Was schön war, Montag, 25. Juni 2018 – Das Wochenende ist rum, die Bibliothek ist wieder offen, wo-hoo!

Also die im Zentralinstitut für Kunstgeschichte, denn in die wollte ich, mein Herzblatt, mein allerliebster Ort der Welt, mein Handschmeichler, mein Softeis, meine Kuscheldecke, mein Bällebad.

(Schon gut, schon gut.)

Nachdem ich wochenlang auf Protzen geguckt habe und meine innere Deadline allmählich näher rückt, nach der ich meiner Korrekturfee ein erstes Referat zur Diss halten werde, musste ich dringend meine Grossberg-Lektüre auffrischen. Das letzte Mal hatte ich im November letzten Jahres was zum Herrn notiert und zwar viel zu wenig. Ich weiß zwar, was ich sagen will, aber bevor ich das tue, lese ich lieber noch mal ein paar Dinge nach. Das war daher der ganze Tagesplan für gestern: alle Grossberg-Kataloge aus dem Regal ziehen (das sind nicht viele), lesen, schreiben, im Kopf schon mit Protzen vergleichen und mich des Lebens freuen. Und genau das habe ich dann auch gemacht. Hach!

Das tat so gut, mal aus dem ganzen naturalistischen Kram von Protzen aufzutauchen und wieder auf anständige Bilder zu gucken. Ich fühlte mich ernsthaft wie frisch geduscht. Im Hinterkopf hatte ich meine kurzen Gespräche, die ich kürzlich im Lenbachhhaus führte, als ich dort im Archivgut rumwühlen durfte. Sowohl die Archivarin als auch die Bibliothekarin und vor allem meine Bekannte, die Kuratorin fürs 19. Jahrhundert und die Neue Sachlichkeit, guckten äußerst sparsam, als sie mir die Unterlagen rüberreichten: „Protzen? Echt? Warum?“ Als ich piepsig meinte, irgendwer müsse das ja mal machen, meinte die Kuratorin sehr bestimmt: „Nee, das muss keiner.“ Als ich dann erwähnte, dass ich den Herrn mit Grossberg vergleichen wollte, wurde sie noch bestimmter: „Nimm nur Grossberg OMG NIMM NUR GROSSBERG GROSSBERG IST SUPER!“ WEISS ICH, DESWEGEN WILL ICH JA DIE FORSCHUNGSLÜCKE SCHLIESSEN! Aber gestern, eben mit ernsthaft hunderten von eher ollen Protzen-Bildern im Hinterkopf, merkte ich wieder sehr, sehr deutlich, WIE SUPER GROSSBERG IST. Herrgott, hat der Mann tolles Zeug produziert. In der Ausstellung im Dezember in München überlegte ich ernsthaft, mein Konto komplett zu plündern und 23.000 Euro für ein Aquarell rauszuhauen, das das Anzeiger-Hochhaus in Hannover zeigt.

Neues Item auf der Bucketlist: einen Grossberg besitzen. Die Ölbilder kann ich mir ü-ber-haupt nicht leisten, die Aquarelle unter großen Schmerzen, aber hey, so eine kleine Bleistiftzeichnung gibt’s schon für 4000. (Dissertationsgeschenk! Plus Tantris-Besuch! Schreib schneller, Anke! Und mach zwischendurch noch ein bisschen Werbung, um dir Kunst und Festessen leisten zu können!)

Bevor ich mich weiter in den Herrn verliebe, sollte ich vielleicht mal langsam Kontakt zu seinen Erben aufnehmen, die zu zweit seinen Nachlass verwalten. Die wenige Literatur macht quasi in jeder zehnten Zeile klar, dass der Mann kein NS-Maler war. Das sieht, glaube ich, auch jede, die auf seine Werke guckt, aber trotzdem hat sich die Literatur bis jetzt relativ stillschweigend um die Zeit zwischen 1933 und seinem Tod 1940 herumgedrückt, um ihn bloß nicht in die Nähe der Schmuddelkinder rutschen zu lassen. Da werde ich bei der Kontaktaufnahme vermutlich sehr diplomatisch formulieren müssen, um in den Nachlass gucken zu dürfen. „Hallo? Ich interessiere mich für Grossberg zur Zeit des Nationalsozialismus … Hallo? … Sind Sie noch dran?“

Zurück zu gestern: Nach knapp sieben Stunden Arbeit im ZI konnte ich nicht mehr sitzen und hatte alles gelesen, was in den Kopf passte. Noch schnell einen kleinen Handapparat im Regal für mich angelegt, da gucke ich heute weiter rein.

Zuhause weiter hirntot Protzen-Bilder bearbeitet; ich bin ungefähr mit einem Drittel seiner Werke durch, ich werd irre und darf gar nicht an die vielen Bilder denken, die ich von seinen Fotoalben, einem Gästebuch, dutzenden von Werbegrafiken und ein paar Dokumenten gemacht habe – vielleicht bin ich bis Weihnachten damit durch.

Masterchef Australia, zwei Folgen Suits, keine Lust auf Fuppes gehabt. Ein Baguette, das ich Sonntag gebacken hatte, verspeist. Sehr zufrieden und inspiriert eingeschlafen.

Jean-Michel Basquiat Is Still an Enigma

The Atlantic über Basquiat und seine Rezeption. Die gerade beendete Ausstellung in der Schirn wird auch erwähnt; F. und ich hatten sie uns mit großem Erkenntnisgewinn angesehen.

„What critics seem to be striving for on behalf of Basquiat isn’t understanding but respectability, which anyone looking at the paintings can immediately see Basquiat was uninterested in. These canvases were made by a young man, barely out of his teens, who never lost a teenager’s contempt for respectability. Trying to assert art-historical importance on the paintings’ behalf, a critic comes up against their obvious lack of self-importance. Next to their louche irreverence, the language surrounding them has felt clumsy and overwrought from the beginning. What little we know for sure about Basquiat can be said simply: An extraordinary painterly sensitivity expressed itself in the person of a young black male, the locus of terror and misgiving in a racist society. That, and rich people love to collect his work. We have had a hard time making these two go together easily. But so did he.“

Gestern hatte mein liebster Stillleben-Maler Juan Sánchez Cotán Geburtstag. Ich schrieb mal über ihn, und der schöne Twitter-Account von Fake-Rubens informiert seit gestern über sein Werk.