Tagebuch Donnerstag, 11. April 2019 – Noch mal After-Work-Konzert
Gearbeitet. Das gibt selten was her fürs Blog, wird mal wieder Zeit für die Diss!
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Um halb fünf noch einen Spontanjob reingebrieft bekommen, der auch heute schon abgegeben werden muss. Dazu sage ich ja nicht nein, aber ausgerechnet gestern hatte ich mir abends ein Konzert vorgenommen. Die Müncher Symphoniker spielen ab und zu sogenannte After-Work-Konzerte im Technikum, das heißt: Die gehen um 19 Uhr los, man kommt also direkt nach Feierabend und muss sich nicht erst zuhause wie ein Pinguin verkleiden, ab 18 Uhr ist die Bar geöffnet, man kann sich sein Getränk mit in den Saal nehmen, und überhaupt ist alles etwas lässiger. Und günstiger: Für 21 Euro kriegt man fast zwei Stunden Klassik – und ein Begleitprogramm. Beim letzten Mal ging es um Musik aus den 1920er Jahren, gestern wurde uns das Dirigieren näher gebracht. Denn ich arbeitete konzentriert ein gutes Stündchen, dann stieg ich in U- und S-Bahn und kam um halb sieben im Technikum an, wo eh alle noch an der Bar rumlungerten und ich mir einen guten Platz im Saal suchen konnte. Dann arbeite ich eben nach dem Konzert weiter, aber das wollte ich sehen und hatte mich vorgefreut.
Das Orchester arbeitet, laut Intendantin, die wieder durch den Abend führte, schon 30 Jahre mit dem musikalischen Nachwuchs zusammen, und deshalb durften gestern drei junge Menschen dirigieren, die sich teilweise noch in der Ausbildung befanden. Auch die Soloparts an der Harfe und der Geige wurden von Studierenden übernommen. Ich fand es spannend, den Damen und Herren dabei zuzugucken, wie sie Dinge tun, die sie eben noch nicht so ewig lange tun wie der Rest der Menschen auf und vor der Bühne. Denn der Intendantin stand ein Professor der Musikhochschule bei, der uns ein bisschen was zum Dirigieren erläuterte.
Angeblich ist Mendelssohn-Bartholdy die Blaupause gewesen für das, was wir uns heute unter einem Dirigenten (m/w/x) vorstellen, also die fuchtelnde Person mit dem Stock. Wir erfuhren auch, dass der kleine Taktstock aus einem viel größeren entstanden ist, mit dem früher, wie der Name schon sagt, der Takt geklopft wurde (es gab Todesfälle). Was ich schon geahnt hatte: Ein Taktstock ist deutlich preiswerter als ein professionell genutztes Instrument, man hat also den günstigsten Job im Orchester – und auch das Reisen damit ist eher angenehm. Gelernt habe ich, dass es Schlagfiguren gibt, worauf ich im Folgenden versucht habe zu achten, aber ich konnte es nicht wirklich erkennen. Beim nächsten klassischen Konzert dann. So richtig erklären, was die vielen Handbewegungen denn nun bedeuten oder was genau einen guten von einem halbguten Dirigenten unterscheidet, weiß ich immer noch nicht, aber ich habe mir die schöne Phrase „das ist wie über ein gemaltes Mittagessen reden“ gemerkt, die ich abs sofort für „kann ich jetzt auch nicht so wirklich erläutern“ benutzen werde.
Als kleinen Gag durfte sich auch jemand aus dem Publikum versuchen, den Hochzeitsmarsch haben wir ja alle drauf, und das sah schon sehr lustig aus, wie eine mutige Dame mit einer großen Stricknadel ins Orchester wedelte; scheint doch nicht so ganz beliebig zu sein, was man da vorne macht. Sie wurde recht schnell erlöst und wir lauschten Beethovens Ouvertüre zu Coriolan, Debussys Danse sacrée et danse profane für Harfe und Streicher (hat mich in seiner Tolligkeit überrascht, hätte ich nicht gedacht, dass ich das mag, Debussy ist mir meist zu verkuschelt), Camille Saint-Saëns’ Rondo capriccioso (vermutlich eines der Angeberstücke für Violinist*innen, hat bei mir jedenfalls funktioniert) und zum Schluss den schon angesprochenen Mendelssohn-Bartholdy mit Ouvertüre, Notturno, Intermezzo und Hochzeitsmarsch aus dem Sommernachtstraum. Ich weiß gar nicht, ob ich den Hochzeitsmarsch jemals außerhalb eines Hollywoodfilms gehört habe. Jetzt ja. (Hach!)
Der andere Hochzeitsmarsch („Treulich geführt“) kommt übrigens aus dem Lohengrin. Aber das wisst ihr ja alle. Der Clip ist eine Bayreuth-Inszenierung, die ich sehr gut fand. Die YouTube-Kommentatoren eher nicht so, welche Überraschung.
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Mein liebster Twitter-Thread gestern: REMEMBER THE LESBIANS, STEVE!
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Und mein liebster Artikel:
Watching Shelley Winters Go Rogue in Debbie Reynolds’s 1983 Exercise Video, “Do It Debbie’s Way”
Es beginnt mit Carrie Fisher und ihrem äußerst unbequemen, bescheuerten Star-Wars-Bikini, dann kommt ihre Mutter Debbie Reynolds vor, die sich 1983 mit 51 zu einem Fitness-Video überreden ließ, das sie selbst nicht so ganz ernst nimmt. Aber dann:
„Still, the real star of the video is Reynolds’s longtime friend (and sometimes foil) Shelley Winters. Once a studio-system regular herself, Winters decided to leave the strictures of contract work behind in order to return to New York and focus on method acting. By the nineteen-eighties, she was a famously irascible character, unabashedly herself at all times. (In her memoir, “Unsinkable,” Reynolds recalled how, when the two co-starred in the 1971 horror film “What’s the Matter with Helen?,” Winters once “ripped off all her clothes, stomped out of the fitting room stark naked, and left the set” after a row with the costume designer.) In Reynolds’s video, Winters shows up wearing sweatpants and a sweatshirt that reads “I’m Only Doing This for Debbie,” and then refuses to do exercises with the rest of the group. Instead, she sits in the back, behind rows of Olivia Newton-John look-alikes, goofing off and heckling Reynolds. “Hey, Debbie, are your bulges supposed to hurt?” she asks. During some thrusting exercises, she jokes that she used to do similar moves in a motel; at another point, she asks how many of the women have slept with Howard Hughes. (Several, including Reynolds, casually raise their hands.) During an ab routine, she opts simply to lie on her belly.“