Was schön war, Freitag, 23. September 2016 – Mittagswiesn

F. hatte einen Tag Urlaub und so nutzten wir die Gelegenheit, das Oktoberfest zu einem Zeitpunkt zu besuchen, an dem noch nicht ganz so viele Bierleichen unterwegs sind. Tagsüber sieht die Theresienwiese so aus wie sie bei einem Volksfest halt aussieht: viele Fahrgeschäfte, man hat endlich mal Platz, die ganzen Büdchen und Stände anzugucken, an denen man gebrannte Mandeln (my drug of choice), die üblichen Lebkuchenherzen und alles andere Ess- und Anzieh- und Aufsetzbare dieser Welt erstehen kann. Es ist noch nicht ganz so voll und so hatten wir die Möglichkeit, uns noch ein Zelt aussuchen zu können. Ich entschied mich für den Himmel der Bayern, das Hacker-Festzelt, durch das ich zwar schon mal durchgelaufen war, in dem ich aber noch nie saß. Nach einer Stunde wusste ich auch wieder warum.

Es gibt auf dem Oktoberfest große und kleine Zelte. Die großen bieten tausenden von Menschen Platz; ins Hacker-Zelt gehen 6.900 Leute rein. Es gibt noch einen weiteren Unterschied zwischen den Zelten: die einen sind die sogenannten Partyzelte. Das sind die, in denen schon morgens ab 10 Uhr Leute auf die Bank steigen und eine Maß exen. Der Himmel der Bayern ist ein solches Zelt und das hatte ich blöderweise vergessen.

Wir waren um kurz vor 11 da und fanden noch locker einen Platz; als wir um kurz nach 12 gingen, war das Zelt schon richtig gut gefüllt. Die Kapelle begann erst um 12 Uhr zu spielen, vorher war also noch nicht die übliche Bierzeltstimmung da, aber dafür die schon erwähnten Idioten (und eine Idiotin), die unbedingt einen Liter Bier in einem Zug trinken und sich dafür vom Zelt bejubeln lassen wollten. Die Dame schaffte es nicht, wie auch viele Kerle, aber sie hat nicht ganz so laute Buhrufe abgekriegt und auch weniger geworfene Breznstücke.

F. und ich gönnten uns erstmal was zu essen, denn vor dem Bier muss eine Grundlage geschaffen werden. Ich will hier noch mal eine Lanze für die Oktoberfestküchen brechen; das Essen ist wirklich gut und kein billiger Fraß. Das Hacker-Pschorr-Oktoberfestbier ist auch große Klasse, es schmeckt fast fruchtig; ich war begeistert, wo ich doch sonst eisenharte Augustinertrinkerin bin. Die sechs Münchner Brauereien, die exklusiv das Oktoberfest beliefern, brauen für die Wiesn ein spezielles Bier, das es kurz vor und nach dem Oktoberfest auch in Flaschen im Supermarkt gibt. Dieses Bier ist fieserweise stärker als ihr normales Bier, was viele der 6.900 Menschen gerne mal vergessen. F. und ich nippten gesittet an unseren Krügen und schüttelten manchmal pikiert die Köpfe über die Menschen um uns rum. Zum Beispiel über die drei plastikverdirnelten Mädels, die sich an uns vorbeidrängten, um in der Mitte vom Tisch zu sitzen (wir saßen am Rand) und die dann fünf Minuten in die Karte guckten, was man denn wohl trinken könnte. Wiesn – you’re doing it wrong! Sie fanden anscheinend nicht das, was sie suchten und verließen das Zelt wieder. Neben uns auf der anderen Seite des Ganges saß eine asiatische Gruppe, von denen ein Herr sich längs auf die Bierbank legte und ein kurzes Nickerchen hielt, während die anderen weitertranken. Alle fünf Minuten exte jemand eine Maß und ich jammerte jedesmal darüber, dass das schöne Bier einfach so verschwendet wurde.

Als wir beide nur noch ein Norgerl im Krug hatten, erhob sich die asiatische Gruppe und wankte an uns vorbei. Ein Herr klopfte einem anderen auf den Rücken, worauf dieser sich kurz nach vorn beugte, sich auf den Holzboden übergab und weiterging. Wir beide erhoben uns daraufhin ebenfalls und gingen schnurstracks nach draußen, während drinnen die Kapelle das erste Lied anstimmte.

Eigentlich wollten wir nur eine Maß trinken, aber das Ende hatte sich so abrupt angefühlt – das war kein schöner Abschluss für die bis dahin entspannte, wenn auch etwas laute Mittagswiesn. Wir gingen direkt gegenüber ins Augustinerzelt, das eindeutig kein Partyzelt ist. Weniger Plastik, weniger laut, kein Fliegerlied und Bier aus dem Holzfass. Wir bestellten jeweils noch eine Maß und genossen sie deutlich entspannter als gegenüber.

F. ging danach zum Bahnhof, ich musste zur Post. Die U4 von der Theresienwiese hält am Karlsplatz (Stachus), wo ich extrem ungern umsteige, weil ich mich in den Stachuspassagen immer, immer, immer verirre. Ich komme nie da raus, wo ich raus will. Jedenfalls nüchtern. Gestern, leicht angeschickert, fand ich den richtigen Weg sofort, was mich nachhaltig an dieser Stadtbaumaßnahme zweifeln lässt.