Matrix Reloaded

Matrix Reloaded
(USA, 2003)

Darsteller: Keanu Reeves, Laurence Fishburne, Carrie-Anne Moss, Hugo Weaving, Gloria Foster, Harold Perrineau, Jada Pinkett-Smith, Anthony Zerbe, Harry J. Lennix, Monica Bellucci
Drehbuch: Andy & Larry Wachowski
Kamera: Bill Pope
Musik: Don Davis
Regie: Andy & Larry Wachowski

Was ich an The Matrix so mochte, war, dass sich der Film nicht wie ein kalkuliertes Massenspektakel angefühlt hat; er war fast ein Independent Film. Ich erinnere mich daran, wie ich ihn das erste Mal gesehen habe, ohne große Erwartungen, ohne viel darüber gehört zu haben – und ich weiß noch, dass mir im Kino der Mund zwei Stunden lang offen stand, weil ich nicht glauben konnte, was ich da sah. Ich mochte die Gradlinigkeit der Story (gibt es einen Retter der Menschheit, und wenn ja, ist es Neo?), die in sich ruhenden, aber nie Bruce Willis-cool wirkenden Charaktere und natürlich die Effekte, die mich auch heute noch zum Staunen bringen.

Matrix Reloaded hatte leider genau den gegenteiligen Effekt. Seit Monaten bin ich mit Trailern und geheimnisvollen Ankündigungen total heiß gemacht worden auf DAS Filmereignis schlechthin. Der zweite Teil sollte mehr sein als nur eine Fortsetzung, er sollte den ersten noch übertreffen, was Story und Effekte anging.

Meiner Meinung nach konnte er das leider nicht einlösen.

Die vorher so schön einfache Story ist etwas zu überfrachtet worden. Ständig wird man mit meinungsschwangeren Schlagworten wie destiny, choice und purpose bombardiert, aber nur wenige der Dialoge haben wirklich einen Sinn. Meist hatte ich das Gefühl, wohlformuliertem Nichts zuzuhören. Die wenigen Ausnahmen waren Laurence Fishburne, der als Morpheus unbeirrbar seinem Glauben folgt und Neo: Seine Szenen drehen sich nicht um pseudophilosophische Themen, sondern um das, was sogar jemandem das Leben retten wird: um die Liebe.

Die Liebe, das Leben, das Mensch-Sein – wenn es in Matrix Reloaded mal nicht von Kugeln, Agenten oder Viren wimmelt, blitzt ab und zu noch die Storyline aus dem ersten Teil hervor. Denn darum ging es bisher: Die Menschheit wird von Maschinen versklavt, und das einzige Ziel, das die wenigen übrig gebliebenen Menschen haben, ist, diese Maschinen zu bekämpfen – um eben wieder ein Mensch sein zu dürfen.

Im ersten Teil hat sich diese Truppe von Widerstandskämpfern auf wenige Charaktere konzentriert. In Matrix Reloaded gibt es plötzlich eine ganze Stadt mit funktionierender Infrastruktur, Fluglotsen, die ankommende Schiffe an ihren Andockplatz schleusen, Ehefrauen, die sich darüber beklagen, dass ihr Gatte viel zu lange wegbleibt, einen Senat, der über die Geschicke der Stadt entscheidet, einen Berater … wo ist dieses sympathische Rebellentum aus dem ersten Teil geblieben? Kaum etwas ist übrig vom Pioniergeist aus The Matrix, wo man das Gefühl hatte, dass ein kleines, halsstarriges Häuflein Menschen sein Schicksal nicht akzeptiert und sich gegen eine übermächtig scheinende Masse wehrt. Das war das, was mich so fasziniert hat und was für mich auch eine Kernaussage des Films war: Es gibt immer Hoffnung. Gib nie auf, auch wenn die Hindernisse vor dir übermächtig scheinen. Glaub an dich. Vielleicht bist du der einzige, der etwas tun kann.

In Matrix Reloaded geht alles anders zu. Sitzungen werden abgehalten, es gibt militärische Ränge, alles ist organisiert – und damit etwas langweiliger. Plötzlich erscheinen die Rebellen viel normaler: sie kommen nach Hause, müssen sich bei ihren Vorgesetzten für ihre Entscheidungen rechtfertigen, sie haben plötzlich eine Vergangenheit … all das wollte ich persönlich gar nicht wissen. Natürlich soll Zion zeigen, dass es eben noch mehr Menschen gibt, die den Kampf aufnehmen, aber mir war die Szenerie einfach zu normal.

Und leider reißen einen auch die viel gepriesenen Special Effects nicht mehr vom Hocker. Mich jedenfalls nicht. Anstatt zum Beispiel die Kung Fu-Kämpfe zu verbessern (wenn das überhaupt möglich gewesen wäre), sind sie meiner Meinung nach einfach nur länger geworden. Die inzwischen unzählig oft kopierte und parodierte Bullet Time wird auch noch mal eingesetzt, Trinity, Neo und Morpheus verharren wieder einige Male (zu oft für meinen Geschmack) mitten in der Bewegung – ja, das ist alles sehr hübsch, aber das habe ich eben auch schon mal vor vier Jahren gesehen. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, die Wachowski-Brüder wussten, was das Publikum im ersten Teil so großartig fand, und daher haben sie sich entschlossen, das Ganze eben nochmal zu zeigen – nur länger. Das reicht allerdings nicht.

Selbst die im Vorfeld so angepriesenen Schmankerln wie der Highway Chase oder der Burly Brawl, bei dem Neo dutzende von Agent Smiths bekämpft, haben mich nicht ganz so mitgerissen, wie ich gehofft hatte. Die Verfolgungsjagd auf dem Highway dauert fast eine Viertelstunde, und ich würde mal schätzen, vier Minuten lang hat sie sich wie Matrix angefühlt. Die anderen elf waren eine relativ normale Autoverfolgungsjagd mit dem üblichen Ausmaß an halsbrecherischen Stunts, Bösewichtern, die einem verdammt nahe kommen und zehn Millionen Kugeln, von denen keine unsere Helden trifft. Und der Burly Brawl war mir zuviel Computer. Was ich an den Effekten in Matrix so geschätzt habe, war, dass ich immer das Gefühl hatte, sie waren richtig dosiert und kamen auch nur dann zum Einsatz, wenn es einen Sinn gemacht hat. Der Burly Brawl war für mich eine pure Demonstration davon, was heute am Rechner möglich ist. Der Effekt war nach wenigen Minuten nicht mehr aufregend, und wenn man die ganze Zeit SIEHT, dass es eben nicht mehr Keanu und Hugo sind, die sich die Köpfe einschlagen, dann macht es auch einfach nicht mehr solchen Spaß.

Überhaupt: Spaß. The Matrix hat sich sehr ernst genommen, und das mochte ich, denn dadurch hat sich der Film sehr positiv vom Action-Einerlei abgehoben. Die wenigen Jokes, die drin waren, kamen mir immer sehr cool vor, passend zu der Coolness, die auch die Charaktere ausgestrahlt haben. In Matrix Reloaded habe ich des öfteren Sätze gehört, die mir sehr deplatziert erschienen. Wenn der Film schon diesen hohen philosophischen Anspruch hat, wieso ruiniert er dann ständig seine eigene erhabene Stimmung durch einen blöden Witz aus dem Hinterhalt?

Mir kam der ganze Film sehr durchkalkuliert vor, und auch, wenn die Wachowskis stets betonen, dass Matrix von vornherein als Trilogie angedacht war – ich glaub’s ihnen nicht mehr ganz. Dazu ist mir der Bruch zwischen dem Stil, der Eleganz und der Faszination aus dem ersten zum zweiten Teil zu groß. Matrix Reloaded ist zu sehr ein Actionfilm geworden, der trotzig beweisen will, wie klug er ist; dann muss man wieder zehnminütige, nichtssagende Dialoge über sich ergehen lassen und wartet verzweifelt auf die nächste Effektsequenz – und die ist dann zwar ordentlich, aber nicht weltbewegend, und so hofft man, dass vielleicht der nächste Dialog noch was rausreißt … und so weiter und so fort.

Matrix Reloaded ist zu lang; die Story ist zu dünn und wird dann auch noch aufgeblasen; und wer den Trailer gesehen hat, wird vielleicht noch drei neue Effekte im Film entdecken, ansonsten waren die ganzen wirklich guten Sachen schon drin. Und natürlich hat er das übliche Mittelteilproblem, das auch schon The Two Towers und The Empire Strikes Back hatten – man wartet auf eine Auflösung und weiß, dass man sie nicht kriegen wird. Matrix Reloaded hat sich wie eine sehr lange Exposition angefühlt. Das Ende ist zwar ein hübscher Cliffhanger und gibt einem auch noch ein bisschen Denkfutter mit auf den Weg, aber gerade nach diesem „Ende“, das eher eine ziemlich clevere 180 Grad-Wende ist, habe ich mich gefragt, warum ich mir die letzten zwei Stunden angeschaut habe. Die Pointe hätte ich auch schneller haben können.

Ich hoffe, dass Matrix Revolutions diesen etwas lahmen Mittelteil vergessen macht. Ich hoffe, dass dann all die Figuren, die ich kennengelernt habe, einen Sinn ergeben und sie nicht mehr nur Staffage sein dürfen. Ich hoffe, dass ich mich im dritten Teil wieder mehr von der Story gefangen lassen nehmen kann als von den äußerst gut gekleideten Hauptdarstellern und ihren Sonnenbrillen. Ich hoffe, dass auch die Bösewichter nicht mehr ganz so nutzlos daherkommen und vor allem nicht so viel Müll reden. Ich weiß allerdings, dass ich sicher noch mehrere Tage brauchen werde, um über die unsäglichen Szenen mit Monica Bellucci hinwegzukommen.

Ich denke, man sollte sich den Film schon geben – allein, um mitreden zu können –, ihn dann aber auch ziemlich schnell vergessen und auf den dritten und letzten Teil hoffen. Ich versuch das bis November mal. Aber meine Hoffnung auf eine gute Fortsetzung, die ihren Namen verdient und nicht nur die Bezeichnung „Sehr gewollter Abklatsch“, ist leider erstmal zerstört worden.

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