker auf 7.30 Uhr, denn ich wollte um 9 in der Historiums-Bibliothek sein, quasi bei Türöffnung. So langsam neigt sich das Semester dem Ende entgegen, in der Stabi kriegt man schon keinen Platz mehr, und obwohl das im Historicum nicht so schlimm ist, wollte ich möglichst früh da sein, auch damit der Tag möglichst lang ist, denn ich habe – ich weiß, ihr könnt es schon nicht mehr hören – gerade viel zu tun.
Ich schlief auch sofort ein, wachte aber gegen 2 Uhr wieder auf. Die üblichen Einschlaftaktiken halfen nicht – auf die andere Seite drehen, mal auf den Rücken legen, Decke umdrehen, damit es kühler wird, Fenster auf oder zu, je nachdem wie es vorher war, aufs Klo gehen, stumpf mit geschlossenen Augen im Bett liegen und im Kopf die Hochzeit mit dem Promischnucki du jour durchplanen; normalerweise schlafe ich ein, sobald ich anfange, über Blumenschmuck und die Musik für den ersten Tanz nachzudenken.
Gestern nicht. Als ich um 3 immer noch wach war, spielte ich zunächst ein bisschen Hay Day, und als auch das mich nicht müde machte, setzte ich mich an den Schreibtisch und las.
Gegen 5 war ich müde genug, um wieder ins Bett zu gehen und den Wecker auf 8 vorzustellen.
Ich erwachte weniger gerädert als ich dachte, hatte aber keine Lust auf mein übliches Flat-White- und Saft-Frühstück, sondern schmierte mir schnell ein bisschen Himbeermarmelade aufs Lieblingsweißbrot und schüttete heißes Wasser auf den Instantkaffee, den ich im Schrank habe, weil ich ihn gerne zu Mokkasahne und ähnlichem verwandele.
Um kurz nach 9 ging ich aus dem Haus. Aus Gründen wollte ich nicht wie sonst mit dem Fahrrad zur Uni, sondern mit dem Bus. Der schaukelte auch in die richtige Richtung, aber kurz vor meiner Haltestelle bog er in die Barer Straße ab, anstatt weiter die Schellingstraße langzufahren und hielt erst an der U-Bahn-Station Giselastraße. Ich erinnerte mich dunkel, tagelang an Halteverbotsschildern an der Ludwigstraße vorbeigeradelt zu sein, die anzeigten, dass man dort am 12. nicht parken dürfe. Zur geistigen Leistung, dass dann vermutlich auch der Bus dort nicht langfahren wird, hat es gestern nicht mehr gereicht. Ich stieg also in der Giselastraße in die U-Bahn, um eine Station zur Uni zu fahren.
Endlich angekommen.
Wenn ich nicht im ZI sitze, wo alles toll ist, sitze ich am liebsten in der Historicumsbibliothek, wo fast alles toll ist. Gut, der Fahrstuhl durch die insgesamt fünf Stockwerke voller Bücher könnte schneller sein, aber sonst habe ich nur an den Stühlen was zu meckern. Deren Sitzfläche ist leicht nach hinten geneigt, weswegen die Oberschenkel immer ein bisschen zum Knie hin nach oben zeigen, was ich fürchterlich finde. Nach spätestens 20 Minuten schläft ein Bein ein. Die einzige Möglichkeit, das zu verhindern, ist, immer vorne auf der Sitzkante zu hocken, was ich aber auch doof finde, weil mein armer, alter Rücken sich gerne anlehnt. Meistens hibbele ich hin und her, damit weder der Rücken weh tut noch mein Bein einschläft, und vermutlich hassen mich meine Sitznachbar*innen sehr.
Ich arbeite gerade an zwei Referaten gleichzeitig, denn ich muss sie nächsten Montag und Dienstag halten. Gestern stand die Biografieforschung auf dem Plan bzw. das Buch von Rebekka Habermas zu bürgerlichen Frauen und Männern Anfang des 19. Jahrhunderts. Was ihr Buch so toll macht, ist, dass sie die beiden Geschlechter nicht getrennt voneinander betrachtet, sondern die Dynamik aufzeigt, die sich zwischen beiden entwickelt. Für mich war das Buch teilweise ein sehr großer Augenöffner und ich hoffe, ich kriege das Referat anständig hin.
Vorgestern bibliografierte ich ein bisschen rum, packte mir fünf, sechs Bücher auf den Merkzettel und kletterte gestern von Stockwerk zu Stockwerk, um sie einzusammeln. Erst zwei Bücher über Biografien aus dem zweiten Stock, dann eins aus dem dritten und zuletzt noch drei aus dem vierten. Das war mir sehr recht, denn dann konnte ich im vierten Stock sitzenbleiben, wo ich eh am liebsten sitze. Von dort hat man einen schönen Ausblick über die grünen Baumkronen und es ist etwas ruhiger, weil man nur noch eine Treppe nach unten hat anstatt zwei nach oben und unten, die sehr frequentiert sind. Es war herrlich leer, ich ging zu den schönen Zweiertischen am Fenster, stöpselte mein MacBook ein und begann zu lesen – bis ich aus den Augenwinkeln eine Fehlermeldung meines Rechners sah: Batterie fast leer, gib mir Strom.
Der Akku meines MacBook Air ist seit mindestens einem Jahr Schrott, aber da ich eh dauernd in Kabelnähe bin, war mir das egal. Neuerdings nervt’s mich aber doch; vor ein paar Wochen saß ich im ZI und musste an einen der Institutsrechner, weil nur dort eine Lizenz für eine Auktionsdatenbank vorhanden war. Ich nahm meinen Laptop mit, um etwaige Erkenntnisse gleich einzutragen, fand aber keine Steckdose. Bzw. die vorhandene wurde natürlich vom Institutsrechner belegt. Ich klickte rum und sah nebenbei meinem MacBook beim Sterben zu. Der Akku hält gefühlt noch fünf Minuten, dann ist das Ding leer.
Vor Kurzem dachte ich über Läden nach, die eventuell einen Akku innerhalb einer Stunde austauschen so wie ich das von meinem schmerzlich vermissten Apple-Laden in Hamburg gewöhnt war. Ich erinnerte mich an einen kleinen Laden in der Adalbertstraße, an dem ich dauernd vorbeiradele, wenn ich zur Uni fahre. Beim nächsten Unitrip hielt ich dort an, öffnete die Ladentür – und stand in einem ein Meter breiten Gang, neben dem rechts und links Rechner bzw. Pappkartons mit Rechnern standen. Vom Laden selbst konnte ich nichts sehen, auch keine Werkstatt oder irgendwas. Nun gut. Hinter einer kleinen Theke freute sich jemand, dass ich da war, meinte auch, Akku sei kein Problem, komm in einer Stunde wieder. Ich rückte erfreut mein MacBook raus, er fragte nach meiner Telefonnummer, falls was sein sollte, ich nannte sie – und er schrieb sie mit Edding auf. mein. MacBook.
(Hier bitte mein innerliches AAAAAAAAHHHHH! vorstellen. ALTER!)
Natürlich war der Stift abwaschbar, aber HEY, niemand schmoddert auf meinem arschteuren Arbeitsgerät rum. Geht’s noch?
Ich war zu überrumpelt, um ihm den Rechner wieder aus den Händen zu reißen, ging und nahm mir vor, nie wieder zu kommen, wenn mein Rechner repariert wäre. Man ahnt schon, was kommt: Ich war eine Stunde später im Laden, der Akku war doch nicht vorrätig (warum rufst du mich dann nicht an?), ich solle doch in zwei Tagen wiederkommen. Keine Chance, du Spinner. Rechner geschnappt, nie wieder hingefahren.
Einen Tag später probierte ich es bei Gravis, die auf der Website davon fantasierten, dass man Akkus blitzschnell austauscht. War natürlich auch nicht so, Techniker ist überlastet, drei bis sieben Tage. Ich ging wieder und quengele seitdem in mich rein.
Zurück ins Historicum: Ich hatte also viel zu tun, einen schönen Sitzplatz – aber anscheinend keinen Strom. Ich probierte die zweite Steckdose am Tisch – nichts. Ich probierte die beiden am Tisch hinter mir – nichts. Kurz bevor ich panisch wurde, weil nun anscheinend auch mein Netzteil kaputt war, sah ich eine Kommilitonin, die auch gerade von Tisch zu Tisch ging und Steckdosen testete – könnte das ganze Stockwerk gerade keinen Strom haben? Mir egal, Rechner und Korb mit Büchern geschnappt, ins deutlich vollere dritte Stockwerk gegangen (jetzt weiß ich auch warum), Platz gefunden, Rechner eingestöpselt – es ging. Puh.
Drei Stunden konzentriert und gut gelaunt gearbeitet. Dabei wieder Zeug gefunden, für das ich gerade keine Zeit habe, aber ich hab den Aufsatz mal gescannt.
Als ich mit den Bibliotheksbüchern durch war, wechselte ich an den heimischen Schreibtisch, bei dem die Sitzgelegenheit besser und die Getränkeauswahl größer ist.
Zwischendurch ruhte ich kurz den Kopf bei der neuen Folge Masterchef Australia aus, wo eine Kandidatin gerade Heuschrecken-Karamell zubereitete. Warum auch nicht.
Dann las ich Texte für das heutige Biografieseminar.
Und dann war endlich Feierabend. Ich begann zu kochen, während im Hintergrund das Spiel Polen gegen Nordirland lief.
Mit fertig zubereiteten und äußerst wohlschmeckenden Laugensemmelknödeln, Zwiebelgemüse und dunkler Bierrahmsauce setzte ich mich vor den Rechner und sah das einzige Tor des Spiels. Perfektes Timing.
Den restlichen Abend verbrachte ich bei F., mit dem ich zusammen das Spiel Deutschland – Ukraine schaute und mich kurz vor Schluss sehr laut über das Tor von Schweinsteiger freuen konnte. Nur über ein Tor von Gomez hätte ich mich mehr gefreut. Guter Tag.