Tagebuch Freitag bis Donnerstag, 15. bis 21. November 2019 – Quellen, Kuchen, Taschentücher
Den Freitag verbrachte ich komplett im ZI und las Zeug und schrieb Zeug und fand alles ganz wunderbar. Wie immer im ZI. Also bis auf den ganzen Naziquatsch, den ich lese, aber so langsam wird da eine schöne Diss draus. Ebenso langsam wird mir aber auch klar, was ich alles nicht reinschreiben werde, weil das Ding sonst 600 Seiten lang wird. Soviel zum Thema „Meine Quellenlage ist so mies und ich weiß gar nicht, ob ich was zu sagen habe.“
Samstag hatten F. und ich einen Termin in der Nähe von Augsburg, die kleine Clara wurde getauft. Ich hatte wieder die übliche Panik vor katholischen Gottesdiensten, weil ich in denen nie weiß, was ich machen oder sagen muss, aber ich durfte schon beim Betreten der Kirche feststellen: Das könnte heute entspannter werden. Die Taufe fand bei den Pallottinern statt, die ich vorher nicht kannte. Wie saßen nicht in Bänken, in denen man auch knien konnte, wie sonst, sondern in einem großen Stuhlkreis, der Altarraum war nicht mal durch eine Stufe vom Raum der Gläubigen abgetrennt, der Saal generell war hell und modern und sah, sorry, Mitbrüder und -schwestern, fast evangelisch-schlicht aus. Ha! Irgendwann kriegen wir euch alle. (Wieder beim Glaubensbekenntnis darüber gestolpert, dass ihr „die heilige katholische Kirche“ sagt statt „die heilige christliche“.)
Der Taufgottesdienst war eindeutig kindgerecht gestaltet, was mir sehr gefallen hat. F. und ich waren vor einigen Wochen auf einer anderen Taufe, aus der ich etwas verstört kam. Der dortige Pastor ging quasi null auf die Gemeinde ein, predigte in einem totalen Tunnelblickton und ich hätte mich nicht gewundert, wenn er plötzlich auf Latein weitergemacht hätte. Der Täufling quittierte das mit einem halbstündigen Durchschreien, was ich persönlich total richtig fand, hätte ich auch gemacht. Am Samstag klang das alles ganz anders. Schon bei der Liedauswahl war klar, wer hier im Mittelpunkt stand: die Kinder. Das Lied Immer und überall kannten anscheinend alle aus dem Kindergarten, man durfte nicht nur mitsingen, sondern sich auch dabei bewegen, wozu der Pastor sogar aufforderte. Die Bibellesung wurde von einem Kind übernommen, der große, ca. vierjährige (?) Bruder des Täuflings durfte die Schale halten, die als Taufbecken diente, und weil da dann eben ein Kind beim Pastor stand, kamen die anderen auch, so dass Clara inmitten einer Traube von Kindern getauft wurde. Das war sehr schön.
Danach ging es in ein Café, durch das man in ein Atrium kam, das wohl zur örtlichen Sparkasse gehört; viel Platz zum Toben und so ein Fahrstuhl ist ja auch irre spannend. Die Eltern konnte sich zurücklehnen und Torte essen. Die Nicht-Eltern auch. Ich bin immer sehr davon beeindruckt, wenn mir Menschen ein Tortenstück auf den Teller schieben, ohne es umzukippen. Empfehle den Laden hiermit weiter.
Normalerweise ist mein Uterus sehr zufrieden mit seinem Leben, aber manchmal ziept er dann doch noch, so auf den letzten Metern. In der Kirche hatte ich mich in einen Jungen verknallt, der ein plüschige Onesie trug und erstmal auf dem Fußboden ein Nickerchen machte, wobei er sein Stofftier als Kopfkissen nutzte. Mit den Eltern landeten F. und ich an einem Tisch und so hörte ich den Satz, der meinen Uterus dann wieder kurierte: „Monatelang wünscht man sich, jetzt lauf doch endlich, und jetzt, wo er läuft, denkt man nur, jetzt bleib doch mal da sitzen.“
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Nach der Taufe war noch Zeit, um total romantisch gemeinsam in einen Baumarkt zu fahren, denn wir beiden Autolosen hatten ausnahmsweise einen fahrbaren Untersatz. Ich erstand ein günstiges Plastikregal und eine akkubetriebene Lampe für mein Kellerabteil sowie ein kleine Gießkanne, denn einige meiner Balkonpflanzen sind jetzt Zimmerpflanzen und ich ahne, dass zu ihnen noch ein paar kommen, jetzt wo ich weiß, wie schön das ist, Pflanzen zu haben. Aber die will ich nicht mit der großen doofen Plastikkanne vom Balkon gießen.
Sonntag bauten wir das Regal dann auf, F. ging heim, ich räumte den Keller auf und vergammelte danach auf dem Sofa.
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Montag war dann wieder ZI-Tag, wo ich mir Freitag ein paar Kataloge in den Handapparat gestellt hatte. Ich war ein bisschen matschig und hatte Halsschmerzen, aber ich dachte, das wird schon gehen. Im Nachhinein bin ich sehr froh, nicht im Bett geblieben zu sein, denn ich entdeckte Dinge, nach denen ich wochenlang gesucht hatte bzw. bei denen ich die Suche eigentlich schon aufgegeben hatte. Und plötzlich lag da vor mir, nach was ich ewig geblättert und gestöbert hatte. Das twitterte ich, woraufhin @AndreasP_RV mit einem schönen Satz von Louis Pasteur antwortete: „Der Zufall begünstigt den vorbereiteten Geist.“ So isses nämlich. Das hätte ich vor zwei Monaten noch überlesen, aber jetzt wusste ich, worum es geht.
Außerdem las ich einen Katalog über einen Maler im Umfeld von Protzen, verstand aber aus dem Text nicht, wo sich der Nachlass dieses Malers wohl befände, das Internet half auch nicht, also ergoogelte ich die Verfasserin und schrieb sie an. Die antwortete bereits am Dienstagmorgen und ich werde demnächst ein weiteres Stadtarchiv kennenlernen. (Ich wollte hier das Stadtarchiv Dachau verlinken, bekomme aber immer eine Fehlermeldung, wenn ich per https reinwill.)
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Montag nacht war allerdings aus den Halsschmerzen eine Erkältung geworden, weswegen ich die letzten drei Tage brav im Bett verbrachte. Jedenfalls fast: Mittwoch musste ich dringend an die Tür, dem Postboden aufmachen, denn mein Adventskalender aus Wien kam an, der mich im letzten Jahr 24 Mal erfreut hatte.
Gestern musste ich ein kleines Video drehen, bevor mich die Sanduhr hypnotisieren konnte, während ich auf meinen Tee wartete.
Heute fühle ich mich wieder halbwegs fit, aber nach der üblichen Reihenfolge „Halsschmerzen – Schnupfen – Matschigkeit und Gliederschmerzen“ ist heute und mindestens morgen der Punkt „Husten“ dran. Ihr hört mich meilenweit, wenn ich gleich in die Bibliothek fahre, denn ich muss ein Buch abgeben. Nächste Woche bin ich nämlich wieder im Norden bei meinen Eltern. Hoffentlich virenfrei.