Tagebuch Montag, 15. April 2019 – Notre Dame

Gut gearbeitet, gutes Feedbackgespräch gehabt, Paket aus der Packstation geholt, neues Buch gekauft, gelesen, mich an ein altes Passfoto erinnert, als ich mich nachmittags im Spiegel sah, mich über vieles gefreut, abends mit meiner Mutter telefoniert, aufgelegt, eine DM von F. bekommen: „Notre Dame!“ Ich so: „Häh?“ Und ab da war alles andere egal.

Ich habe den Brand daher nicht von Anfang an verfolgt, den Einsturz des Vierungsturms sah ich in den folgenden Stunden nur noch gefühlt hundertmal als Aufzeichnung und schloss irgendwann die Augen. Sobald ich die ersten Livebilder auf CBS entdeckte hatte (YouTube), begann ich zu weinen, keine Ahnung, warum mich das so mitnahm. Als F. spätabends zum Trösten vorbeikam, jammerte ich noch sinnlos: „Dabei ist das nicht mal meine Lieblingskirche!“ Aber zu sehen, wie dieses jahrhundertealte Kunstwerk in gefühlt Minutenschnelle verbrennt, hat mich ziemlich fassungslos gemacht.

Ich verfolgte die Bilder ungefähr zwei Stunden lang, verabschiedete mich im Geist und sehr traurig von den schönsten Fensterrosen, die ich je gesehen hatte, zitterte dann, als die ersten Flammen an der Westfassade zu sehen waren, konnte aber auch sehen, dass wenigstens die irgendwann in den Griff bekommen wurden. Sehr erschlagen, nur vom Ins-Internet-Starren und irgendwann dann von den üblichen Arschlochtweets, ging ich ins Bett und postete das letzte Bild, das ich im Januar 2016 von der Kirche gemacht hatte, auf Instagram.

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