Tagebuch Samstag, 28. März 2020 – Huch, schon so spät?

Klassischer Samstag ohne Bundesligaverpflichtung: komplett auf dem Sofa vergammelt, als wenn draußen nicht Pandemie wäre. Das hat sich ganz nett normal angefühlt, aber als es dunkel wurde, fragte ich mich schon, wie zur Hölle ich gerade so viel Zeit mit Nichtstun hatte verschwenden können. Bis mir einfiel, dass ich gerade eh kaum was anderes mache.

Nichtstun = kochen, Serien gucken, am Handy rumdaddeln, Twitter lesen, mehrfach Tee aufsetzen, ab und zu backen. Gestern nicht. Und es gab nur Salat und Kinderriegel, aber immerhin Kekse zum Frühstück.

Zum ersten Mal Fußball vermisst. Also nicht TV-Fußball, davon gibt’s sogar ein bisschen was, meine Timeline reicht gerne TV-Tipps rum für Re-Live-Fußballspiele, aber die will ich nicht gucken. Ich weiß ja, wie’s ausgeht, und, wie ich interessiert festgestellt habe, das ist dann doch mein Hauptgrund, mich mit dem Kram zu beschäftigen. Klar kann ich die Schönheit des Spiels würdigen, tolle Tore, schicke Spielzüge, jaja, aber nach Abpfiff ist mir dann doch der ganze Zirkus recht egal. Ich habe auch noch nie einen Fußballpodcast komplett durchgehört, selbst den nicht, bei dem F. ab und zu mitmacht.

Gestern wäre ich aber gerne mal wieder im Zirkus gewesen, schön bei 15 Grad nach Augsburg zuckeln, zum Stadion spazieren, eine gute Wurst essen, mir von F. in der Pause ein Getränk ausgeben lassen – „Ich geh aufs Klo, brauchst du was?“ – „Eigentlich nicht, aber wenn du an einer Apfelschorle vorbeikommst …?“ –, danach gemeinsam über das Spiel und den vollen Zug zurück nach München aufregen, im guten Fall einen Sieg genießen und dann auch eindeutig ungenervter zwischen lauter Menschen stehen, zuhause aufs Sofa fallen und ziemlich schnell einschlafen, denn Apfelschorle und Aufregen ist echt anstrengend. Das hat mir doch gefehlt. Okay, Sofa hatte ich, yay, slow clap.

Auf Twitter fragte Hedwig Richter nach dem Roman zum Kaiserreich. Ungefähr 30 Mal wurde Heinrich Manns „Der Untertan“ genannt, ach was, Kinder, lest euch doch die Antworten durch, die schon dastehen, es waren keine 300. Fontane wurde natürlich auch mit diversen Werken aufgeführt, logisch. Ich komme mit dem Mann nicht klar. In der Schule waren es „Irrungen, Wirrungen“ und ich kann mich an nichts erinnern. Danach versuchte ich noch „Effi Briest“, mehrfach, und scheiterte mehrfach. Im Thread kam gestern noch „Der Stechlin“, vielleicht geb ich dem noch eine Chance.

Von Gustav Freytag wurde „Soll und Haben“ erwähnt, den habe ich sogar als E-Book da und wollte ihn selbstverständlich lesen, aber auf Zugfahrten zu Fußballspielen war ich meist zu unkonzentriert für bürgerlichen Realismus aus dem 19. Jahrhundert. Sonst habe ich noch nicht reingeguckt. Außerdem auch als E-Book vorhanden: Fanny zu Reventlows „Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil“. Noch nicht mal angefangen, wollte ich wegen München-Bezug schon ewig machen. Könnte ich ja jetzt mal. (Oder Sofa.)

Ich erwähnte Hermann Hesses „Unterm Rad“, ist aber schon ewig her, dass ich das in der Schule lesen musste. Vielleicht wäre „Mädchen in Uniform“ von Christa Winsloe, das auch genannt wurde und mir bisher nur als Romy-Schneider-Film ein Begriff war, eine gute Ergänzung. Über Winsloe wurde auch eine Biografie empfohlen, die klingt auch gut. Ebenfalls empfohlen, wenn auch eher retrospektiv: „Effingers“ von Gabriele Tergit, das 2019 neu aufgelegt wurde.

Ich habe mir den „Radetzkymarsch“ von Joseph Roth mal wieder nach oben auf den Bücherstapel gelegt, erstmal bin ich seit vorgestern mit „Der Osten“ von Andrzej Stasiuk beschäftigt, der sehr wahrscheinlich so gar nichts mit dem deutschen Kaiserreich zu tun hat. Höchstens mit den historischen Nachwirkungen wie die deutsche Teilung.

Für alle weiteren Tipps guckt ihr bitte selbst den Thread durch. Mann einfach immer überspringen.

Interessiert las ich auch den Tweet von Manuel, der sich über die Abfilmungen von Theaterstücken bzw. deren Qualität beklagte. Das ist mir leider auch bei den beiden Streams aus den Kammerspielen aufgefallen, die ich euch hier im Blog ans Herz gelegt hatte; man merkt ihnen leider an, dass sie für interne Zwecke gemacht wurden. Mich haben unvermittelte Schnitte und Schwenks auf unbeteiligt Rumstehende irritiert, die für die interne Arbeit vermutlich sinnvoll waren, für mich als unbedarfte Zuschauerin aber eher gar nicht. Der Ton ist auch meist eher mau, aber das hätte ich noch mitgenommen. Ich persönlich könnte hervorragend mit einer statischen Kamera im Zuschauerraum leben, denn die vermittelt mir am ehesten ein Theatererlebnis. Genau wie die Stadioncam beim Fuppes, so nebenbei.

Jammern auf hohem Niveau, ich weiß. Toll, dass das Angebot da ist, aber so richtig toll ist es dann eben auch nicht. Dann vielleicht doch lieber ein Buch.

Mein Sauerteigbrot ist immer noch super.