Links für Sonntag, 24. November 2019
Habe ich alle schon auf Twitter verteilt, aber vielleicht habt ihr heute mehr Zeit für sie. Enjoy.
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Das Beste, was Podcasts passieren konnte
Nele Heise forscht über Podcasts und schreibt auf, was Frauen da so machen.
„Seit 2012 beobachte ich die Entwicklung der deutschsprachigen Podcast-Landschaft. Als Forscherin, ja, aber vor allem auch als leidenschaftliche Hörerin. Ein beliebtes Narrativ war damals: Podcasts sind so stundenlange Laberformate, in denen Männer über Technik reden. Wer in dieser Prä-Serial-Phase aufmerksam hinhörte, konnte sich angesichts der schon damals durchaus gegebenen Themenvielfalt darüber nur wundern. Und auch die angebliche Abwesenheit von Podcastenden, die nicht technikhuldigende Männer sind, stimmte einfach nicht. Das konnte ich mit der „Frauenstimmen im Netz“-Liste zeigen, einer kollaborativ zusammengetragenen Sammlung von zuletzt weit über 500 Podcasts mit Frauenbeteiligung.“
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„Das sind nur die Schwangerschaftshormone, Liebling!“ Zur Geschichte einer biologisierten Psyche
Sehr viel gelernt – und das gerne, denn Alltagsgeschichte finde ich immer spannend. Einiges ergänzte meine eigenen Erkenntnisse über das Familienleben im 19. Jahrhundert. Thema des Vortragsmanuskript: Was wissen wir eigentlich wirklich über die Gefühlslage von schwangeren Frauen?
„Die Selbstverständlichkeit und Vehemenz, mit der das Wissen über hormonelle Stimmungsschwankungen oder Muttergefühle vorgebracht wird, steht in auffälliger Diskrepanz zum diesbezüglichen Forschungsstand in den Lebenswissenschaften. Nicht nur beschäftigt sich die Wissenschaft allgemein verhältnismäßig selten mit der Psyche Schwangerer: Die Forschung begann zögerlich in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts und verzeichnete erst ab den 1990ern einen deutlichen Zuwachs. Sondern auch in den empirischen Ergebnissen sind beachtliche Inkohärenzen zu verzeichnen. Weder lassen sich oft klarere Emotionsmuster identifizieren, die sich signifikant von nicht-schwangeren Zuständen unterscheiden. Noch bestehen klare Evidenzen für endokrine Kausalmodelle. Denn bestimmte Hormonkonzentrationen lassen sich bislang nicht eindeutig mit emotionalen Zuständen von Graviden korrelieren. Die Verbreitung von Vorstellungen zu schwangeren Gefühlen sind also keineswegs darauf zurückzuführen, dass sich hier schlicht wissenschaftliche Tatsachen popularisierten. Woher kommt es dann, dass nicht nur Schwangere bei sich selbst Stimmungsschwankungen diagnostizieren, sondern durchaus auch angehende Gynäkologen auf derartige Ideen stoßen, wenn sie sich über den Umgang mit Patient*innen informieren?
Doch wie sind die Entstehungsbedingungen dieser vermeintlichen Evidenzen des Wissens zu Schwangerschaft? Auf welche Weise formierten und veränderten sich Vorstellungen zu Emotionalität? Und welche Rolle spielten körperliche Erklärungsmodelle wie die Hormone dabei?“
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Autor Adam Shatz begann als Kind zu kochen, um sich vorm Essen zu drücken (müsst ihr selbst lesen), hatte als Teenager einen Catering-Service und stand mit 14 in Sterneküchen. Heute guckt er lieber seiner Tochter beim Keksebacken zu. Schönes Essay über Körpergefühle, Ziele und wie sie sich verändern, wenn man sich selbst verändert.
„My own cooking was more cautious. I was attached to traditional forms and intent on pleasing. I recently unearthed the menu for a dinner party I catered when I was maybe fourteen. The dishes—“Fricassée of Mussels with Yellow Pepper Cream and Spinach” or “Summer Fruits with a Sabayon Sauce Flavored with Framboise”—show that I was more interested in absorbing the great tradition of French cooking than in disrupting it. How could I break with a tradition if I hadn’t properly learned its techniques? Boning poultry, cutting perfect julienned carrots, peeling and dicing a tomato unblemished by skin or seeds, making a lumpless roux for béchamel, caramelizing onions without burning them, whisking pieces of butter into a wine reduction without curdling the sauce: such skills had to become second nature, like tying one’s shoes or swimming breaststroke.
These are physical as much as intellectual forms of knowledge. How do you know that a steak, or a piece of salmon, has been cooked to your liking? Not by a timer, or even by looking, but by the feel of its flesh when you press it, and the indentation left by your finger. I began to keep a food diary, charting my progress and recording my innermost thoughts about cooking. I was interested in its relationship to art and politics, both growing enthusiasms, and to sex, an unknown terrain that I was impatient to explore. (One of my friends came across a cassette I had made, full of poetic confessions about food and sensuality; after enduring hours of ridicule, I destroyed it.)“
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Eckart Witzigmann kochte 1984 in der „Aubergine“ in München, und der BR guckte einfach zu. Ihm und seinen Köchen und Kellnern (keine Frauen in Sicht außer Witzigmanns Gattin). Ich fand es spannend zu sehen, was damals Haute Cuisine war und heute in jedem Anfängerinnenkochbuch steht: das Spinatsüppchen zum Beispiel oder die Rotweinbirnen. Wie weit der Weg in den deutschen Küchen war von Bratwurst und Vanillepudding zu dem, was heute täglich auf den Tisch kommt, wenn ich Insta glauben darf. Und wie schnell wir diesen Weg dann doch gegangen sind. Hach, Essen!
Nebenbei: Bei den Portionsgrößen der einzelnen 13 Gänge wäre ich nach spätestens sechs ausgestiegen. Was mir auch aufgefallen ist: die irre schlichten Teller. Heute habe ich manchmal das Gefühl, dass der Teller genauso wichtig in der Optik ist wie das Gericht. Auch interessant: der Aschenbecher auf dem Tisch. Habe immerhin keinen vollen gesehen.