Tagebuch Sonntag/Montag, 16./17. Juni 2019 – Allgäu und Schreibtisch
Am Sonntag einen sehr ruhigen jungen Mann kennengelernt. Also: sehr jung und sehr ruhig. Er war fünf Tage alt und hat unsere gesamte Besuchszeit verschlafen. Ich sehe sehr kleidsam aus mit Kleinkind auf dem Arm, und ich war überrascht davon, wie wenig langweilig ich es fand, ihn ewig anzuglotzen. (Diese winzigen Finger!)
—
Lecker Erdbeerkuchen, lecker Johannisbeerlikör. Neue Menschen kennengelernt – also neben dem jungen Mann – und interessiert über verschiedene Beziehungs- und Wohnungsmodelle diskutiert.
—
Zugfahrt durchs Allgäu. Zwei Bücher mitgehabt für drei Stunden Fahrt, nur aus dem Fenster geglotzt. Bei Schwabhausen von F. auf jüdische Grabsteine entlang der Bahnstrecke aufmerksam gemacht worden: Dort liegen Opfer eines Fliegerangriffs im April 1945, Häftlinge aus Dachau, die noch transportiert wurden. Hier findet sich ein längerer Eintrag, den habe ich aber selbst noch nicht gelesen.
—
Direkt vom Zug mit F. zum Lieblingsburgerladen gegangen. Von meinem Crispy Chicken etwas enttäuscht gewesen: Wenn ich ne Schnitzelsemmel will, bestelle ich eine. Wenn ich einen Burger bestelle, hätte ich gerne den. Bei McDo schmeckt der doch auch! (Just shoot me.)
—
Am Freitag hatte ich die brillante Idee, in meinen Sneakers bei 30 Grad keine Söckchen anzuziehen, sondern Füßlinge – mit dem Ergebnis, dass ich mir eine ungefähr vier Zentimeter lange Stelle wundgescheuert habe. Sehr lustig dabei verbogen, seitwärts auf dem Fuß ein längliches Pflaster zu platzieren. „Pflaster“ auf dem Einkaufszettel notiert.
Nebenbei laboriere ich an einer selbstdiagnostizierten Muskelverhärtung in der Nähe des rechten Knies. Ich behaupte, eine Sportverletzung zu haben, ohne dafür Sport getrieben zu haben. Aber da ist eine harte Stelle unter der Haut, der halbe Oberschenkel fühlt sich wie ein fieser Muskelkater an, und ich jammere beim Treppensteigen. Vermutlich habe ich mich beim Schlafen doof verdreht, aber Muskelverhärtung klingt eindeutig cooler.
—
Gestern ein bisschen Wochenende nachgeholt. So nett Podcasten und Babybesuchen ist – mich schlauchen Termine mit Menschen halt immer. Deswegen hatte ich gesten vormittag frei und habe erst nachmittags am Schreibtisch gesessen, lustig Archivmaterial bestellt, mich in stundenlangen Telefonaten über Papas Rehafortschritte informiert und irgendwann die alten Musicalnoten rausgeholt und gesungen.
Seit ich wieder etwas mehr Platz habe, habe ich zwei Zimmer ohne direkte Nachbarn. Also unter und über mir schon, aber da ich inzwischen weiß, dass man nur hört, was aus der jeweils unteren Wohnung kommt und das Pärchen über mir tagsüber nicht zuhause ist, stand ich irgendwann im Arbeitszimmer und schmetterte ein bisschen krächzend vor mich hin.
Will wieder Gesangsunterricht.
—
Vermutlich das vorletzte Mal meinen Semesterbeitrag an die Uni überwiesen.
—
Abends erst den Damen gegen Südafrika zugeguckt, dann den Herren bis 21 Jahre gegen Dänemark. Dazu Tomatensalat und Baguette mit Mozzarella überbacken. Im Tomatensalat war Basilikum vom Balkon! Es leben noch alle Pflanzen!
—
Im Bett noch ein bisschen gelesen, dabei in den Fußnoten wieder Bücher gefunden, die eventuell für die Diss lustig sein könnten und zack, wieder ne Stunde am Schreibtisch gesessen, dieses Mal im Schlafanzug. Ich werde nie fertigwerden.