Was schön war, Mittwoch, 25. Juli 2018 – Lesung

Am Dienstag abend meldete sich die Lieblingsagentur und fragte mich für zwei total spontane Tage an, die ich natürlich gerne zusagte. Statt im ZI zu sitzen und mich auf den nächsten Podcast vorzubereiten, saß ich daher am Schreibtisch und arbeitete für Geld. Auch schön. Das tat ich auch schon recht früh, denn die Kundin hatte am Dienstag gegen 23 Uhr noch ein paar Vorabinfos zu unserem Telefontermin um 9 geschickt, die ich nicht mehr mitbekommen hatte, weil ich mit F. am Küchentisch über schöne Dinge sprach. Daher ging ich gestern direkt nach dem Duschen zum Schreibtisch und fing meinen Arbeitstag ausnahmsweise schon um 7.30 Uhr an, um um 9 vorbereitet zu sein. Normalerweise ist das die Uhrzeit, an der ich zu werben beginne.

Abends war ich mit F. außerhäusig verabredet, was mich in fiese innere Konflikte stürzte. Nach dem kühlen Wochenende konnte ich diese Temperaturen seit Dienstag halbwegs in meiner Wohnung halten, indem ich die gute alte Taktik „morgens durchlüften, dann Rolläden runter und Fenster zu“ beherzigte. Deswegen war ich auch seit zwei Tagen recht entspannt, weil nicht verschwitzt, aber gestern musste ich – ausgerechnet nach einem dicken Schauer, der die Maxvorstadt noch schwüler machte – dann doch vor die Tür, um erstmal zu schwitzen.

Aber das Ziel lohnte sich: Wir hörten eine Lesung von Michel Decar, dessen Stück Philipp Lahm mir bekanntlich gut gefallen hatte. Gestern stellte er seinen ersten Roman Tausend deutsche Diskotheken im Marstallcafé vor. Bevor die Beteiligten auf die Bühne kamen, wurden Hits aus den 1980er Jahren gespielt, die ich alle hätte mitsingen können, und damit hatte die Veranstaltung schon gewonnen.

Neben dem Autor saßen noch die Dramaturgin des Stücks, Angela Obst, als eine Art Moderatorin sowie der Darsteller des Philipp Lahm, Gunther Eckes, auf der Bühne; letzter übernahm netterweise auch ein paar Teile der Lesung. Im Buch geht um einen Privatermittler im Jahr 1988, der erstmal einer bestimmten Diskothek nachspürt und dafür in tausend andere gehen muss, aber dann eventuell auch noch um eine riesige Verschwörung in der alte Bundesrepublik. Oder auch nicht. Gerade Obst erging sich für meinen Geschmack deutlich zu oft in Andeutungen, die schon zu viel der Handlung vorwegnahmen, aber vielleicht kam mir das nur so vor, ich habe das Buch seit gestern noch nicht durchgelesen. Sie hatte auch die interessante Angewohnheit, Fragen an Decar immer so zu formulieren, dass er quasi nur noch mit Ja oder Nein antworten oder alles wiederholen konnte, was sie in ihrer Frage schon vorweggenommen hatte. Dafür waren die gelesenen Ausschnitte sehr gut; mir gefielen sie vor allem sprachlich sehr. Ich meinte, viele 80er-Jahre-Ausdrücke zu hören, die ich selbst mal benutzt hatte und die einem heute total peinlich sind; der Klang des Buchs war für mich richtig, wobei die Handlung vermutlich eher egal sein wird, so sehr, wie sich der Text an Nebensächlichkeiten aufhängt. Decar nannte sein Buch „BRD noir“.

Das Buch hatte ich erst im Café erworben. Ich las zwar dort kurz rein, bevor ich den Geldschein zückte, meinte dann aber zur Dame, die das Geld einsammelte, was les ich denn überhaupt rein, ich kauf’s ja eh. Nach der Lesung ließ ich es mir natürlich auch signieren. Decar fragte, was er denn reinschreiben solle, woraufhin ich meinte, „Für Anke“ reiche völlig. Dann sprachen wir noch kurz über seine Bühnenarbeit, und er meinte, er hoffe, dass mir der Roman auch gefalle, denn der sei ja schon etwas anderes als das Stück. Schon klar, aber seine Behandlung von Sprache wird vermutlich ähnlich sein, und genau die mochte ich ja bei Philipp Lahm so gerne. Ich bin gespannt. Vor allem auf die Stelle, die Eckes gestern vorlas, weil er meinte, dass das eine seiner Lieblingsstellen sei: Es geht dabei um einen Sexakt in Frankfurt, bei dem die Bücher von Thomas Mann eine große Rolle spielen. Ich habe sehr gelacht.