Tagebuch, Donnerstag, 19. April 2018 – Irgendwie okay so, aber
Morgens völlig verschlafen. Mein Wecker klingelte brav um 7, ich stellte ihn brav aus und drehte mich nur noch einmal um, nur kurz … und dann war es plötzlich zehn vor 9 und mein halber Tag schon rum. Eigentlich hätte ich um diese Zeit auf dem Fahrrad sitzen wollen in Richtung Stabi, aber das verschob ich im Kopf flugs auf die Zeit nach der Vorlesung, die von 12 bis 14 stattfand. Entspannt geduscht und den üblichen Morgencappuccino gemacht.
Mit dem ich seit letzter Woche sehr hadere. Und mit diesem Fakt hadere ich auch. Seit dem Tasting beim Profi ist mir sehr deutlich klar geworden, wie groß der Unterschied zwischen dem Wunschergebnis ist und dem Zeug, das ich jeden Morgen produziere. Ich weiß noch, dass ich beim ersten Schluck purem Espresso beim Dallmayr (wir sagen hier „beim“ Dallmayr und nicht „bei“. Glaube ich wenigstens) dachte: „Oh wow.“ Und direkt danach, fast gleichzeitig: „Oh fuck.“ Weil ich in diesem Moment wusste, wo ich hin will und wie weit ich noch davon entfernt bin. Das war nicht nur der Geschmack, sondern schon das pure Mundgefühl, das mich umgehauen hat, die Vollmundigkeit, die Kraft, das war alles eine komplett andere Liga.
Ja, mir ist schon klar, dass ich meine lausige 180-Euro-Maschine nicht mit einer professionellen Gastro-Maschine vergleichen kann. Ja, der Mann, der mir da Espresso am laufenden Band gereicht hat, macht das den ganzen Tag und ich höchstens zweimal. (Na gut, dreimal.) Meine Mühle ist nicht die allerbeste und meine Aufschäumfähigkeiten sind ausbaufähig, aber ich habe sehr gutes Ausgangsmaterial und gebe mir Mühe, wiege ab und achte auf Temperaturen, aber das, was ich beim Kaffee schon prima hinkriege, klappt beim Espresso halt nicht, denn an der Maschine kann ich nicht rumdengeln. Deswegen denke ich seit einer Woche in neuen Preiskategorien und bin latent schlecht gelaunt. Vielleicht traue ich mich mal in eines dieser sagenumwobenen Fachgeschäfte und lasse mir ein paar Espresso vorsetzen. Und dann verschiebe ich meinen geplanten Urlaub aufs nächste Jahr, denn der wird dann zu teuer. Auch deswegen bin ich latent schlecht gelaunt. Ich hätte mit diesem Essen und Trinken nie anfangen sollen.
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Die Vorlesung zu Landschaftsdarstellungen war schön. Bisschen zäh, aber schön. Von mir aus hätten wir nach Giotto Schluss machen können, denn bei Giotto geht mein Blutdruck immer so schön nach unten. Es gibt kaum Malerei, die das ähnlich hinkriegt. (Anselm Kiefer kann das auch.)
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Nach Hause geradelt, Stabi auf heute verschoben. Gearbeitet, Zeitung gelesen, zwei Bagels mit Putenbrust über den Tag und Abend verteilt verspeist. Tee getrunken statt Kaffee. (*wimmer*) Abends Fantasyland ins Regal gestellt. Mir fürs Wochenende das nächste Ulysses-Kapitel vorgenommen. Das Buch kann man anscheinend auch gut mit Pausen lesen. Man weiß ja, dass man da die nächsten Jahre immer wieder reingucken werden wird.
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Die SZ fasst die Ereignisse um die Berliner Volksbühne und Chris Dercon zusammen. Mir ist das Thema eigentlich wurst, weil mir Berlin wurst ist, aber das ist sehr lesenswert. Vor allem die von Anfang an sehr unterschiedlichen Positionen, was mit dem Haus und seinen Menschen anzufangen sei, fand ich sehr spannend. Zwei Zitate zeigen das recht gut:
„“Ich habe mich schon zu meinen Münchner und Londoner Museumszeiten für die Arbeiten von René Pollesch interessiert. 2011 war ich Mitglied einer Jury in München, die René Pollesch für eine ‘artist residence’ diskutiert hat. In diesem Zusammenhang habe ich die DVD-Komplettmitschnitte seiner Inszenierungen ‘Ich schau dir in die Augen…’, ‘Ein Chor irrt sich gewaltig’ und ‘Kill your Darlings’ von der Volksbühne mit Zustimmung von René Pollesch bekommen und mir angesehen. Ich habe die Pollesch-Ausstellung ‘Der Dialog ist ein unverständlicher Klassiker’ in der Galerie Buchholz besucht. An der Volksbühne habe ich ‘Kill your Darlings’, ‘House for sale’ und ‘Von einem, der auszog’ gesehen. An der Tate Modern habe ich mit Catherine Wood eine Pollesch-Ausstellung diskutiert. Leider hat das Tate-Kuratorium dieser Idee aber nicht zugestimmt.”
“Dercon sagte, dass er meine Arbeit liebe, aber es war schnell klar, dass er sie nicht kannte. Seine Freundin kannte einige Stücktitel, aber sie brachte alles durcheinander. Ich hatte den Eindruck, dass Dercon nicht einmal meinen Wikipedia-Eintrag gelesen hatte.”
(via @hotelmama)